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Asylpolitik

Mindestens ein Jahr“: Nationalrat stoppt Familiennachzug für Asylwerber

Gerhard Karner
FOTO: BKA/Christopher Dunker

Österreichs Asylpolitik steht vor einer Zäsur: Der Nationalrat will den Familiennachzug für Asylwerber temporär stoppen – trotz massiver Kritik von Kinderschutzorganisationen.

In der kommenden Plenarwoche steht im Nationalrat ein bedeutsamer Beschluss zur Asylpolitik bevor: Der Familiennachzug für Asylwerber soll vorübergehend ausgesetzt werden. Die vorläufige Tagesordnung sieht diese Maßnahme vor, die laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mindestens ein Jahr in Kraft bleiben soll. Zwar können Betroffene weiterhin bei den zuständigen Vertretungsbehörden Anträge auf Familienzusammenführung einreichen, doch das Verfahren wird in der Regel so lange blockiert, bis die entsprechende Verordnung aufgehoben oder modifiziert wird.

Laut dem Gesetzesentwurf soll die Bundesregierung künftig per Verordnung den Familiennachzug aussetzen können, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet erscheinen. Eine Verlängerung dieser Maßnahme wäre bis maximal Mai 2027 möglich. Für Eltern minderjähriger Flüchtlinge sieht der Entwurf allerdings explizite Ausnahmen gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor – ihr Nachzug darf nicht verzögert werden, um die Vereinbarkeit mit internationalen Kinderrechten zu gewährleisten.

Im Begutachtungsverfahren meldeten sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen mit rechtlichen Einwänden zu Wort. Besonders Organisationen aus dem Bereich Kinderschutz kritisierten, dass die Interessen minderjähriger Flüchtlinge nicht ausreichend berücksichtigt würden. Ob diese Kritikpunkte noch Eingang in die finale Fassung finden, bleibt vorerst offen.

Der Innenausschuss wird am Dienstag zusammentreten, um die Vorlage für die Plenardebatte am darauffolgenden Freitag vorzubereiten. Selbst am Tag der Abstimmung könnten noch Änderungen eingebracht werden.

Weitere Gesetzesvorhaben

Die Asyl-Novelle stellt den Schwerpunkt der Plenarsitzungen am Donnerstag und Freitag dar, während andere umfangreiche Gesetzesvorhaben nicht auf der Agenda stehen. Eine Änderung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes soll allerdings beschlossen werden, wodurch höhere Förderungen für Photovoltaikanlagen auch dann möglich werden, wenn wesentliche Komponenten aus der Schweiz stammen.

Auf der Tagesordnung stehen zudem verschiedene Berichte, darunter der Weisungsbericht des Justizministeriums für 2023, der aktuelle Rechtsextremismus-Bericht sowie der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das vergangene Jahr.

Parlamentarische Anträge

Darüber hinaus werden mehrere unverbindliche Entschließungsanträge behandelt. Die FPÖ fordert, illegale Einreisen als Straftatbestand zu definieren und das Alter für die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre herabzusetzen. Die Regierungsparteien bekennen sich zu Maßnahmen für niedrigere Energiekosten.

Gemeinsam mit den Grünen setzen sie sich für den Schutz ukrainischer Kinder gemäß UN-Kinderrechtskonvention ein. Alle vier Parlamentsparteien positionieren sich gegen das Verbot der Pride-Parade in Ungarn und unterstützen verstärkte österreichische Bemühungen gegen die Verbreitung von Atomwaffen.

Am Freitag wird Kanzleramtsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) in der „Fragestunde“ Rede und Antwort stehen.

Die Themen für die „Aktuelle Stunde“ und die „Europastunde“ am Donnerstag werden noch von FPÖ beziehungsweise SPÖ festgelegt.

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