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INTERVIEW

Rade Šerbedžija: „Ohne meine Leute und mein Volk bin ich nichts“

FOTO: Albin Melez

Rade Šerbedžija, die größte Legende unter den balkanischen Schauspielern, gab kürzlich ein Konzert im Theater Akzent in Wien. KOSMO nutzte diese großartige Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem vielseitigen und weltberühmten Künstler.

KOSMO: Wenn Sie heute noch einmal am Beginn Ihrer Karriere stünden und sich für eine einzige künstlerische Ausdrucksform entscheiden müssten, wäre es dann das Schauspiel oder die Musik? Und warum?

Rade Šerbedžija: Ich habe keine Ahnung, glauben Sie mir… Früher, in Vinkovci, habe ich davon geträumt, Literaturprofessor zu werden… Ich habe mich nicht einmal getraut, davon zu träumen, dass ich Dichter würde. Aber ich möchte sagen, dass Literatur und Schreiben in meiner Jugend meine größten Leidenschaften waren… Aber offensichtlich waren Film und Theater dann doch die beste Wahl in meinem „Porträt einer Künstlerjugend“.

In der Ankündigung Ihrer Konzerte mit der Band „Zapadni kolodvor“ betonen die Veranstalter, dass Sie ein Schauspieler von Hollywood-Ruhm sind. Leben Sie wie die anderen Stars in Hollywood? Mit welchen der weltberühmten Schauspieler sind Sie befreundet?

Nun, unter meinen engen Freunden sind schon ein paar sehr bekannte Künstler. Da ist vor allem Vanessa Redgrave, die der gute Geist meiner ganzen Familie ist. Wir stehen uns so nahe, dass wir mit ihrer ganzen Familie fast schon verwandt sind… Das ist eine tiefe und echte Freundschaft. Und dann sind da noch Ralph  Fiennes, John Turturro, Annette Bening, Glenn Close und Phillip Noyce, mit dem ich „The Saint“ gedreht habe. Es gibt noch viele weitere Leute aus der Welt des Films und des Theaters, die enge Freunde von mir sind. Ich bin sehr froh, dass ich sie kennengelernt habe.

Trotz allem, was passiert ist, hat Rade noch immer Freunde in ganz Ex-Jugoslawien.

Vor kurzem wurden Sie für Ihre Rolle in der Vorstellung „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ beim 28. Festival „Dani Zorana Radmilovića“ zum besten Schauspieler gewählt. Sie treten sehr häufig in der Region auf. Wo ist eigentlich ihre emotionale und professionelle Basis?

Es ist ein schönes Gefühl, dass ich nach allem, was im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien passiert ist, noch immer all diese Städte besuche und all die Leute treffe, die „meine Leute“ sind. Ich bin froh, dass ich ihnen über meine Lieder, die ich singe, und die Rollen, die ich spiele, etwas zu sagen habe. Auch wenn ich irgendwie zu diesem „Weltruhm“ gekommen bin, ohne meine RAJA, ohne mein Volk, wäre ich NICHTS.

Neben ihrer schauspielerischen und musikalischen Arbeit führen Sie als Professor auch junge Menschen in die Welt der Schauspielerei ein. Wie unterscheiden sich Ihre Studenten von Ihrer Generation, als Sie in diesem Alter waren? Stimmt es, dass sich heute alles auf eine Instant-Kunst, zwischenmenschliche Beziehungen und Liebe beschränkt?

Nein, überhaupt nicht! Die jungen Leute sind genauso jung, wie wir es waren, und genauso begabt und besonders. Ich glaube an sie und möchte ihnen gerne helfen, so sehr ich kann. Ich arbeite gerne mit Schauspielstudenten. Ich kann von ihnen viel lernen und bin froh, wenn es mir gelingt, sie in ihrem künstlerischen Reifeprozess zumindest ein bisschen zu unterstützen.

„Ich habe davon geträumt, Literaturprofessor zu werden.“
Rade Serbedžija

Vor vielen Jahren hat ihre Interpretation von Gedichten, vor allem von Arsen Dedićs „Ne daj se, Ines“, vielen die Liebe zur Dichtung vermittelt. Haben sich die Zeiten geändert? Haben die Menschen heute noch die Kraft für Liebe und Zärtlichkeit?

Natürlich. Vielleicht sind die neuen Generationen etwas wählerischer, was den Geschmack hinsichtlich der Dichtung und der Kunst überhaupt angeht, aber das ist der Geschmack der Zeit und das ist etwas, womit wir Älteren uns abfinden müssen. Eine neue Sensibilität bestimmt die Regeln in der Kunst und wir haben nicht das Recht, mit unseren alten Grundsätzen und Kriterien über die Kunst zu urteilen…

„Ich kann viel von den Schauspielstudenten lernen und ich bin froh, wenn es mir zumindest ein bisschen gelingt, sie in ihrem künstlerischen Reifeprozess zu unterstützen.“(FOTO: Albin Melez)

Sie waren ein Liebling vieler berühmter Leute, darunter auch Miroslav Krleža, der Sie sogar in seinem Testament erwähnt hat. Bitte erzählen Sie mir, worum es da ging.

Ah… Das ist die Geschichte einer berührenden Zuneigung zwischen einem so großen und bekannten Schriftsteller und einem jungen Schauspieler… Der Schriftsteller mochte meine Emotionalität und Intelligenz sehr und dachte, dass ich sein geborener Leone bin. Das hat er mir oft in unseren Gesprächen und Zusammentreffen gesagt.

Aber dann ist er gestorben und hat nicht mehr gesehen, wie ich seinen Leone gespielt habe. Ich habe ihn ihm selber nachempfunden, seiner Intelligenz, seinem Temperament und seiner ganz besonderen Art. Ja, ich war glücklich, weil ich es mir passiert war, dass ich mit einem so großen Literaten befreundet war. Und am Ende hat er mir in seinem Testament seinen Borsalino-Hut vermacht.

Manchmal setze ich ihn auf, wie ich es ihm versprochen habe, und gehe damit in den Straßen Zagrebs spazieren…

„Heute sind die jungen Leute genauso jung, begabt und besonders, wie wir es waren.“
Rade Serbedžija

Sie haben betont, dass Sie in dem Interview nicht über Politik sprechen wollen, aber dann muss ich Ihnen am Ende eine persönliche Frage stellen: Es ist bekannt, dass Sie immer schon ein Liebling der Frauen waren, und die Medien behaupten, dass auch Sie ihnen nicht abgeneigt waren. Ist das noch heute so und wenn ja, wie wehren Sie sich dagegen und wehren Sie sich überhaupt?

Ich gebe es ehrlich zu – Frauen sind für mich Heilige… Ich liebe sie als Mütter und Geliebte und Töchter. Frauen sind das Perfekteste, das Gott geschaffen hat, und wenn er sie geschaffen hat, bin ich ihnen für immer untergeben.

„Frauen sind für mich das Perfekteste und ich bin ihr ewiger Untergebener!“
Rade Serbedžija