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INTERVIEW

„Das neue Gesetz soll vor allem die Kinder schützen“

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(FOTO: KOSMO)

Die slowakische Regierung erlaubte eine internationale Inspektion der Baustelle Mochovce 3. Somit wurde die Inbetriebnahme des dritten und vierten Blockes zumindest verschoben. Planen Sie weitere Schritte, insofern die Mängel bestätigt werden?
Ich bin sehr froh, dass es diese Inspektion geben wird, denn ich bin davon überzeugt, dass diese etliche eklatante Mängel aufzeigen wird. Ich kann versprechen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden – auch dann, wenn wir nur eine minimale Chance auf Erfolg haben. Eine kleine Anekdote zu Mochovce: im Jahr 2008 haben wir eine Exkursion zum AKW Mochovce gemacht. Leider war es uns damals strikt untersagt Fotos zu machen. Ich war über den Zustand der Anlage schockiert. Man kann sich das Ganze nicht vorstellen. Es war wie in einem Hollywood Horror-Film. Aus diesem desolaten Ding soll jetzt scheinbar ein Reaktor entstehen. Der Baubeginn des Reaktors war in den 80er Jahren und mittendrinnen wurde aufgehört, weil den Betreibern die finanziellen Mittel ausgegangen sind. Bis 2008 ist das Ganze dort so gestanden. Aus meiner Sicht ist das komplette Unterfangen unverantwortlich und fahrlässig. Nach unserem Besuch haben wir den österreichischen Medien davon berichtet und daraufhin hat sich der Betreiber von AKW Mochovce bei Bürgermeister Häupl schriftlich über mich beschwert und mir wurde ein „Lokalverbot“ erteilt.

Die Aktion „Wien räumt auf. Mach mit!“ feierte dieses Jahr einen neuen Teilnehmerrekord. Was kann man aus Ihrer Sicht noch machen, um das Bewusstsein der Wienerinnen und Wiener in puncto Sauberkeit zu steigern?
Wir machen immer viel. Wir versuchen auch mit lustigen Filmen und unseren witzigen Werbekampagnen Menschen zu motivieren. Ebenso sind unsere Waste-Watcher im Einsatz, die auch eine Strafe verhängen können, wenn sich jemand nicht an die Sauberkeitsspielregeln hält. Ein besonderer Appell und Bitte, den ich an alle Raucher richten möchte, ist die Zigarettenstummel nicht auf den Boden zu werfen. Die sind Sondermüll, denn sie sind voller Gift und auch aus Plastik. Die Zigarettenstummel sind in Österreich sogar das wesentlich größere Problem als die Plastiksackerl, denn die Sackerl werden im Restmüll entsorgt und kommen dann auch in die Müllverbrennung. Die Zigarettenstummel sind unser aktueller Schwerpunkt, nachdem wir das Hundekotthema ganz gut in Griff bekommen haben.

„Das Gesetz sieht vor, dass ein Hund nur dann eingeschläfert wird, wenn er einen Menschen tödlich oder lebensgefährlich verletzt. Dies war bisher nur einmal der Fall.“

Heuer feierten die Wiener Stadtwerke ihr 70. Jubiläum. Wie wichtig ist es für eine Weltstadt wie Wien, dass die Strom- und Gasversorgung, Fernwärme und öffentlichen Verkehrsmittel in öffentlicher Hand bleiben?
Ich glaube, das ist das wichtigste Asset für jede Stadt. Über die grundsätzliche Infrastruktur muss die öffentliche Hand verfügen, damit sie von Dritten nicht abhängig und somit auch nicht erpressbar ist. Dadurch können wir die Preise auch bestimmen. Was die Gebührenhöhe betrifft, sind wir im unteren Drittel.
Außerdem kümmern uns auch selber um unsere Abfälle. Gerade bei der Abfallwirtschaft ist es so, dass wir wirklich von der Müllsammlung bis zur Verwertung, Verbrennung und dann Ablagerung der Verbrennungsreste alles in einer Hand haben. Seit 2008 kommt kein Hausmüll mehr auf die Deponie. Wir haben die Deponie Rautenweg, die wunderschön und mittlerweile ein Naturparadies ist. Dort kommt die Schlacke hin, welche dann begrünt wird. Da laufen Bergziegen herum und es entstehen keine unangenehmen Gerüche mehr, sondern verbrannter Müll dessen Asche verarbeitet wurde.

Vor allem bei Energieanbieter gibt es große private Konkurrenz. Wie hält sich die Holding im Vergleich und wie kann sie dem Preisdruck der Billiganbietern auch in Zukunft standhalten?
Es gibt einen schönen Vergleich. Wir versuchen regionale Lebensmittel zu kaufen. Wir kaufen lieber Tomaten aus Wien, als irgendwelche aus Spanien. Ehrlich gesagt, warum sollte es bei der Energie anders sein? Die Wien Energie ist ein heimisches Unternehmen mit über 3.000 Arbeitsplätzen. Die produzierte Energie stammt aus Kraftwerken, welche sich in Wien befinden. Was habe ich als Kunde für einen Vorteil: Ich habe ein Kundenzentrum in der Spittelau, dort kann ich hinfahren und mit echten Menschen sprechen. Noch ein großer Vorteil ist, dass wir die Möglichkeit haben Kombiangebote zu machen. Wenn jemand eine Jahreskarte von den Wiener Linien hat und Kunde der Wiener Energie ist, kann man eine gewisse Anzahl an Energie-Gratistage erhalten. Wenn jemand einen Vertrag mit einjähriger Bindung unterzeichnet, gibt es auch Gratistage. Wir versuchen gerade bei den Stadtwerken, das immer mehr ineinander zu verzahnen. Es gibt sehr viele Synergiemöglichkeiten. In einigen Jahren stelle ich mir vor, dass es im gesamten Stadtwerkekonzern ein Front Office gibt. Man geht dann hin und wählt welche Dienstleistungen man buchen möchte. Ich bekomme eine Rechnung und habe einen Ansprechpartner. Wenn etwas nicht funktioniert sollte, habe ich nur eine Hotline. Je konzentrierter das Ganze, desto kundenfreundlicher. Der „one-stop-shop“ ist meine Vision, an der wir aktuell arbeiten.

Ist das „Kino am Markt“ ein weiteres Projekt, um mehr Bewusstsein für die Wiener Märkte zu schaffen? Was können Besucher den ganzen Sommer über dort erwarten?
Ich will die Wiener Märkte noch mehr beleben. Ich stelle immer wieder fest, dass es Leute gibt, die nie auf den Markt gehen. Das kann ich mir persönlich überhaupt nicht vorstellen. Es gibt sogar Leute, die kennen die Märkte nicht einmal, obwohl sie um die Ecke wohnen. Wir möchten mit vielen verschiedenen Aktionen versuchen, noch mehr Leute hinzubringen. Und haben mit der neuen Marktordung den Lebensmittelhandel auf den Märkten gestärkt und mit den Kernöffnungszeiten den Besuchern garantiert, dass sie von Dienstag bis Freitag von 15 Uhr bis 18 Uhr und Samstag vormittags garantiert alle Standln offen vorfinden.