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Erbe

Staat muss für ungültiges Testament 1,5 Millionen Euro zahlen

(FOTO: wikimedia/Gugerell/iStock/Gajus)
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Die Republik steht vor der Aufgabe, die legitimen Erben eines Mannes finanziell zu entschädigen, nachdem sich sein Testament aufgrund eines gemeinsamen Fehlers von Notar und Richter als ungültig herausstellt. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Obersten Gerichtshofs hervor (OGH 20.9.2023, 1 Ob 102/23s).

Ein Mann vererbte 1,5 Millionen Euro per handschriftlicher Verfügung an seine Pflegerin, obwohl das Testament ungültig war. Sowohl Notar als auch Richter übersahen den Fehler. Das Oberste Gerichtshofurteil verpflichtet die Republik Österreich nun zur Entschädigung der wahren Erben.

Der Erblasser, ein kinderloser Pensionist, verstarb 2016. Zwei Tage nach seinem Tod übergab die Pflegerin zwei Schlüssel und eine handschriftliche Verfügung an den Notar, die undeutlich formuliert war. Dennoch werteten Notar und Gericht sie als Testament, und die 1,5 Millionen Euro gingen an die Pflegerin.

Die gesetzlichen Erben, Cousins und Großcousins in Italien, fochten das Testament an, gewannen, aber konnten das bereits ausgegebene Erbe nicht zurückholen. Sie klagten auf Amtshaftung gegen die Republik, da Notar und Gericht im Auftrag des Staates handelten. Das Oberste Gericht gab den gesetzlichen Erben recht, und die Republik muss nun Schadenersatz zahlen.

Höchstgericht drehte Entscheidung

Vor dem Landesgericht und dem Oberlandesgericht Innsbruck verloren die Erben. Doch der Oberste Gerichtshof sah den Fall anders und gab den gesetzlichen Erben recht. Notar und Gericht hätten das Schriftstück kritischer prüfen müssen, da es eher auf eine Vollmacht hindeutete. Zudem hätte das Gericht den gesetzlichen Erben mehr Zeit zur Geltendmachung ihrer Ansprüche geben müssen.

Die Republik Österreich muss nun Schadenersatz zahlen, zumindest an jene Erben, die dem Gericht während des Verfahrens bereits bekannt waren. Die genaue Höhe wird weiter verhandelt, der Schaden dürfte jedoch mehrere 100.000 Euro betragen.

Vererbung an Pfleger erlaubt

Der Oberste Gerichtshof erlaubt generell Testamente, die Pflegekräfte als Begünstigte einsetzen, obwohl Pflegekräfte keine Geschenke während der Betreuung annehmen dürfen. Dieses Verbot dient dem Schutz der Erblasser zu Lebzeiten, nicht ihren gesetzlichen Erben.

1,8 Millionen Euro Erbe für Pflegerin: Mann hinterlässt Ehefrau nichts

Die aktuelle Rechtslage ist jedoch umstritten. Zivilrechtler Gregor Christandl sieht die Notwendigkeit strengerer Formvorschriften bei Testamenten zugunsten von Pflegekräften und die verpflichtende Einbindung einer dritten Person, z.B. eines Notars, um sicherzustellen, dass das Testament ohne Druck erstellt wurde.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.