INTERVIEW: Andrea Prerad, Büroleiterin der NEOS in der EU, spricht mit KOSMO über die bevorstehenden EU-Wahlen und ihre Ambitionen in dieser Oppositionspartei.
Wenn wir in unserer Gemeinschaft einen Experten für die EU suchen, ist Andrea Prerad wahrscheinlich die erste Adresse. Die junge Wienerin mit Herkunft aus Prijedor (Bosnien-Herzegowina) leitet schon seit anderthalb Jahren das Büro der NEOS im Europäischen Parlament.
KOSMO: Du bist die Verbindung zwischen den Liberalen in Österreich und im EU-Parlament. Was genau umfasst deine Arbeit?
Andrea Prerad: Ich arbeite direkt für die NEOS-Abgeordnete Angelika Mlinar. Ich übernehme inhaltliche, kommunikative, aber auch organisatorische Aufgaben. Das umfasst auch die Kenntnis der politischen und legislativen Entwicklungen sowohl auf der Ebene der EU als auch in Österreich selber. Außerdem pflege ich die Kontakte mit den internen und externen Stakeholdern (und Medien), organisiere Projekte und Events und kümmere mich um die PR und die Beziehungen zu den Medien. Aber im Moment dreht sich alles um die EU-Wahlen.
PRERAD: „Die NEOS haben bewiesen: ehrliche Politik ist möglich.“
Was erwartet ihr von den Wahlen zum Europäischen Parlament?
Wir wünschen uns zwei Mandate. Auf der Ebene der EU wollen wir erreichen, dass die Liberalen gestärkt aus den Wahlen hervorgehen. Wir sind eine verlässliche Kraft im Kampf gegen den Nationalismus und gegen jene, die gegen die EU und die Interessen der Unionsbürger arbeiten.
Du gehörst zum Team der NEOS, das für Vielfalt zuständig ist („NEOS Diversity Group“) und hast im Rahmen dessen auch die Veranstaltung „Ćevapčići & Politics“ organisiert. Wie ist das abgelaufen?
Unser ehemaliger Parteichef Matthias Strolz hat stundenlang mit Bürgern gesprochen. Es war ein Abend im Zeichen der Diversität und der offenen politischen Diskussion. Danach habe ich von vielen das Feedback erhalten, dass sie hier zum ersten Mal Politik auf einer zugänglichen Ebene erlebt haben. Das ist das, was die NEOS besonders macht und was uns von anderen politischen Parteien unterscheidet.
Was unterscheidet die NEOS noch von anderen politischen Parteien?
Vor allem ist das die Einstellung bzw. die Devise: Krempeln wir die Ärmel hoch und packen wir an! Was können wir tun? Was können wir verbessern?
Wie sehr fehlt euch eigentlich Matthias Strolz?
Matthias war die treibende Kraft hinter der Gründung der NEOS und hat uns zweimal den Einzug ins österreichische Parlament gesichert. Wir haben gezeigt, dass eine ehrliche Politik ohne billige politische Spielchen möglich ist. Sowohl Matthias als auch Beate sind Top-Leute, beide sind glänzende Politiker.
Warum gerade die NEOS? Wie ist es dazu gekommen?
Als Flüchtlingskind habe ich den Liberalismus schätzen gelernt, der die Freiheit und die Entwicklung des einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellt. Auch die Trennung zwischen Staat und Religion, die Begrenzung der staatlichen Macht gegenüber den Bürgern, die Einhaltung der Menschenrechte, die Freiheit der Rede, der Gedanken und der Medien waren mir immer wichtig. Von den NEOS habe ich im Januar 2013 zum ersten Mal gehört, als mir der heutige Vorsitzende der Wiener NEOS, Christoph Wiederkehr, auf einer Konferenz in Belgrad von dem neuen politischen Start-up erzählt hat, das die politische Landschaft aufmischen wollte.
Du hast internationale Entwicklung, Politikwissenschaft (Uni Wien) und Projektmanagement (Uni Graz) studiert. Wann hast du dein Interesse für die Politik entdeckt?
Die Flucht aus B-H hat meine ganze Familie geprägt, und so auch mich. Ein Teil meiner Familie hat alles verloren, ich habe auch Familienmitglieder, die in Konzentrationslagern waren. Wenn wir uns sehen, sprechen wir immer über dieses Flüchtlingstrauma. Durch den Krieg habe ich gelernt, wohin Hass und Verhetzung führen und welche Folgen ein Mangel an Diplomatie und politischem Grundkonsens für das Leben des Einzelnen haben.
Wie hat sich diese ganze Erfahrung konkret auf dich ausgewirkt?
Auf der einen Seite hatte ich häufig Angst, auf der anderen Seite hat es mich bewogen, mich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen und etwas dagegen zu tun. All das hat mein Interesse für andere Kulturen und Religionen verstärkt und ich habe mich mit dem Islam und dem Judentum beschäftigt. Ich reise viel und kann sagen, dass ich Freunde auf der ganzen Welt habe. Wenn wir vom Balkan sprechen, werde ich nie verstehen, warum wir die Vergangenheit und den Hass nicht hinter uns lassen und das Gemeinsame ins Zentrum unserer Beziehungen stellen, nicht das, was uns trennt.
Wer ist dein politisches Vorbild?
Schwere Frage. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, Nelson Mandela.
Was machst du in deiner Freizeit?
Ich lese viel. Ich interessiere mich für Kunst und ich zeichne auch selber. Wer mich kennt, weiß, dass ich auch sehr gerne auf Partys gehe und feiere.
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