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Bildungsoffensive

Volksschul-Revolution: Englisch wird Pflichtfach mit Noten

Kinder Volksschule lernen
(FOTO: iStock)

Praxisnäher, kürzer im Bachelor, länger im Master: Die Ausbildung für Volksschullehrende wird nach über zehn Jahren grundlegend reformiert und den aktuellen Herausforderungen angepasst.

Nach über einem Jahrzehnt stehen die Studienpläne für Volksschullehrende vor einer umfassenden Neuausrichtung. Der Südost-Verbund, bestehend aus den Bundesländern Kärnten, Steiermark und Burgenland, stellte am Donnerstag in Graz die überarbeiteten Curricula vor, die mit Beginn des Herbstsemesters in Kraft treten werden. Beatrix Karl, Rektorin der Pädagogischen Hochschule Steiermark und aktuelle Vorsitzende der PH-Rektorinnenkonferenz, betont den Paradigmenwechsel im Berufsbild: „Lehrerinnen und Lehrer müssen heute nicht mehr nur unterrichten, sondern erziehen, beraten, begleiten, fordern und fördern. Auf dieses neue Anforderungsprofil geben die neuen Studienpläne eine Antwort.“

Die Ausbildung soll künftig deutlich praxisnäher gestaltet werden. Andrea Seel, Rektorin der Privaten Pädagogischen Hochschule Augustinum, erläutert das Konzept ihres Standorts: „Je zwei Studierende sind im zweiten und dritten Semester an derselben Schule mit derselben Ausbildungsperson. Sie begleiten die Klassen so in ein neues Schuljahr.“ Es gibt auch ein zweiwöchiges Blockpraktikum im September, wo Studierende die Schuleingangsphase erleben können. Diese kontinuierliche Begleitung sei bei herkömmlichen einsemestrigen Praktika nicht realisierbar.

Ein Kernaspekt der Reform liegt darin, dass angehende Lehrkräfte schrittweise und individuell mehr Unterrichtsverantwortung übernehmen sollen. Österreichweit werden zudem Intensivpraxiswochen eingeführt, die mindestens vier zusammenhängende Wochen umfassen.

⇢ Die stille Stärke der Vielfalt

Neue Studienstruktur

Die Studienarchitektur erfährt ebenfalls eine Neustrukturierung: Der Bachelorstudiengang wird von vier auf drei Jahre verkürzt, während das Masterstudium von einem auf zwei Jahre ausgeweitet wird. Rektorin Karl unterstreicht jedoch, dass der Masterabschluss für das Lehramt an Volksschulen verpflichtend bleibt und berufsbegleitend absolviert werden kann.

Mehr Gestaltungsfreiheit für Studierende steht ebenfalls im Fokus der Reform. In Kärnten beispielsweise bietet bereits der Bachelorstudiengang 27 verschiedene Vertiefungsmöglichkeiten, wie PH Klagenfurt-Rektor Sven Fisler ausführt. Die Kärntner Ausbildung misst zudem der Selbstreflexion in Gruppen besondere Bedeutung bei.

Die Bereiche Inklusive Pädagogik und Mehrsprachigkeit erfahren eine deutliche Aufwertung. Sabine Weisz, Rektorin der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, hebt hervor: „Alle Studierende sollen eine inklusive Haltung entwickeln.“ Dies sei angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Heterogenität unerlässlich, um jedem Kind gerecht zu werden.

Inhaltliche Schwerpunkte

Im Sprachbereich wird Englisch ab Herbst für Drittklässler in Volksschulen zum Pflichtfach mit Benotung. Die schrittweise Implementierung begann bereits 2023/24 in den ersten Klassen als unverbindliche Übung. Für bereits aktive Lehrkräfte sind bei Bedarf entsprechende Fortbildungsangebote vorgesehen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und Medienbildung. Diese Themen sollen fächerübergreifend integriert werden und mindestens drei ECTS-Punkte im Studienplan umfassen. Zusätzlich werden die Bereiche Gewaltprävention, Elternkooperation und Mobbing durch erweiterte Vertiefungsmöglichkeiten gestärkt.

Die Nachfrage nach dem Lehramtsstudium für Volksschulen zeigt sich ungebrochen hoch. „Wir haben ca. 280 Anmeldungen und etwa 190 Studienplätze“, berichtet Beatrix Karl und verzeichnet einen Anstieg des Interesses. Auch Andrea Seel bestätigt für die Private Pädagogische Hochschule Augustinum „einen deutlichen Anstieg“ der Bewerbungen.

In Kärnten vermeldet Rektor Fisler ein Plus von 17 Prozent bei den Anfragen, wobei aktuell 120 Studienplätze zur Verfügung stehen. Sabine Weisz aus dem Burgenland konstatiert ebenfalls: „Auch wir haben mehr Anmeldungen als wir Studierende aufnehmen können, wir sind ziemlich am Limit.“

Andreas Schnider vom Qualitätssicherungsrat, der die neuen Studienpläne begutachtet hat, würdigt die Entwicklung der Pädagogischen Hochschulen.

„Es hat sich so viel in den Pädagogischen Hochschulen getan in den letzten 20 Jahren, sie haben sich auf Augenhöhe mit Universitäten entwickelt.“