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REPORTAGE

Vergewaltigungsdrogen treiben in den Wiener Clubs ihr Unwesen

"Im Laufe der Zeit wurde mir plötzlich heiß, aber nicht wie gewohnt."
Johanna: „Im Laufe der Zeit wurde mir plötzlich heiß, aber nicht wie gewohnt.“ (FOTO: iStock)

Von der Party zur Anzeige
Am nächsten Tag mit einem schwarzen Loch im Gedächtnis aufgewacht – Betroffene wissen häufig nicht, was geschehen ist und ob oder in welcher Form und von wem ihnen möglicherweise Gewalt angetan wurde. Oft gibt es nur ein vages Gefühl, dass es zu einem sexuellen Übergriff oder zu einer Vergewaltigung gekommen ist. Nun, was soll das Opfer tun, wenn sie sich an gar nichts erinnern kann?

„Erfahrungsgemäß macht es durchaus Sinn, eine Anzeige zu machen (wegen des vermuteten Delikts, z. B. Vergewaltigung, Körperverletzung). Diese sollte sehr gut vorbereitet sein bzw. gut begleitet sein. Betroffene haben das Recht auf vom Justizministerium finanzierte (und daher für sie selbst kostenlose) juristische und psychosoziale Prozessbegleitung. Ganz wichtig: die Beweislage ist (wie bei allen Sexualdelikten) bedeutsam”, so Mag.a Dietz. „Der Ermittlungserfolg hängt maßgebend von vorhandenen Sachbeweisen ab – wir sprechen hier von gut bzw. bestenfalls im Krankenhaus professionell dokumentierten Verletzungsspuren sowie gesicherten DNA-Spuren, wenn ein körperlicher oder sexualisierter Übergriff stattgefunden hat bzw. auch wenn nur eine diffuse Erinnerung daran nahelegt, dass ein solcher stattgefunden haben könnte”, erklärt uns Mag.a Dietz.

Für eine ordnungsgemäße Beweislage sorgen Spuren von K.O.-Tropfen im Blut oder die Spuren von einem sexuellen Missbrauch.

„Ganz wichtig: die Beweislage ist (wie bei allen Sexualdelikten) bedeutsam”

„Ein Nachweis von K.O.-Mitteln in Körperflüssigkeiten (Harn, Blut) ist, je nach Wirkstoff, mitunter weniger als 1 Tag lang nach dem Vorfall möglich. Daher heißt es rasch zu handeln. Proben sollten möglichst rasch genommen werden. Wir raten aber auch nach einem Zeitfenster von 24 Stunden trotzdem zur Probenabnahme in ein Labor (hier muss auf klare Beschriftung der Proben z. B. mit Nummer des Lichtbildausweises, geachtet werden) oder Krankenhaus zu gehen, da ja möglicherweise auch länger nachweisbare Substanzen verabreicht worden sein könnten”, so Mag.a Steiner.

Nach dem K.O.-Vorfall rasch zu handeln, kann für die Erhebung der Anklage ausschlaggebend sein!

„Die Chance, dass die Staatsanwaltschaft Klage erhebt, steigt, je besser die Beweislage bei der Anzeige ist. Und damit steigen auch die Chancen, dass die StA den Auftrag zur Analyse auf KO-Mittel erteilt”, betont Mag.a Dietz.

K.O.-Offensive
Die Magistratabteilung MA 57 hat die Kampagne „Mich kriegst du nicht K.O.“ gestartet, um das Bewusstsein über die gefährlichen Tropfen zu wecken.

