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Grenzpolitik

Zurück an die Grenze: Deutschland weist Flüchtlinge ab und schickt sie nach Österreich

Deutsche Polizisten kontrollieren Reisende, die mit dem Zug aus Österreich an einem Grenzübergang in Freilassing, Deutschland, ankommen.
FOTO: EPA-EFE/Anna Szilagyi

Mit einem radikalen Kurswechsel sorgt Deutschlands neuer Innenminister für Spannungen: Alexander Dobrindt verfügt über einen Einreisestopp für Personen ohne gültige Dokumente.

Deutschlands neuer Innenminister Alexander Dobrindt hat unmittelbar nach seiner Amtsübernahme drastische Maßnahmen im Bereich der Migrationspolitik ergriffen. Der 54-jährige CSU-Politiker (Christlich-Soziale Union, bayerische Schwesterpartei der CDU) verfügte bereits 20 Stunden nach seinem Amtsantritt einen sofortigen Einreisestopp für Personen ohne gültige Dokumente. Diese Anordnung bedeutet in der praktischen Umsetzung, dass an deutschen Grenzen keine Asylanträge mehr entgegengenommen werden und Personen ohne entsprechende Papiere ohne weiteres Prüfverfahren zurückgewiesen werden.

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Österreichs Reaktion

Die Entscheidung könnte insbesondere für Österreich Konsequenzen haben. Der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagierte mit deutlichen Worten auf die deutsche Initiative. Karner betonte, Österreich erwarte, dass sich Deutschland an die europäischen Rechtsvorschriften halte. Eine Missachtung dieser Vorgaben werde man „nicht akzeptieren“. Aus europarechtlicher Perspektive sind pauschale Zurückweisungen an den Grenzen nur unter bestimmten Ausnahmebedingungen zulässig.

Die österreichischen Behörden bereiten sich offenbar auf mögliche Auswirkungen vor. Aus dem Innenministerium verlautete, die Polizei werde ihre Maßnahmen entsprechend der sich entwickelnden Situation anpassen.

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Dobrindt plant unterdessen, die deutsche Grenzpolizei personell zu verstärken, um seine neue Politik effektiv umsetzen zu können.

Widerstand aus Polen und rechtliche Bedenken

Österreich steht mit seiner Kritik nicht allein da. Die polnische Regierung hat eine offizielle Protestnote an Berlin gerichtet und die deutschen Grenzmaßnahmen als „unilateralen Schritt“ bezeichnet, der gegen EU-Recht verstoße. Polen bereitet bereits eine Verstärkung seiner eigenen Grenzkontrollen vor und erwägt rechtliche Schritte auf EU-Ebene.

EU-Kommissionssprecherin Ylva Johansson hat darauf hingewiesen, dass das deutsche Vorgehen im Konflikt mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) steht, das pauschale Zurückweisungen ohne individuelle Prüfung untersagt. Experten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verweisen zudem auf ein Grundsatzurteil von 2022, wonach EU-Mitgliedstaaten auch bei vorübergehenden Grenzkontrollen das Recht auf Asylantragstellung gewährleisten müssen.