Silber gewinnt als Anlageoption zunehmend an Attraktivität – getrieben durch steigende Nachfrage, schwindende Vorräte und einen vergleichsweise günstigen Preis. Mit aktuell rund 30 US-Dollar pro Unze (31,1 Gramm) sehen Marktbeobachter erhebliches Wachstumspotenzial für das Edelmetall, wenngleich es anfälliger für Marktschwankungen ist als Gold.
Der Edelmetallspezialist Heraeus prognostizierte zum Jahresbeginn einen möglichen Preisanstieg von über 30 Prozent bis 2025, während die Commerzbank etwas zurückhaltendere Erwartungen äußerte. Das Beratungsunternehmen Metals Focus ging sogar noch weiter und stellte einen Anstieg auf 40 Dollar in Aussicht – begründet durch das anhaltende Ungleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot.
Bereits das vierte Jahr in Folge übersteigt der weltweite Bedarf an Silber die verfügbaren Mengen aus Minenförderung und Recycling. Etwa 70 Prozent der globalen Produktion fließen in industrielle Anwendungen, insbesondere im Bereich der grünen Transformation. Dank seiner herausragenden Eigenschaften – der besten Wärme- und Stromleitfähigkeit aller Metalle sowie exzellenter Reflexionsfähigkeit – ist Silber ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Herstellung von Solarmodulen.
Derzeit wird rund ein Fünftel der weltweiten Silberproduktion in der Photovoltaikindustrie eingesetzt – ein Anteil, der laut Analysten der Bank of America künftig weiter steigen wird. Besonders die neueren Technologien wie TopCon (Tunnel Oxide Passivated Contact) und HJT-Solarzellen (Heterojunction-Technologie) benötigen mit 100 bis 220 Milligramm pro Modul deutlich mehr Silber als die derzeit vorherrschende PERC-Technologie (Passivated Emitter and Rear Cell, etwa 80 mg).
Marktanalysen bestätigen, dass der anhaltende Technologiewandel insbesondere in der Photovoltaik den globalen Silberverbrauch stärker wachsen lässt als bisher prognostiziert, was das Angebotsdefizit auch im fünften Jahr in Folge aufrechterhalten wird. Der Einfluss dieser Entwicklung zeigt sich auch in der Region: In Österreich und dem Westbalkan hat sich laut Branchenverbänden die installierte Photovoltaikleistung 2024 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 30 Prozent erhöht, was die industrielle Nachfrage nach Silber zusätzlich antreibt.
Wachsende Angebotslücke
Um die wachsende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen, werden zunehmend bestehende Reserven angezapft – sowohl aus Privatbesitz als auch von den Rohstoffbörsen in London, New York und Shanghai. In den vergangenen fünf Jahren sind die Gesamtbestände an diesen Handelsplätzen um fast ein Viertel auf rund 1.243 Millionen Unzen geschrumpft. Neben der Solarindustrie spielt Silber auch eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen, Batterietechnologien und Rechenzentren für künstliche Intelligenz – allesamt Branchen mit rasantem globalem Wachstum.
Anders als Gold ist der Silbermarkt stärker von der industriellen Nachfrage abhängig, was ihn anfälliger für kurzfristige Erschütterungen macht. So brach der Silberpreis nach Donald Trumps jüngstem „Befreiungstag“ und der Ankündigung neuer Zölle, die zu Kurseinbrüchen an den Börsen führten, innerhalb von nur zwei Tagen um fast 13 Prozent ein. Trotz dieser Volatilität erscheint Silber derzeit unterbewertet. Das historische Preisverhältnis von Gold zu Silber lag bei etwa 70:1, während es heute nahe 100:1 liegt – was laut WiWo (Wirtschaftswoche) auf erhebliches Wachstumspotenzial hindeutet.
Zollrisiken und Chancen
Dennoch wächst die Besorgnis, dass Handelszölle die industrielle Nachfrage beeinträchtigen und damit den Preisanstieg bei Silber bremsen könnten. Peter Krauth, Herausgeber des Silver Stock Investor und Autor des Buches „The Great Silver Bull“, erklärte gegenüber dem Investing News Network, es sei noch zu früh für eine Einschätzung, ob Zölle die Nachfrage langfristig schwächen werden. „Bislang gibt es keine konkreten Anzeichen für einen Rückgang der industriellen Nachfrage“, so Krauth.
Obwohl eine kurzfristige Korrektur möglich sei, glaubt er, dass Silber im Gegensatz zu Gold nicht überbewertet ist. „Ich kann mir vorstellen, dass der Silberpreis auf 29 bis 30 Dollar fällt – das wäre eine ausgezeichnete Kaufgelegenheit, sowohl für physisches Silber als auch für Aktien von Bergbauunternehmen“, betont der Experte.
Krauth hebt hervor, dass im Fall von Solarmodulen Zölle sogar die heimische Produktion und Nachfrage ankurbeln könnten, wenn Länder ihre Energieunabhängigkeit stärken wollen. Er verweist zudem auf eine Analyse von Heraeus Precious Metals, wonach es zu einer Abschwächung der Nachfrage aus China kommen könnte – dem Land, das derzeit 80 Prozent der weltweiten Produktionskapazität für Solarmodule kontrolliert.
Diese Verlangsamung könnte jedoch zeitlich mit dem Umstieg auf die neue TopCon-Technologie zusammenfallen, die erheblich mehr Silber benötigt als die älteren PERC-Module.
„Dieser Technologiewechsel dürfte die Nachfrage nach Silber auf hohem Niveau halten“, ergänzt Krauth.
Folge uns auf Social Media!