Ab Samstag, 6.00 Uhr morgens, wird Österreich kein Erdgas mehr aus Russland importieren. Diese bedeutende Entwicklung wurde am Freitagabend von der OMV bestätigt.
Trotz des scheinbar dramatischen Umstands wird es in diesem Winter keine Gasmangellage geben, wie OMV und die Regulierungsbehörde E-Control versichern. Bundeskanzler Karl Nehammer beruhigte ebenfalls die Bevölkerung und betonte die Versorgungssicherheit.
Hintergrund des Lieferstopps
Der Gaslieferstopp resultiert aus einem juristischen Konflikt zwischen der OMV und dem russischen Gaskonzern Gasprom. Laut einem Schiedsspruch ausgehend von der Internationalen Handelskammer wurde der OMV ein Schadenersatz von 230 Millionen Euro plus Zinsen für ausgebliebene Gaslieferungen in Deutschland zugesprochen. Infolgedessen stellte die OMV ihre Zahlungen an Gasprom ein, um die zugesprochene Summe zurückzufordern. Obwohl Österreich den größten Teil seines Erdgases aus Russland bezogen hat – im August 2023 waren es 82 Prozent der Gasimporte –, versichert die OMV, vorbereitet zu sein.
Auswirkungen auf den Gasmarkt
Der steil ansteigende Gaspreis zeigt bereits die wirtschaftlichen Folgen dieses Stopps. Die OMV ist der einzige Vertragspartner von Gasprom in Österreich und wickelte bisher Lieferungen von etwa 178 Gigawattstunden pro Tag ab. Nach Abzug des Bedarfes der OMV und ihrer industriellen Kunden von rund 30 Prozent wurde der Rest des Gases an andere Geschäftspartner verkauft, die auch den privaten Sektor belieferten. Dennoch bleiben Gasflüsse stabil, alternativ liefert die OMV über Norwegen sowie durch Flüssigerdgas, das über Deutschland und Italien transportiert wird.
Versorgung gewährleistet
Die Gasversorgung der Haushalte soll laut OMV-Chef Alfred Stern gewährleistet bleiben, da man seit drei Jahren auf dieses Szenario vorbereitet ist. Bundeskanzler Nehammer am Abend in einem Statement: „Wir haben alles dafür getan, dass die Gasspeicher in Österreich ausreichend gefüllt sind und dass Österreich eine strategische Gasreserve für sich selbst angelegt hat“. Derzeit sind die Gasspeicher zu 93 Prozent gefüllt, was einem Bedarf von über einem Jahr entspricht.
„Wir lassen uns von niemandem erpressen. Auch nicht vom russischen Präsidenten“, richtete Nehammer dem Kreml aus. „Wir lassen uns von der putinschen Regierung, von Putin selbst nicht in die Knie zwingen“, so Nehammer weiter.
Es ist das eingetreten, worauf wir uns seit Kriegsausbruch in der Ukraine vorbereitet haben. Ich wurde am Nachmittag informiert, dass die Gazprom die Lieferungen an die OMV morgen früh einstellt.
— Karl Nehammer (@karlnehammer) November 15, 2024
Ich kann versprechen: Niemand wird im Winter frieren, keine Wohnung wird kalt… pic.twitter.com/bsHFl0lbBY
Politisch stößt der Stopp auf unterschiedliche Reaktionen. Nehammer betont die Unverletzlichkeit Österreichs und verweist auf rechtliche Sicherheitsvorkehrungen gegen Spekulation: „Niemand muss in Österreich frieren.“ Umweltministerin Leonore Gewessler nahm den Vorgang zum Anlass, Russland als unzuverlässigen Partner zu bezeichnen, was Österreich langfristig unabhängiger machen würde. Sie weist darauf hin, dass mit dem Ende russischer Lieferungen Österreich Risiken der Erpressbarkeit vermeidet.
Wird Gas teurer?
Analysten gehen von möglichen, aber moderaten Preisanstiegen aus, wenngleich der Gaspreis unmittelbar nach der Ankündigung von Gasprom gestiegen ist. Der europäische Gaspreis, insbesondere der richtungweisende Terminkontrakt TTF in Amsterdam, reagierte darauf mit einem Anstieg auf über 46 Euro je Megawattstunde und erreichte damit den höchsten Stand seit über einem Jahr.
Das Urteil gegen Gasprom bringt möglicherweise langfristige Veränderungen in der Energiepartnerschaft zwischen Österreich und Russland mit sich, obwohl die Kooperation ohnehin bald ein Ende gefunden hätte, da die Transitverträge mit der Ukraine und der Slowakei auslaufen sollen. Analysten rechnen dennoch mit sinkenden Auswirkungen im Vergleich zu den Preisschwankungen zu Beginn des Ukraine-Krieges 2022.
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