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„Ich würd‘ mich“: Warum wir uns alle ein bisschen geil finden sollten

FOTO: iStockphoto

Selma Tahirović ist eine aufstrebende junge Bloggerin, die auf dem Portal „nichtnochein0815blog“ zu verschiedensten Alltagsgeschichten schreibt – und das auf eine unverfälschte, ehrliche und irrsinnig unterhaltsame Art und Weise. Grund genug, unsere Leser von nun an regelmäßig mit ihren Blogeinträgen zu versorgen…Reinlesen lohnt sich!

Vielleicht bin ich etwas spät dran, aber ich würde mal echt gern ein fettes Throwback an 2017 „rausshouten“. An das Jahr in dem ich endlich gelernt hab, mich richtig geil zu finden. In dem ich mich plötzlich vor meinem Spiegel wiederfand und mir dachte „Heasd, eigentlich schaut dein Arsch nicht einmal so oag breit aus und deine Hüften machen einen ultra schönen Bogen runter und bilden eine großartige Kurve dabei! Ohaaaa, seit wann hab‘ ich so eine schön geformte Taille?!“ Da hats‘ dann plötzlich Klick gemacht. Einfach so, wie aus dem Nichts kam mir der Gedanke:

„Ich würd‘ mich!“

Und dieser Grundgedanke hat auf einmal alles verändert.

Der perfekte Moment

Zum Beispiel, dass ich nach dem Aufstehen beim ersten Anblick meines versifften, ungeschminkten Ichs nicht mehr in Ohnmacht fall‘. Sondern mich anschau‘ und dabei entschlossen denk‘: „Okay, heute gehst du mal ohne Make-Up raus!“

Und das is‘ er, dieser Moment, wenn du dich freust, dass du in letzter Zeit nicht mehr so viel Schokolade gefressen hast und dadurch deine Haut mega rein ist. Der Moment, in dem du deine Haare betrachtest und stolz auf dich bist, weil du nicht zu faul warst jedes Mal Kokosöl in deine trockenen Spitzen zu massieren, damit sie genau an so einem ungeschminkten Tag unglaublich gesund aussehen.

Ja, in so einem Moment schaust du dich an, lächelst und denkst dir: „Fuck, eigentlich schaut dein Mondgesicht ohne zugekleisterter Fresse auch ganz süß aus!“ Ich glaub‘ in genau so einem dieser Momente hab‘ ich mich endgültig in mich selbst verliebt.

Und so steh‘ ich dann am selben Tag ungeschminkt im schrecklichen Umkleidekabinen-Licht des New Yorkers, in einem viel zu engen Croptop, mit einer am Po kneifenden Jeans vorm Spiegel und sag‘ zu mir: „Wieso kannte bisher niemand deinen Bauchnabel?“ Dabei dreh ich mich noch dreimal im Kreis und betrachte mich von allen Seiten. „Es wird an der Zeit, dass ihn alle ‘mal kennenlernen!“, schießts mir dann durch meinen Kopf, während ich selbstbewusst mit meinem neuen Croptop im Sackal aus dem Geschäft spazier‘.

Schmutzige Selbstliebe

Fakt ist jedoch, dass ich die Schnauze voll hab‘ von diesem „Liebe dich selbst-Gelaber“. Ich will rohe, schmutzige Selbstliebe. Die Art von Zuneigung, bei der ich anfange mit mir selbst zu flirten, weil es genug Momente in meinem Leben gab, in denen es niemand sonst tun wollte. Mir selbst Komplimente mache, die ich mit einem gespielten spanischen Akzent ausspreche, wenn ich ein neues Outfit ausprobier‘: „Ay, Mami! Du bist heiß wie Feuer!“ Danach noch ein bisschen Catwalk-Feeling in mein Zimmer bring, während ich „This Girl is on Fire“ von Alicia Keys gröle, über meinen Teppich stolziere und fast über meine eigenen Füße stolper‘.

Das ist die Art von Selbstliebe, die wir alle brauchen. Diese Begierde, die meine Mitmenschen in Verlegenheit bringen könnte. Die High fives, die ich mir regelmäßig innerlich gebe, wenn ich von Menschen Abstand nehme, die eher meine Zeit verschwendet haben als sie irgendwie zu prägen. Ich es geschafft habe mein Lieblingslied ohne Fehler zu rappen oder mich wie ein Gangster mit Sonnenbrille ins Auto setze und mich unglaublich cool fühl‘.

In sich selbst verliebt zu sein heißt aber auch, ganz oft mal NEIN zu sagen. NEIN, zu unnedigen Vollidioten. NEIN, zu low-fat-Produkten, weil sie einfach Scheiße schmecken und NEIN zu irgendwelchen Kommentaren von Personen, die mich nicht mal ansatzweise kennen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit, als mir klar wurde, dass meine neue Einstellung und Sichtweise auf meinen Körper, sowie Persönlichkeit so viel bezwecken kann. Eigentlich schade, dass ich mich jahrelang so gehasst hab‘, anstatt es in die Welt zu schreien wie unglaublich leiwand ich mich find‘.

Joggen, Chips & Ausstrahlung

Um endlich zu der Pointe dieses Blogeintrags zu kommen: All‘ die Dinge, die wir an uns verändern, sollten wir für uns selbst tun. Wir sollten aufhören uns andauernd mit irgendwelchen Victoria’s Secret-Models zu vergleichen, wenn wir uns mit ‘ner Packung Chips auf der Couch auch ziemlich wohl fühlen – weil wir ganz genau wissen, dass wir zu faul sind 20 Kg abzunehmen, um wie Candice Swanpoel durch die Welt zu schweben.

Dass die Joggingrunde, zu der wir uns einigermaßen überreden konnten, nicht automatisch dazu dient unsere Fettpölsterchen zu reduzieren, sondern weil wir einfach Lust dazu hatten unseren Körper in etwas Action zu sehen. Und ja, wir uns für diesen scheinbar unerreichbaren Job bewerben, obwohl die Chancen ziemlich beschissen stehen, dass wir die Stelle bekommen. Warum zur Hölle sollten wir es nicht versuchen?

Genau so wie wir uns selbst wahrnehmen, nehmen uns unsere Mitmenschen auch wahr – aber natürlich alles in Maßen, bitteschön! Deswegen ist es okay uns selbst ein bisschen „geil“ zu finden. Es ist auch absolut in Ordnung uns in einigen Dingen besser einzuschätzen als manch‘ andere, solange wir nicht zu einem narzisstischen Idioten werden.

Sei dein eigener größter Fan, Verehrer und Freund, dann geht alles andere von selbst.

Selma Tahirovic

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