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Sendungskonzept

Hinter Gittern gehört: Café LG – Eine Radioplattform für Gefangene

(FOTO: zVg)
Monika Mokre und Robert Bogic vor der Justizanstalt Josefstadt. (FOTO: zVg)

KOSMO hat mit Monika Mokre und Robert Bogic vom Café LG auf Radio Orange über die Entstehung des Sendungskonzepts gesprochen, das Gefangenen, insbesondere nicht deutschsprachigen, eine wichtige Kommunikationsplattform bietet. Erfahre mehr über die Resonanz der Zuhörerinnen und Zuhörer und die Zukunftsvision für die Förderung der Rechte von Gefangenen und ihrer Angehörigen in Österreich.

INTERVIEW

KOSMO: Wie entstand die Idee für Café LG?

Monika Mokre und Robert Bogic: Wir haben das Sendungskonzept entwickelt, um Gefangene, und insbesondere diejenigen von ihnen, die nicht deutschsprachig sind, zu unterstützen, da wir hier viele Probleme sehen. Es ist schwierig für die Angehörigen, den Kontakt mit den Gefangenen aufrechtzuerhalten, insbesondere wenn sie nicht gut deutsch sprechen und/oder nicht in Österreich leben. Auch gibt es kaum Möglichkeiten für nicht deutschsprachige Gefangene, Informationen zu erhalten, ihre Rechte durchzusetzen und insgesamt mit der Gefängnisverwaltung zu kommunizieren. Daher füllt Café LG hier eine wichtige Lücke, bisher in erster Linie für die BKS Community.

Die Sendung hat sich auch aufgrund der Wünsche der Gefangenen und ihrer Angehörigen so entwickelt. Am Beginn wurde in erster Linie Musik gespielt, es gab diverse Informationen und Ankündigungen, zugleich wurden auch Anrufe mit Grüßen an Freund*innen und Verwandte angenommen. Sehr bald wurden diese Anrufe in erster Linie von Angehörigen von Gefangenen genützt und es wurde deutlich, dass es gerade hier einen großen Bedarf gibt. Wir sehen es als eine wichtige Aufgabe für ein freies Radio mit einem gesellschaftspolitischen Anspruch, dort zu unterstützen, wo Menschen ausgegrenzt werden.

KOSMO: Was motiviert Euch dazu, Euch für die Rechte von Gefangenen und ihren Angehörigen einzusetzen?

Monika Mokre und Robert Bogic: Wir denken, dass alle sich für diejenigen einsetzen sollten, denen es – aus welchen Gründen auch immer – schlechter geht als ihnen. Viele Leute im Gefängnis hatten einfach ein schweres Leben oder irgendwann einmal Pech; das ist kein Grund, sie abzuschreiben. Man sollte eine Gesellschaft daran messen, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht und ob es ihr gelingt, Ausschlüsse zu vermeiden.

KOSMO: Wie hat sich die Resonanz der Zuhörerinnen und Zuhörer auf Café LG seit seinem Start entwickelt?

Monika Mokre und Robert Bogic: Wie gesagt, war es der Wunsch der Gefangenen und Angehörigen, die Sendung so zu gestalten, wie sie sich jetzt darstellt, als eine einfache und sichere Form, Kontakt mit Gefangenen zu halten – auch wenn aufgrund der Bedingungen im Gefängnis nur eine einseitige Kommunikation möglich ist: Angehörige können Grüße schicken, Gefangene können sich wegen der Einschränkungen der telefonischen Kommunikation im Gefängnis nicht in der Sendung zu Wort melden. Die Resonanz war von Anfang an enorm und hat sich schnell gesteigert, weil es sich in der BKS Community herumgesprochen hat, dass man auf diese Art Kontakt mit Familienmitgliedern und Freund*innen im Gefängnis halten kann.

KOSMO: Welche Geschichten von Café LG sind Euch besonders im Gedächtnis geblieben?

Monika Mokre und Robert Bogic: Am berührendsten sind die Sprachnachrichten, in denen Kinder ihre Väter oder Mütter grüßen oder auch nur die Stimme von Babies und Kleinkindern zu hören sind, als Gruß ins Gefängnis. Schön ist es auch, wenn Partner*innen regelmäßig Nachrichten schicken und damit öffentlich zeigen, dass sie zu ihrer Beziehung stehen.

KOSMO: Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung und Durchführung der Sendung, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation mit den Gefangenen?

Monika Mokre und Robert Bogic: Die Sendung wie auch die Vorbereitung von Informationen für die Gefangenen sind sehr arbeitsintensiv und diese Arbeit wird seit mehr als 15 Jahren vollständig ehrenamtlich erbracht. Das ist auf Dauer schwer zu bewältigen und es wäre auch wichtig, dass noch mehr Leute sich daran beteiligen.

In Bezug auf die direkte Kommunikation mit Gefangenen gibt es viele Barrieren: Gefangene können nur zu bestimmten Zeiten über das Festnetz telefonieren und zahlen dafür sehr hohe Gebühren. Sie haben keinen Zugang zum Internet. Kommunikation muss also zu einem großen Teil über Briefe erfolgen und Briefeschreiben ist für viele Leute nicht einfach.

