Verschärfte Grenzkontrollen zwischen Salzburg und Bayern sorgen für Alltagschaos: Selbst Linienbusse werden gestoppt, während Beamte jeden Passagier überprüfen – für nur 19 aufgegriffene Migranten.
Die Grenzkontrollen zwischen Salzburg und Bayern sorgen seit über einem Jahrzehnt für Diskussionen. Für Österreich sind diese Übergänge unverzichtbar, um über das Große Deutsche Eck (Straßenverbindung durch deutsches Gebiet) nach Tirol oder über das Kleine Deutsche Eck von Salzburg in den Pinzgau zu gelangen. Die Intensität der Kontrollen variiert jedoch erheblich. Selbst im Bahnverkehr werden in Freilassing regelmäßig Züge angehalten, wobei deutsche Bundespolizisten gezielt nicht-weiße Reisende kontrollieren, was zu Verspätungen von etwa 15 Minuten führt.
Am Mittwochnachmittag verschärfte der aus Bayern stammende deutsche Innenminister Alexander Dobrindt die Situation durch die Anordnung, sämtliche Asylsuchende an den Grenzen zurückzuweisen. Zur Durchsetzung dieser rechtlich umstrittenen Maßnahme wurde das Polizeiaufgebot an den Grenzübergängen verstärkt. Die Auswirkungen waren unmittelbar spürbar: Bereits am Donnerstagmorgen wurden am Übergang zwischen Salzburg und Freilassing feste Kontrollstationen eingerichtet, was erste Verkehrsbehinderungen nach sich zog.
Europarechtsexperten wie der Innsbrucker Professor Walter Obwexer bewerten die Maßnahme kritisch und sehen darin faktisch einen „Asylstopp“ an der deutschen Grenze. Laut Innenminister Dobrindt sollen schwangere Frauen, Kinder und besonders schutzbedürftige Gruppen von der Zurückweisung ausgenommen sein. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte von Österreich nach Deutschland zuletzt ohnehin rückläufig war.
In anderen Grenzorten wie Oberndorf herrscht hingegen Unklarheit über die konkrete Umsetzung. Der dortige Bürgermeister teilte dem ORF mit, lediglich über Medienberichte informiert zu sein.
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Nahverkehr betroffen
Die Maßnahmen betreffen auch den öffentlichen Nahverkehr in Salzburg. Die bayerische Gemeinde Freilassing ist mit der österreichischen Landeshauptstadt faktisch zusammengewachsen – nur die schmale Saalach trennt beide Orte. Die Verflechtungen sind entsprechend eng: Viele Salzburger nutzen die günstigeren Wohnmöglichkeiten jenseits der Grenze oder fahren zum Einkaufen nach Deutschland.
Diese alltäglichen Grenzübertritte werden nun erheblich erschwert. Wie Aufnahmen der „Salzburger Nachrichten“ dokumentieren, finden inzwischen sogar Kontrollen in städtischen Linienbussen statt. Die Linie 24, die vom Salzburger Hanuschplatz über Liefering nach Freilassing bis zum dortigen Kaufland verkehrt, muss nun zwingend auf der Saalachbrücke halten. Dort steigen Beamte der deutschen Bundespolizei zu und kontrollieren sämtliche Fahrgäste – ein Vorgehen, das den Grundprinzipien der Europäischen Union zu widersprechen scheint.
Fragliche Wirksamkeit und rechtliche Bedenken
Die Wirksamkeit dieser verschärften Maßnahmen ist fraglich. Laut Markus Haindl, Sprecher des österreichischen Innenministeriums, wurden in der Woche vom 21. bis 27. April lediglich 19 illegal eingereiste Migranten aufgegriffen, wie er gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ erklärte.
Rechtlich stehen die Maßnahmen auf wackeligem Boden. Erst im März 2025 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine konkrete Grenzkontrolle an der deutsch-österreichischen Grenze für rechtswidrig erklärt. Das Gericht betonte, dass der Schengener Grenzkodex für befristete Binnengrenzkontrollen eine neue Gefahrenlage verlangt, die nicht pauschal angenommen werden darf. Die deutsche Bundesregierung selbst hat in der Vergangenheit anerkannt, dass vorübergehende Grenzkontrollen gemäß Artikel 25 des Schengener Grenzkodex nur als „ultima ratio“ und im Einklang mit europäischem Recht zulässig sind.
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