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Koalitionspoker

Demut bei Ludwig – Grüne sprechen von „Aufholjagd“ – ÖVP relativiert Wahlschlappe

FOTO: (c) Rene Wallentin

Nach der Wiener Wahl zeigen sich alle Parteispitzen mit ihrem Abschneiden zufrieden – trotz teils deutlicher Verluste. Bürgermeister Ludwig will rasch sondieren.

Nach der ersten Hochrechnung zeigte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sichtlich erfreut über das Wahlergebnis seiner SPÖ. „In aller Demut bin ich mit diesem Ergebnis sehr zufrieden“, erklärte der Spitzenkandidat. „Wir liegen mit deutlichem Abstand auf dem ersten Platz und haben mehr Zustimmung erhalten als die zweit- und drittplatzierte Partei zusammengerechnet.“ Ludwig kündigte an, zeitnah mit Sondierungsgesprächen beginnen zu wollen, um noch vor dem Sommer eine stabile Regierung für Wien zu bilden. Eine Kooperation mit der FPÖ schloss er kategorisch aus.

Laut erster Hochrechnung konnte die SPÖ 39,3 Prozent der Stimmen für sich verbuchen und bleibt damit die dominierende politische Kraft in der Bundeshauptstadt. Der freiheitliche Spitzenkandidat Dominik Nepp interpretierte das Wahlergebnis seiner Partei als „enormen Vertrauensvorschuss“ der Wienerinnen und Wiener. Die FPÖ habe sowohl bei Stimmen als auch bei Mandaten eine Verdreifachung erreicht.

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Mit 20,5 Prozent verdrängten die Freiheitlichen die ÖVP vom zweiten Platz. Nepp appellierte an Bürgermeister Ludwig, „seine Ausgrenzungspolitik zu beenden“ und kündigte gleichzeitig an, dass die Freiheitlichen ihre Oppositionsrolle nutzen würden, um „noch stärkere Kontrolle auszuüben“.

Grüne Aufholjagd

Die grüne Spitzenkandidatin Judith Pühringer bewertete das Abschneiden ihrer Partei enthusiastisch als „fantastisch“ und sprach von einer „beispiellosen Aufholjagd“. Aus dem Ergebnis leite sie einen klaren Wählerauftrag ab, Klimagerechtigkeit mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Pühringer signalisierte Bereitschaft, mit der Bürgermeisterpartei eine „stabile Koalition“ zu bilden.

NEOS-Spitzenkandidatin und Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling äußerte sich erfreut über „das beste liberale Ergebnis, das es in Wien je gegeben hat“. Dies beweise, dass eine Regierungspartei auch in herausfordernden Zeiten Zugewinne erzielen könne. Besonders im Bildungsbereich habe die „Fortschrittskoalition“ beachtliche Erfolge erzielt. Emmerling verwies darauf, dass 97 Prozent der im Regierungsmonitor festgehaltenen Vorhaben umgesetzt worden seien.

ÖVP relativiert Verluste

ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer räumte den deutlichen Stimmenverlust seiner Partei ein, relativierte jedoch das Ergebnis mit dem Hinweis, dass das Resultat der vorangegangenen Wahl 2020 außergewöhnlich gewesen sei. Er signalisierte Kooperationsbereitschaft gegenüber dem Bürgermeister, sofern dieser an „einer Politik der politischen Mitte, der wirtschaftlichen Stabilität und des sozialen Zusammenhalts“ interessiert sei.

Während die politischen Akteure ihre Positionen abstecken, zeichnet sich bereits ein klares Bild der künftigen Machtverhältnisse ab: Die bisherige Koalition aus SPÖ und NEOS verfügt laut aktuellen Zahlen erneut über eine knappe Mehrheit im Gemeinderat. Politische Beobachter bewerten eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit als wahrscheinlichste Regierungsoption, insbesondere da Bürgermeister Ludwig eine Kooperation mit der FPÖ bereits ausgeschlossen hat.