KOSMO: Inwiefern hat Café LG dazu beigetragen, die Barrieren zu durchbrechen, die Gefangene und ihre Angehörigen im Gefängnissystem erleben?

Monika Mokre und Robert Bogic: Die einfache Kommunikation in der Muttersprache war von Anfang an eine wichtige neue Möglichkeit für Gefangene und ihre Angehörigen, in Kontakt zu bleiben. Über den Livestream kann die Sendung weltweit gehört werden und Grüße können über Viber von überall gesendet werden. Neben Nachrichten aus Österreich und den jugoslawischen Nachfolgestaaten haben wir etwa bereits Zusendungen aus Frankreich, Schweden, Spanien, den Emiraten und der Dominikanischen Republik erhalten.

Seit Café LG und die Union für die Rechte von Gefangenen die Sendung gemeinsam gestalten, werden auch laufend Informationen zur Situation im Gefängnis, zu den Rechten von Gefangenen und den Aktivitäten der Union in der Sendung präsentiert, in BKS, Deutsch und zeitweise auch anderen Sprachen.

Café LG auf Radio Orange

Schicke deine Nachrichten jeden Sonntag ab 21.00 per Viber an +43 664 662 1348! Du kannst Sprachnachrichten in jeder Sprache schicken. Auch Textnachrichten auf BKS, Deutsch und Englisch sind möglich; die Nachrichten werden vom Moderator Robert vorgelesen.

Oder rufe live zwischen 21.00 und 22.00 unter +431 319 09 99 33 an.

Hier findest du die aktuellen Sendungen: Café LG

KOSMO: Könnt Ihr uns mehr über die Union für die Rechte von Gefangenen erzählen und wie sie mit Café LG zusammenarbeitet, um Gefangenen eine Stimme zu geben?

Monika Mokre und Robert Bogic: Die Union für die Rechte von Gefangenen ist die bisher einzige selbst organisierte Vertretung von Strafgefangenen; sie wurde Ende 2022 in der Justizanstalt Stein gegründet. Alle Gefangenen können ordentliche Mitglieder werden und zahlen keinen Mitgliedsbeitrag. Die Union wird von außerordentlichen Mitgliedern außerhalb des Gefängnisses unterstützt.

Die Union hat zwei Aufgabenbereiche, einerseits die Unterstützung von Gefangenen, sowohl bei individuellen Anliegen als auch in Bezug auf allgemeine Probleme im Gefängnis, und andererseits Öffentlichkeitsarbeit, um mehr Bewusstsein und Verständnis außerhalb des Gefängnisses zu schaffen. In beiden Bereichen ist die gemeinsame Arbeit mit Café LG sehr wichtig.

Es ist auch immer eine Herausforderung für die Union, Kontakt zu Personen in Gefängnissen aufzubauen, in denen es noch keine Mitglieder gibt. Hier spielt die Verbreitung von Informationen über die Union in Café LG eine wichtige Rolle. Zugleich hatte die Union vor der gemeinsamen Arbeit mit Café LG noch wenig Kontakt mit Angehörigen und diese Kontakte werden nun ausgebaut. Dafür ist der Livestream von Radio Orange sehr wichtig, der weltweit gehört werden kann, allerdings nur außerhalb des Gefängnisses, da Gefangene ja keinen Internetzugang haben.

Durch die Einbeziehung der Union verändert sich andererseits der Charakter von Café LG, indem zusätzlich zur direkten Kommunikation von Gefangenen und ihren Angehörigen vermehrt Informationen vermittelt werden.

KOSMO: Welche Zukunftsvision habt Ihr für Café LG und die Arbeit zur Förderung der Rechte von Gefangenen und ihren Angehörigen in Österreich?

Monika Mokre und Robert Bogic: Café LG kann bisher über die Radiofrequenz nur in Wien und Umgebung gehört werden und der Livestream im Internet steht Gefangenen nicht zur Verfügung. Daher bemühen wir uns jetzt darum, die Sendung österreichweit über andere freie Radios auszustrahlen, damit sie auch in den Justizanstalten außerhalb von Wien gehört werden kann.

Bisher ist die Reichweite von Café LG in erster Linie auf die BKS und die deutschsprachige Community beschränkt. In Zukunft soll Café LG Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten in allen Hauptsprachen in den Gefängnissen bieten. Bereits jetzt gibt es Informationsangebote in mehreren Sprachen auf der Facebook-Seite von Café LG, die in die Sendung eingebaut werden sollen. Wir erwarten, dass wir dann auch Nachrichten in diesen Sprachen erhalten.

Um in der Folge mehr Nachrichten an Gefangenen unterzubringen und auch längere Informationsblöcke auszustrahlen, muss schließlich auch die Sendezeit verlängert werden. Das würde es uns auch ermöglichen, Musikwünsche zu erfüllen – dieser Wunsch kommt oft von den Hörer*innen, kann im jetzigen Format aber aus Zeitgründen nicht erfüllt werden.

Wir bemühen uns, Informationen über Café LG und die Union für die Rechte von Gefangenen medial zu verbreiten und sind daher auch sehr dankbar für die Möglichkeit dieses Interviews mit KOSMO. Wir hoffen, dass die Leser*innen von KOSMO die Informationen in ihren Communities weiter verbreiten werden.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.