Nach dem Tod von Papst Franziskus beginnt das geheimnisvolle Ritual der Nachfolgesuche. Die Mehrheit der wahlberechtigten Kardinäle trägt seine Handschrift.
Nach dem Tod von Papst Franziskus am heutigen Morgen richten sich die Blicke der Weltöffentlichkeit bereits auf die Frage seiner Nachfolge. Die Entscheidung wird erst feststehen, wenn weißer Rauch aus dem Rauchfang der Sixtinischen Kapelle aufsteigt – das traditionelle Zeichen nach Abschluss des geheimnisvollen Wahlverfahrens. Von den derzeit 252 Kardinälen der katholischen Kirche sind 138 jünger als 80 Jahre und damit stimmberechtigt. Bemerkenswert: 109 dieser Wahlberechtigten wurden von Franziskus selbst ernannt, 22 von Benedikt XVI. und nur fünf von Johannes Paul II.
Beobachter gehen davon aus, dass der künftige Papst erneut aus einem außereuropäischen Land stammen und den progressiven Kurs von Franziskus fortsetzen könnte – im Gegensatz zum konservativen Flügel der römisch-katholischen Kirche. Wie Reuters berichtet, hat Franziskus durch seine zehn Konsistorien systematisch die Chancen erhöht, dass sein Nachfolger kein Europäer sein wird. Er stärkte gezielt die Kirche in Regionen, wo sie entweder als Minderheit existiert oder deutlich schneller wächst als im stagnierenden Westen.
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Mögliche Kandidaten
Unter den möglichen Kandidaten für das Papstamt werden mehrere Namen gehandelt: der französische Erzbischof von Marseille, Jean-Marc Aveline (66), der ungarische Kardinal Peter Erdö (72), Kardinal Mario Grech (68) aus Malta, der Italiener Kardinal Pietro Parolin (70), der philippinische Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle (67), Kardinal Joseph Tobin (72) aus den USA, Kardinal Peter Kodwo Turkson (76) aus Ghana und der Erzbischof von Bologna, Matteo Maria Zuppi (69). Auch der Erzbischof von Belgrad, Kardinal Ladislav Nemet, gilt als potenzieller Anwärter.
Kardinal Luis Antonio Tagle von den Philippinen gilt als prominenter Vertreter des progressiven Flügels und hat sich seit Jahren für mehr Mitsprache der Laien, die Stärkung der Ortskirchen sowie Armutsbekämpfung eingesetzt. Als enger Vertrauter von Papst Franziskus unterstützt er dessen Öffnung der Kirche in Fragen Migration und sozialer Gerechtigkeit. Kardinal Pietro Parolin hingegen, der als Vatikan-Staatssekretär die zweitmächtigste Position im Kirchenstaat innehat, steht für diplomatische Erfahrung und Kontinuität, wird aber dem gemäßigten Zentrum zugerechnet – er befürwortet Reformen nur, wenn sie mit der kirchlichen Tradition vereinbar bleiben. Der Erzbischof von Belgrad, Kardinal Ladislav Nemet, hat sich in Serbien besonders für den interreligiösen Dialog stark gemacht und gilt als offen für pastorale Reformen, allerdings innerhalb eines eher gemäßigten Rahmens.
Der Wahlprozess beginnt nach der Beisetzung von Papst Franziskus. Das neue Kirchenoberhaupt wird in geheimer Abstimmung durch das Konklave (Versammlung der wahlberechtigten Kardinäle) gewählt, an dem alle Kardinäle unter 80 Jahren teilnehmen dürfen. Die Kardinäle werden den genauen Termin für den Beginn des Konklaves festlegen, sobald sie in den kommenden Tagen in Rom eintreffen.
Nach den Trauerfeierlichkeiten und vorbereitenden Sitzungen versammeln sich die Purpurträger (Kardinäle) an einem festgelegten Tag – frühestens 14 und spätestens 20 Tage nach dem Tod des Papstes – zunächst zu einer Messe im Petersdom. Am Nachmittag ziehen sie dann in feierlicher Prozession von der Pauluskapelle im Apostolischen Palast zur Sixtinischen Kapelle, wo die Wahl unter strengster Geheimhaltung stattfindet.
Das Wahlverfahren
Die Kardinäle stimmen so lange ab, bis ein Kandidat die erforderliche Mehrheit erreicht – ein Prozess, der sich über Tage oder sogar Monate hinziehen kann. Der einzige Hinweis auf den Verlauf der Wahl ist der Rauch, der zweimal täglich beim Verbrennen der Stimmzettel aufsteigt: Schwarzer Rauch signalisiert, dass noch keine Entscheidung gefallen ist, weißer Rauch verkündet die Wahl eines neuen Papstes.
Nach dem Aufsteigen des weißen Rauchs erscheint der neue Pontifex üblicherweise innerhalb einer Stunde auf dem Balkon mit Blick auf den Petersplatz. Der ranghöchste Kardinal des Konklaves verkündet dann mit den traditionellen Worten „Habemus Papam“ (Wir haben einen Papst) die Entscheidung und stellt das neue Oberhaupt mit seinem gewählten Papstnamen vor.
Die komplexe Abstimmung wird zeigen, ob die derzeitigen Kardinäle – mehrheitlich von Franziskus ernannt – dessen liberalen Kurs und seine Reformagenda fortsetzen oder ob sie eine konservativere Richtung einschlagen wollen. Bis zur Wahl eines neuen Papstes wird die römisch-katholische Kirche vom Kardinalskollegium geleitet. Historisch betrachtet waren die meisten Kardinäle Italiener, mit Ausnahme der Zeit zwischen 1309 und 1377, als der Papststuhl in Avignon residierte und viele Franzosen das Kardinalsamt innehatten. Obwohl Europa mit etwa 43 Prozent noch immer den größten Anteil an wahlberechtigten Kardinälen stellt, ist dies ein deutlicher Rückgang gegenüber den 52 Prozent im Jahr 2013, als Franziskus als erster Lateinamerikaner zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde.
Die zweitgrößte Gruppe von Wahlberechtigten kommt mittlerweile aus Asien und Ozeanien mit rund 20 Prozent.
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