Österreich und seine politische Landschaft haben eine herausragende Persönlichkeit und eine echte Pionierin verloren.

Brigitte Bierlein, die erste Frau, die sowohl die Position der Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) als auch die des Bundeskanzlers in Österreich innehatte, ist am Montag nach einer kurzen, schweren Krankheit verstorben. Sie wurde 74 Jahre alt. Ihre Karriere, die durch bemerkenswerte Stationen sowohl in der Judikative als auch in der Exekutive gekennzeichnet war, hinterlässt ein unvergessliches Erbe.
Ein Leben im Dienste der Republik
Die Nachricht von Bierleins Tod löste landesweit Bestürzung aus. Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der den Verlust als persönlich tiefgreifend empfand, würdigte sie als treue Dienerin der Republik, die in zahlreichen Rollen ihre Verantwortung gegenüber dem Land eindrucksvoll unter Beweis stellte. Bundeskanzler Karl Nehammer hob ihre Rolle in einer der herausforderndsten Zeiten der jüngeren politischen Geschichte Österreichs, die durch den so genannten „Ibiza-Skandal“ geprägt war, besonders hervor.
Ich bin tief betroffen vom Tod von Brigitte Bierlein. Sie hat in vielen Funktionen der Republik treu gedient. Als Hüterin unserer Verfassung und auch als erste Bundeskanzlerin. (1/2) pic.twitter.com/C0qySlcnCO
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) June 3, 2024
Eine Pionierin in jedem Sinne
Bierlein, geboren in Wien als Tochter eines Beamten und einer Künstlerin, widmete ihr Leben der Justiz und der Politik. Ihre akademische und berufliche Laufbahn war ebenso beeindruckend wie beispiellos. Nachdem sie das Studium der Rechtswissenschaften in Rekordzeit absolviert hatte, durchlief sie die juristische Laufbahn mit bemerkenswerter Schnelligkeit und wurde schließlich zur ersten weiblichen Vizepräsidentin und später zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs ernannt. Doch ihr Pioniergeist sollte sie noch weiter tragen.
Neue Regierung nach Ibiza-Skandal
Im Jahr 2019 übernahm sie in einer Zeit der politischen Ungewissheit die Führung des Landes als erste Bundeskanzlerin Österreichs. Ihre Ernennung, initiiert durch Präsident Van der Bellen, folgte einem politischen Erdbeben, das eine rasche und stabile Hand im Kanzleramt erforderte. Unter ihrer Leitung gelang es, das Land geduldig zur Neuwahl zu führen, wofür sie breite Anerkennung und Beliebtheit in der Bevölkerung genoss.
Bescheidene Zurückhaltung nach dem Amt
Nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung Anfang 2020 zog sich Bierlein weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, mit der Ausnahme ihrer Ehrung im Jahr 2021, als sie vom Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande für ihre Dienste an der Republik ausgezeichnet wurde.
Ein Vermächtnis, das Bestand haben wird
Neben ihrem politischen und juristischen Wirken engagierte sich Bierlein leidenschaftlich für kulturelle und soziale Angelegenheiten. Ihre Vorliebe für Theater und Malerei sowie ihr Engagement in der Unabhängigen Opferschutzkommission erklären, warum sie über den Kreis der Juristerei und Politik hinaus geschätzt wurde.
Ihr plötzlicher Tod hinterlässt eine Lücke, die schwer zu füllen sein wird. Führende Persönlichkeiten des Landes, darunter Vizekanzler Werner Kogler, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und zahlreiche andere, zollten ihr Tribut und erinnerten an ihre wegweisende Rolle in der österreichischen Gesellschaft.
Brigitte Bierlein wird nicht nur als eine herausragende Juristin und die erste Bundeskanzlerin in Erinnerung bleiben, sondern auch als eine Frau, die in schwierigen Zeiten mit Weitsicht, Mut und Entschlossenheit ihre Verantwortung für das Land wahrnahm.
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