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Karriereweg

Wer ist Michael Ludwig? Pragmatischer Kreisky-Fan mit Wasserglas

FOTO: Dieter Steinbach

Vom Bezirksrat zum mächtigsten Mann Wiens: Michael Ludwigs politischer Aufstieg ist geprägt von strategischem Geschick und pragmatischen Entscheidungen.

Michael Ludwig begann seine politische Laufbahn 1994 als Bezirksrat in Wien-Floridsdorf, wo er auch als Bezirksparteiobmann fungiert. Nach einem dreijährigen Intermezzo im Bundesrat ab 1996 übernahm er im Wiener Gemeinderat die stellvertretende Leitung des Kulturausschusses. Der promovierte Politologe und Historiker steht dem Verband Wiener Volksbildung vor und verantwortet damit die traditionsreichen Volkshochschulen der Bundeshauptstadt.

Der damalige Bürgermeister Michael Haupl berief Ludwig im Jänner 2007 in die Stadtregierung, wo er das Ressort für Wohnen und Stadterneuerung übernahm. Seine Position stärkte sich weiter, als er 2009 zum Vizebürgermeister aufstieg – ein Titel, den er allerdings mit Beginn der ersten rot-grünen Koalition 2010 an Maria Vassilakou von den Grünen abtreten musste. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte Ludwig 2018, als er die Nachfolge Häupls antrat und zur unbestrittenen Führungsfigur der Wiener SPÖ avancierte.

Bei einem Sonderparteitag setzte er sich gegen seinen Konkurrenten Andreas Schieder durch. Politische Beobachter hatten ihm schon länger Ambitionen auf die Spitzenposition nachgesagt. Bemerkenswert ist, dass Ludwig die einst spürbaren Lagerbildungen innerhalb der Partei rasch überwinden konnte – eine Leistung, die selbst politische Gegner anerkennen.

Vor seiner politischen Karriere war Ludwig in der Erwachsenenbildung tätig, zunächst als Kurs- und Projektleiter, ab 1986 dann als pädagogischer Leiter einer Volkshochschule. Parallel dazu leitete er von 1991 bis 2007 die Wiener Landesstelle des Dr. Karl-Renner-Instituts, der politischen Akademie der SPÖ.

Politische Positionierung

Lange Zeit galt Ludwig als Vertreter des konservativen Parteiflügels. Diese Einschätzung schien sich zu bestätigen, als er als Wohnbaustadtrat Wienerinnen und Wiener bei der Vergabe von Gemeindewohnungen bevorzugte und kurz nach seiner Wahl zum SPÖ-Chef ein Alkoholverbot am Praterstern durchsetzte. In der Praxis blieb die grundsätzliche Ausrichtung der Wiener SPÖ, insbesondere in sozialpolitischen Fragen, jedoch weitgehend konstant.

Die Entscheidung Ludwigs, nach der Wahl 2020 die Koalition mit den Grünen zu beenden und stattdessen mit den NEOS zu regieren, hatte vermutlich weniger ideologische Gründe als vielmehr persönliche Differenzen mit der damaligen Grünen-Vorsitzenden Birgit Hebein.

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Die Zusammenarbeit mit den Pinken im Rathaus verlief hingegen überwiegend harmonisch und gilt bis heute als stabiles politisches Bündnis für Wien.

Die Amtszeit Ludwigs stand stark unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Der Bürgermeister setzte dabei auf transparente Entscheidungsprozesse. Maßnahmen wurden stets nach ausführlichen Beratungen mit einem Expertengremium verkündet. Obwohl die Wiener Regelungen teilweise strenger ausfielen als im Rest des Landes, fanden sie in der Bevölkerung weitgehend Akzeptanz.

Herausforderungen

Massive Kritik erntete der Stadtchef hingegen im Sommer 2022. Er hatte der Wien-Energie Milliardenkredite gewährt, nachdem das Unternehmen durch exorbitant gestiegene Sicherheitsleistungen an den Strombörsen in finanzielle Bedrängnis geraten war. Ludwig bezeichnete die Darlehen als alternativlos, wurde jedoch dafür kritisiert, weder den Stadtsenat noch den Gemeinderat umgehend informiert zu haben – ein Vorwurf, der lange nachwirkte. Die Opposition forderte daraufhin mehr Transparenz bei derart weitreichenden finanziellen Entscheidungen.

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In innerparteilichen Angelegenheiten agiert Ludwig meist zurückhaltend, zumindest nach außen hin. Öffentliche Kritik an den jeweiligen Bundesparteivorsitzenden äußert er nur selten. So unterstützte er lange Zeit Pamela Rendi-Wagner als Parteichefin, bevor die Wiener Landespartei schließlich Andreas Babler zum Vorsitzenden verhalf – nicht zuletzt, um Hans Peter Doskozil zu verhindern.

Bei der jüngsten Regierungsbildung soll Ludwig die mangelnde Einbindung der Wiener Partei bemängelt haben. Letztendlich wurde sein Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke in die Bundesregierung berufen – der erste Wechsel in der von Ludwig zusammengestellten Stadtregierungsmannschaft.

Auch privat erlebte Ludwig im Rathaus freudige Momente: 2018 heiratete er im Roten Salon seine langjährige Lebensgefährtin Irmtraud Rossgatterer. Als politisches Vorbild nennt er Bruno Kreisky, musikalisch schätzt er sowohl Ostbahn-Kurti als auch die Wiener Symphoniker. Sein Lieblingsgetränk – ganz lokalpatriotisch – ist Wiener Wasser. Anders als manchen seiner Vorgänger wird Ludwig eine eher zurückhaltende Trinkkultur nachgesagt.

Michael Ludwig bleibt Bürgermeister von Wien. Obwohl der Wahlsonntag für den SPÖ-Politiker angesichts der Verluste seiner Partei nicht uneingeschränkt erfreulich verlief, findet er für die anstehenden Koalitionsverhandlungen günstige Bedingungen vor.

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Beobachter rechnen mit zügigen Verhandlungen, da Ludwig für seinen pragmatischen Politikstil und seine Fähigkeit zum Kompromiss bekannt ist.