Seit Jahren gilt Spanien als Modell für fortschrittliche feministische Politik: Von Menstruationsurlaub bis hin zum „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz.
Viele dieser Initiativen stammen von der linken Podemos-Partei, welche bis Ende 2023 das Gleichheitsministerium in der Koalition mit den Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE) führte.

Kontroverses Transgender-Gesetz
Ein aktueller Aufreger betrifft das Transgender-Gesetz und dessen Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Gewaltverbrechen. Seit Jahren untersuchen spezialisierte Strafgerichte in Spanien solche Delikte, um Frauen besser zu schützen und Täter schneller zu verurteilen. Jedoch nutzen immer mehr Männer das reformierte Transgender-Gesetz als ein rechtliches Schlupfloch um dem zu entkommen.
Keine bürokratischen Hürden
So konnte ein Mann aus Sevilla Anfang der Woche nicht wegen häuslicher Gewalt bestraft werden, nachdem er sein Geschlecht offiziell in „Frau“ geändert hatte. Ähnliche Fälle gab es auch in San Sebastián und Madrid, was zu Empörung in der spanischen Gesellschaft führte.
Das Gesetz erlaubt es 16-Jährigen, ihre Geschlechtszugehörigkeit unbürokratisch zu ändern, was Kritiker als gefährliche Gesetzeslücke betrachten. Sie benötigen dazu weder die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten noch ein medizinisch-psychologisches Gutachten. Nach zwei amtlichen Erklärungen, im Abstand von drei Monaten, bekommt man einen neuen Personalausweis.
Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Gewalt
Die Rechtslage hat es einigen Menschen ermöglicht, strafrechtliche Konsequenzen zu umgehen oder leichtere Bedingungen zu nutzen. Kritiker, sowohl aus Justizkreisen als auch aus der Frauenbewegung, sehen hierin eine problematische Gleichsetzung von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt. Die öffentliche Debatte wird lauter, wie das Trans-Gesetz reformiert werden kann, um Missbrauch zu verhindern.
„Trans“ als Erleichterung bei Jobsuche
Das Trans-Gesetz geriet bereits früher aufgrund einer anderen Kontroverse in den Fokus der Medien. Es kamen Fälle ans Licht, in denen Männer, die die Aufnahmeprüfungen für Polizei oder Feuerwehr nicht bestanden, sich offiziell als Frauen in ihrem Personalausweis eintragen ließen. So gab es für sie leichtere Aufnahmebedingungen, da die körperlichen Anforderungen geringer waren. Die Geschlechtsänderungen wurden auch für Beförderungen „genutzt“.
Die „Nur Ja heißt Ja“-Reform
Bereits zuvor sorgte die Sexualstrafrechtsreform der Podemos für heftige Reaktionen und Spannungen innerhalb der Regierung. Das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz, eingeführt von Gleichheitsministerin Irene Montero im Jahr 2022, definiert jeden nicht ausdrücklich einvernehmlichen sexuellen Akt als Vergewaltigung. Das Ziel war, der „Vergewaltigungskultur“ in Spanien ein Ende zu setzen.
Doch das Gesetz führte paradoxerweise zu zahlreichen Strafmilderungen und vorzeitigen Freilassungen von Sexualstraftätern, da auch die Mindeststrafmaße gesenkt wurden. Fast 1.000 Verurteilte konnten dadurch ihre Strafen reduzieren, was eine Welle der Empörung in der Gesellschaft und den Medien auslöste. Montero beschuldigte daraufhin die Justiz, das Gesetz fehlerhaft angewendet zu haben, während Richter und Staatsanwälte dies vehement zurückwiesen.
Politische Konsequenzen
Die Auseinandersetzung um das „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz führte schließlich zum Zerbrechen der Regierungskoalition. Pedro Sánchez entschied sich im Frühjahr 2023 für eine Reform des Gesetzes, unterstützt von der konservativen Opposition und gegen den Widerstand von Podemos. Diese Entscheidung markierte das politische Ende der Podemos-Partei, die bei den folgenden Wahlen stark an Bedeutung verlor.
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