Während die Regierung den Familiennachzug für Geflüchtete einschränkt, sieht FPÖ-Chef Kickl darin nur ein Täuschungsmanöver mit zahlreichen Hintertüren.
Der Nationalrat hat am Freitag eine Änderung des Asylgesetzes beschlossen, die der Bundesregierung ermöglichen soll, den Familiennachzug für anerkannte Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte (Personen mit eingeschränktem Schutzstatus unterhalb des Asylrechts) per Verordnung einzuschränken. Die Novelle wurde mit den Stimmen der Zuckerl-Koalition (Bezeichnung für die aktuelle ÖVP-Grüne Regierungskoalition) verabschiedet.
Nach der neuen Regelung können direkte Angehörige weiterhin bei den jeweiligen Vertretungsbehörden einen Antrag auf Einreise zur Familienzusammenführung stellen, allerdings wird der weitere Verfahrensverlauf im Regelfall ausgesetzt.
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Die Statistik scheint der Regierung recht zu geben: Im Februar 2025 wurden lediglich 60 Anträge auf Familienzusammenführung gestellt. Laut Behörden hängt dies mit strengeren Prüfungen und der Nichtbehandlung von Anträgen aus Syrien zusammen. Die Regierung beruft sich bei der Maßnahme auf die EU-Notfallklausel und bezeichnet sie als vorübergehende Entlastung, besonders für das Bildungssystem.
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl bezeichnete die Gesetzesänderung als „Trickserei“ und zog Parallelen zu früheren politischen Entwicklungen. Er verwies auf die Flüchtlingskrise 2015, die Corona-Pandemie sowie das aktuelle Budgetdefizit und warf den politischen Mitbewerbern vor, die österreichische Bevölkerung in all diesen Fällen getäuscht zu haben.
„Als unsere Grenzen 2015 überrannt wurden, haben Sie den Menschen erzählt, da kommen jetzt die Facharbeiter, die unser Sozialsystem absichern werden“, kritisierte Kickl und richtete seine Vorwürfe gleichermaßen an ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS.
Täuschungsvorwürfe
Der FPÖ-Chef bezeichnete den vermeintlichen Stopp des Familiennachzugs als weiteres Täuschungsmanöver. „Bei der Vordertür hängt zwar das ‚Geschlossen‘-Schild, bei näherer Betrachtung sieht man aber die Umleitungstafel mit Hinweis auf Artikel 8 der Menschenrechtskonvention“, so Kickl.
„Das muss man sich vorstellen: Die Regierung setzt die Familienzusammenführung aus, es sei denn, jemand beruft sich auf sein Recht auf Familienzusammenführung. Das ist ein besonders dreistes Täuschungsmanöver“.
Tatsächlich gerät die Regierung zwischen zwei Fronten: Amnesty International und das UN-Flüchtlingshilfswerk kritisieren die Einschränkung als Verstoß gegen Völkerrecht und warnen vor negativen Auswirkungen auf die Integration von Geflüchteten. Die Menschenrechtskonvention, auf die Kickl verweist, garantiert in Artikel 8 das Recht auf Familienleben, wodurch eine pauschale Ablehnung rechtlich angreifbar bleibt.
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Nach Ansicht des FPÖ-Vorsitzenden müsse die illegale Migration insgesamt gestoppt werden. Er räumte ein, dass die hohe Zahl an illegalen Einwanderern tatsächlich zu Überlastungen in Verwaltung, Justiz, Gesundheits- und Bildungssystem führe. Allerdings forderte er, die Zahlen durch umfassendere Maßnahmen zu reduzieren und nicht nur beim Familiennachzug anzusetzen. „Das ist genauso kompatibel mit dem europäischen Recht wie das Kappen des Zugangs zur Mindestsicherung für die illegalen Einwanderer“, argumentierte Kickl.
Der FPÖ-Chef betonte, dass die Überforderung der Systeme direkt mit der hohen Zahl an illegalen Einwanderern zusammenhänge. Die Bevölkerung erwarte daher von der Regierung entschlossenes Handeln zur Lösung dieses Problems. Kickl versicherte, dass alle Positionen seiner Partei mit geltendem Recht vereinbar seien. „Oder wollen Sie Australien, Dänemark, Holland, Großbritannien oder der Slowakei unterstellen, dass diese Länder keine Rechtsstaaten sind?“, fragte er in Richtung der von ihm als „Einheitspartei“ bezeichneten politischen Gegner.
Tatsächlich existieren in diesen von Kickl genannten Ländern teils deutlich restriktivere Regelungen. Dänemark und Großbritannien haben den Familiennachzug an strenge Integrationskriterien, Wartezeiten oder Einkommensnachweise gebunden. Australien setzt auf ein punktbasiertes Quotensystem mit individueller Prüfung jedes Antrags. Auch die Niederlande und die Slowakei handhaben die Regelungen im europäischen Vergleich restriktiv, bleiben aber ebenfalls an die Menschenrechtskonventionen gebunden.
Festung Europa
Kickl verwies auf die österreichische Tradition, Nachbarländern zu helfen, stellte jedoch klar: „Für Menschen aus arabischen Ländern ist Österreich schlichtweg nicht zuständig!“ Er warnte zudem davor, dass sich die Regierung nicht mit den sinkenden Asylzahlen brüsten solle, da sie gleichzeitig den EU-Asyl- und Migrationspakt (europäisches Regelwerk zur Verteilung und Bearbeitung von Asylanträgen) vorantreibe, der nach seinen Worten eine Umverteilung von Asylwerbern vorsehe.
„Deshalb brauchen wir ein Ende der Reparatur-Mentalität, ein Ende der Flickschusterei und müssen das Problem bei der Wurzel packen. Wir brauchen eine Festung Ungarn, eine Festung Österreich, eine Festung Slowakei, eine Festung Holland, eine Festung Deutschland – und dann wird es ein Umdenken auf europäischer Ebene geben, dann wird auch Europa die Festung werden, die es sein soll, um dem gerecht zu werden, was sich die Menschen von ihren Regierungen erwarten“.
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