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KOSMO CLASSICS

Café „Jet-set”: So feierte die Jugo-Jugend in den 90er in Wien

Café „Jet-set”: So feierte die Jugo-Jugend in den 90er in Wien (FOTO: KOSMO, zVg.)

Unsere Zeit ist schnelllebig, alles verändert sich ständig. Für die jüngere Generation ist das normal, aber die etwas Älteren erzählen mit Nostalgie von den alten Zeiten. Ihren Erinnerungen widmen wir diese Rubrik in unserem Magazin.

Die neue Rubrik in KOSMO eröffnen wir mit einem Gespräch mit Zoran Trajković (52), der in Kovin geboren ist, aber mit zweieinhalb Jahren mit seinen Eltern nach Wien kam. Er sagt, dass das Leben in der Hauptstadt der Alpenrepublik in den siebziger Jahren anders war. Seine Erfahrungen in zwischenmenschlichen Beziehungen sammelte er vor allem in Club „Jedinstvo” und später in seinem eigenen Café „Jet-set”, das er 1994 eröffnete. Für unsere Jugendlichen war dies ein beliebter Treffpunkt.

KOSMO: Wie lebte unsere Gemeinschaft, als Sie jung waren?
Zoran Trajković: Ich gebe Ihnen ein Beispiel, aus dem Sie viele Schlüsse ziehen können. Mein Vater spielte für den Club „Jedinstvo” Fußball. Jeden Sonntag war er mit seinen Freunden im Stadion, wo es keine Umkleidekabinen und keine Duschen gab. Sie zogen sich im Freien um und keinen störte das. Die Fußballer gingen nach den Spielen immer mit ihren Frauen zu irgendjemandem in die Wohnung, und damals waren die Wohnungen sehr klein. Aber niemanden störte die Enge, wichtig waren nur die Geselligkeit und diese wunderbaren Freundschaften. Zwischen den Menschen herrschte mehr Ehrlichkeit als heutzutage.

Gab es in Ihrem Lokal auch so eine schöne Geselligkeit?
Ja! Das „Jet-set” habe ich 1994 eröffnet und habe es volle acht Jahre lang geführt. Die Stammgäste waren meine Freunde, so ca. 40 bis 60 Personen. In dieser ganzen Zeit ist es zu drei kleinen Zwischenfällen gekommen, und das nur, weil Fremde dazugekommen sind und Probleme gemacht haben. Ich erinnere mich, dass wir manchmal bis sieben Uhr in der Früh im Café waren, anschließend alle gemeinsam schwimmen gegangen sind und uns am Nachmittag wieder im Lokal getroffen haben. Die Polizei ist nur sehr selten vorbeigekommen, um uns zu ermahnen, dass wir zu laut waren.

Ich erinnere mich, dass wir manchmal bis sieben Uhr in der Früh im Café waren, anschließend alle gemeinsam schwimmen gegangen sind und uns am Nachmittag wieder im Lokal getroffen haben.

Zoran Trajković

Welche Angebote hatten Sie in Ihrem Lokal?
Man spielte Darts und einmal im Monat hatten wir ein Turnier. Im Winter haben wir eine Fußballmannschaft gebildet, die an Hallenturnieren teilgenommen hat. Nach den Spielen kamen wir gemeinsam mit den Fans ins „Jet-set”. Wir haben Musik gehört, meistens Volksmusik, aber manchmal auch Unterhaltungsmusik und internationale Hits. Wenn ich einen Kolo gespielt habe, haben alle getanzt, und da das Lokal klein war, sind sie hinausgegangen und haben auf der Straße weitergetanzt.

Welches Publikum traf sich da 1994 in Ihrem Lokal?
Zuerst waren es junge Menschen aus ganz Ex-Jugoslawien, die in Wien geboren und aufgewachsen waren. Die Teilungen in unserem Heimatland haben sich lange auf uns nicht ausgewirkt, denn wir waren aufgewachsen, ohne über unsere ethnische Herkunft nachzudenken. Ich habe im Lokal das orthodoxe Neujahrsfest gefeiert, und es war normal, dass neben den Serben auch Kroatien und Bosniaken dabei waren. Auch Österreicher gab es, aber das waren nicht viele und sie kamen nicht oft. Im Lokal wurde überwiegend unsere Sprache gesprochen und unsere Musik gehört, und das war für sie sicher nicht so angenehm.

Die Teilungen in unserem Heimatland haben sich lange auf uns nicht ausgewirkt, denn wir waren aufgewachsen, ohne über unsere ethnische Herkunft nachzudenken.

Zoran Trajković

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Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.