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INTERNATIONALER TAG DER ROMA UND SINTI

Aufräumen mit Mythen und Klischees über Roma und Sinti

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Flagge der Roma – die Farbe Blau steht symbolisch für den Himmel, Grün für Natur und das Rad für Wohnwagen, Mobilität, Fortschritt und die indischen Wurzeln. (Foto: commons.wikimedia/AdiJapan)

Roma und Sinti sind in Europa eine der am meisten an den Rand der Gesellschaft gedrängten ethnischen Gemeinschaften. Sie erleben täglich Diskriminierung und sind starren Vorurteilen ausgesetzt.

Roma und Sinti, die lange mit der Fremdbezeichnung „Zigeuner“ abgestempelt wurden, zählen zur größten, aber auch unbeliebtesten Minderheit in Europa. In Österreich lebten vor dem Zweiten Weltkrieg etwa 11.000 Burgenland-Roma, zwei Drittel sind dem NS-„Zigeuner“-Holocaust zum Opfer gefallen.

Der Erste Welt-Roma-Kongress fand am 8. April 1971 in London statt. 23 Vertreter aus insgesamt neun Staaten diskutierten wichtige soziale und kulturelle Fragen. Ebenso wurde auch damals die Hymne und Flagge der Roma-Gemeinschaft festgelegt, zwei wichtige Symbole für die internationale Bürgerrechtsbewegung der Roma.

Am 8. April wird jährlich auch den Opfern des Holocausts gedacht. Mehr als 500.000 Roma und Sinti sind während des „Porajmos“ in Europa (dt.: Verschlingen) umgekommen. Nach wie vor sind sie Diskriminierung und sozialer Benachteiligung ausgesetzt. Vorurteile und Mythen, die Jahrhunderte zurückliegen, sind nach wie vor präsent.

„Roma entführen Kinder“ – dieser Stereotyp ist weitverbreitet, sowohl in Österreich als auch am Balkan. „Geschichtlich betrachtet geht dies auf Maria Theresia zurück. Sie wollte Roma und Sinti in die Gesellschaft durch Zwang integrieren. Damals hat man die Kinder den Roma-Familien weggenommen und sie bei Bauern abgegeben. Die Roma waren verzweifelt und holten sich ihre Kinder zurück“, erklärt Emmerich Gärtner-Horvath, Obmann des Vereins Roma-Service.

„Roma und Sinti durften sich nicht niederlassen“, so Emmerich Gärtner-Horvath

Die nomadische Lebensweise versuchte die Kaiserin Maria Theresia den Roma und Sinti ebenso abzugewöhnen. Viele wurden im Zuge von Zwangsansiedlungen zu Taglohnarbeiten genötigt. Ihre Dienste als Scheren- und Messerschleifer oder als Kesselflicker nahmen die Menschen in den ländlichen Gebieten jedoch gerne in Anspruch. „Man musste aus verschiedenen Gründen weiter ziehen. Wurde man an einem Ort mit der Arbeit fertig, musste man nach weiteren Aufträgen suchen, außerdem durften sich Roma damals nicht niederlassen“, sagt Gärtner-Horvath.

Emmerich Gärtner-Horvath, Obmann des Vereins Roma-Service. (Foto: Privat)

„Roma sind Nomaden“ – Im 19. Jahrhundert war man von einer „Zigeunerplage“ überzeugt. Deshalb ordnete die Obrigkeit rigide  Aufenthaltsbeschränkungen und Kontrollen an. Die Verweigerung des Wohnrechts machte Roma und Sinti zu Nomaden. Der Mythos vom Nomadentum wird durch historische Gegebenheiten entzaubert. „Roma und Sinti wurden in Österreich viel früher sesshafter, als beispielsweise in Serbien. Aufgrund der Zwangsansiedelungen mussten sie sich in bestimmten Gebieten niederlassen“, so Emmerich  Gärtner-Horvath.

Roma waren entweder leibeigen oder vogelfrei. Sie unterlagen Aufenthaltsverboten und waren, wie Juden, Objekte diskriminierender Herrschaftsgewalt. Im Zeichen der Aufklärung im Habsburger Reich betrieb Maria Theresia eine Zwangsassimilation, die sich nach wie vor abzeichnet. „Man hat die Religion und die Sprache der Mehrheitsgesellschaft angenommen“, sagt Gärtner-Horvath. Die Mehrheit der autochthonen österreichischen Roma nahm den römisch-katholischen Glauben an. Ihnen blieb damals keine Wahl.