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DEN HAAG

Šešelj rechtskräftig verurteilter Kriegsverbrecher – Balkan gespalten

Vojislav Šešelj
(FOTO: Hag/ ICTY)

Das Urteil des Berufungssenats in Den Haag im Fall Šešelj fällte, löste in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens eine Lawine an Kommentaren aus.

Vojislav Šešelj wurde gestern wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Jugoslawien-Krieg zu zehn Jahren Haft verurteilt. Mit diesem rechtskräftigen Urteil hob der Nachfolgemechanismus des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag den Freispruch aus dem Jahr 2016 (KOSMO berichtete) auf.

Angesichts der Tatsache, dass sich Šešelj im Februar 2003 selbst gestellt hat und fast zwölf Jahre im Gefängnis des Tribunals verbrachte, stellte das Gericht fest, dass er die Strafe bereits verbüßt habe. Der Berufungssenat sprach Šešelj für Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. Der Verurteilte war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.

Zwiegespaltene Reaktionen
Während aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina kommentiert wurde, dass der Anführer der Serbischen radikalen Partei eine höhere Strafe verdient habe, sind die Meinungen über das Urteil in Serbien geteilt. Der Demokratische Verband der Kroaten in der Vojvodina (Demokratski savez Hrvata u Vojvodini) ist der Meinung, dass der Gerechtigkeit nur teilweise genug getan wurde.

„Es ist zu erwarten, dass mit diesem Urteil die politische Vergangenheitsbewältigung in der Region besser wird. Mit dem Urteil wurde all das, was die Mitglieder der kroatischen Gemeinde behaupteten, bestätigt. Und zwar, dass es Verbrechen an den Kroaten in der Vojvodina gab, auch wenn es sich um ein Gebiet handelt, in dem es offiziell keinen Krieg gab“, so der Vorstand des Verbandes, Tomislav Žigmanov.

Andere Töne waren aus dem serbischen Parlament zu hören. Der Abgeordnete Marijan Risticević erklärte im Interview für „N1“, dass das Urteil die Beziehungen am Balkan nur verschlechtern werde: „Da ich selbst in Srem lebe, kann ich bestätigen, dass Herr Šešelj, abgesehen eines verbalen Deliktes, keine Straftaten begangen hat – weder in Hrtkovici noch in Slankamen.“

Das Urteil lies auch Zagreb nicht kalt. Miro Kovač (HDZ) sprach von einer moralischen Satisfaktion, die dieser Gerichtsentscheid mit sich brachte: „Ich hoffe und erwarte, dass das Urteil vonseiten der serbischen Regierung ernstgenommen wird.“

Teilweise zufrieden zeigten sich die „Mütter Srebrenicas“. Sie sind der Meinung, dass Šešeljs Ideologie eines Großserbiens Angst und Schrecken in der gesamten Region und nicht nur in der Vojvodina verbreitete.