„Einerseits haben wir mit der Kampagne die Öffentlichkeit informiert was K.O. Tropfen sind und wie Frauen sich davor schützen können. Andererseits ist es uns aber auch ein wichtiges Anliegen gewesen, Frauen mitzugeben, was sie tun können, wenn sie vermuten Opfer geworden zu sein. Im Rahmen der Kampagne haben wir eine Freecard Aktion über mehrere Wochen gestartet, die Frauen und Männer auf das Thema aufmerksam gemacht hat und die wichtigsten Informationen in Kürze mitgegeben hat. Wichtig war uns dabei vor allem auch, die Nummer unseres 24- Stunden Frauennotrufes als Anlaufstelle zu verbreiten. Die passenden Plakate wurden auch auf Toiletten in Lokalen aufgehängt. Auf unserer Homepage haben wir ausführliche Informationen zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich werden wir auch in Zukunft an diesem Thema dran bleiben und weiter Akzente setzen. Wir führen auch immer wieder andere Kampagnen zu Themen des Gewaltschutzes durch, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zu informieren und Frauen mitzugeben, dass sie mit dem 24- Stunden Frauennotruf eine zentrale Anlaufstelle hier in Wien haben”, so aus der MA 57.

Mittlerweile gibt es verschiedene Produkte, die K.O. -ropfen in Getränken angeblich identifizieren können, wie z. B. Strohhalme oder Armbänder.

Mit der Kampagne „Mich kriegst du nicht K.O.“ hat die Magistratabteilung MA 57 zum Ziel, die Öffentlichkeit zu diesem Thema zu sensibilisieren.

„Solche Produkte können leider keine verlässliche Quelle sein, da es mittlerweile sehr viele unterschiedliche Substanzen gibt. Sicherer ist es niemals sein Getränk alleine zu lassen bzw. eine Freundin oder Freund bitten darauf aufzupassen, keine offenen Getränke von Fremden anzunehmen, bei Getränkeeinladungen vorsichtig zu sein. Wir raten Frauen auch stark auf ihren Instinkt zu hören. Und natürlich im Zweifelsfall immer die Polizei oder Rettung zu rufen. Auf unserer Homepage haben wir Tipps zur Vorbeugung zusammengefasst.”

K.O. Tropfen: Tipps zur Vorbeugung und Vermeidung

– Denken Sie daran, dass die Täter sowohl Fremde, neue Bekanntschaften, aber auch angebliche Freunde sein können.
Lassen Sie Getränke nie unbeaufsichtigt stehen!
– Vereinbaren Sie mit Freundinnen und Freunden, gegenseitig auf Ihre Getränke aufzupassen.
– Nehmen Sie keine offenen Getränke von fremden Personen an.
– Nehmen Sie Getränke-Einladungen nur an, wenn Sie den Weg des Glases von der Schank bis in Ihre Hand verfolgt haben.
– Vereinbaren Sie Dates mit Online-Bekanntschaften immer an öffentlichen Orten, die Sie gut kennen, und informieren Sie eine Vertrauensperson.
– Vertrauen Sie Ihrem Instinkt. Wenn Sie sich in einem Lokal oder auf einer privaten Party nicht wohlfühlen (dies könnte ein erstes Symptom sein), wenden Sie sich an eine Freundin, informieren sie sie oder verlassen Sie das Lokal oder die Party lieber. Das Lokal oder die Party alleine zu verlassen, ist aber nicht ungefährlich, da die Täter oft draußen vor dem Lokal als Hilfe anbietende Personen bereits auf die beeinträchtigte Person warten und ihnen anbieten, sich bei ihnen auszuruhen oder sich um sie zu kümmern.
– Wenden Sie sich bei plötzlichem Schwindel, Übelkeit oder einer Ihnen unbekannten enthemmenden Wirkung an eine Vertrauensperson und bitten Sie diese, bei Ihnen zu bleiben.
– Wenn Sie alleine unterwegs sind und Hilfe brauchen, wenden Sie sich an das Barpersonal.
– Rufen Sie im Zweifelsfall die Polizei unter 133 oder die Rettung unter 144.
– Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihnen K.O. Tropfen verabreicht wurden, zögern Sie nicht und haben Sie keine Scham. Sie tragen keinerlei Schuld. Handeln Sie schnell, bevor die volle Wirkung der Substanzen einsetzt.
– Auch wenn Sie die verbotenen Substanzen freiwillig eingenommen haben, machen sich Personen, die diesen Zustand ausnutzen, strafbar.

Eine graphische Darstellung darüber, wie K.O.-Tropfen auf den Körper wirken, findet ihr auf der nächsten Seite