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REPORTAGE

Von Monat zu Monat: Wie leben wir in Krisenzeiten?

(Foto: zVg.)

Die Teuerungen begannen in der Zeit der Pandemie, aufgrund des Krieges in der Ukraine jedoch gerieten die Preise vollends außer Kontrolle. Für viele Österreicher ist das Leben nicht mehr einfach, und viele kommen nur schwer bis zum Monatsende mit ihrem Geld aus. Leider ist ein Ende dieser Krise nicht in Sicht.

Die Zeiten, in denen man locker auf Reisen gehen, Restaurants besuchen und nicht dringend benötigte Dinge kaufen konnte, scheinen längst vergangen. Heute zittert man vor jeder neuen Strom- oder Gasrechnung, vor Mieterhöhungen und den Preisen in den Supermärkten und der Beginn des neuen Schuljahrs bedeutet für Eltern besonderen Stress. Menschen, die nur von ihrem monatlichen Einkommen leben, versinken immer mehr in der Hoffnungslosigkeit. Zum Ausgleich des Familienbudgets suchen sie nach Nebenbeschäftigungen, aber einen guten Teil dieses Verdienstes verschlingt die Steuer. Dennoch scheint es, dass diejenigen am schlimmsten dran sind, die aufgrund von Erkrankungen nicht arbeiten können oder als Pensionisten nur die Mindestpension beziehen.

Im letzen Jahr zählten 331.000 Menschen in Österreich zur ,,Working Poor“-Kategorie.


KOSMO hat einen Blick in die Haushalte dreier unserer Landsleute in Österreich geworfen. Uns interessierte, wie sie in dieser schweren Zeit finanziell zurechtkommen und ob sie sich vor der Zukunft fürchten.

Von Leichtigkeit zu Herausforderungen


Die vierköpfige Familie Brlic, das sind Tomislav (42), Danijela (37), Jan (8) und Tia (6), lebt in Salzburg, stammt jedoch aus Kroatien. Als sie vor neun Jahren hierherkam, lebte sie noch viel leichter und entspannter.
„Wir konnten uns viel mehr leisten, konnten ausgehen und Ausflüge und Anschaffungen machen. Ich betone, dass ich zweimal in Karenz war und nur 600 Euro monatlich bekam, aber mein Mann hat als hochqualifizierter Maurer anständig verdient und uns damit eine solide Existenz ermöglicht.


Seit 2018 begann ich, in der Elektrobranche in der Produktion zu arbeiten, und mit unseren beiden Löhnen ging es uns wirklich gut. Ich habe mit dem Kindergartenzuschuss zweitausend und mein Mann bis zu dreitausend Euro erhalten. Wir konnten alle Rechnungen problemlos bezahlen, gut leben und sogar noch etwas Geld sparen”, erinnert sich Danijela.

14,8% der Bevölkerung sind von Armut bedroht.


Für die Brlics wurde es schwierig, als Tomislav im Juni 2021 einen Arbeitsunfall erlitt. Damals war er vier Monate im Krankenstand, aber als er in die Arbeit zurückkehrte, verletzte er sich erneut und ist seitdem ständig krankgeschrieben.


„Seit April letzten Jahres sinken die Einkünfte meines Mannes ständig, denn er erhält keine Zusatzzahlungen mehr, die sonst in der Baubranche üblich sind. Bis jetzt hat er im Krankenstand 1.800 Euro monatlich bekommen, aber jetzt ist er beim AMS und erhält nicht mehr als 1.400 Euro. Die Familienbeihilfe beträgt für uns 395 Euro monatlich”, zählt unsere Gesprächspartnerin ihre Einkünfte auf.
Als sie beginnt, die Ausgaben zusammenzurechnen, wird sofort klar, dass es für die Brlics wirklich nicht leicht ist.

„Für Strom und Gas zahlen wir monatlich 160 Euro und bei der Jahresabrechnung haben wir noch 400 Euro draufgezahlt. Wir mussten 835 Euro Nachzahlung für die Betriebskosten überweisen und für die Miete kam auch ein Zuschlag von 215 Euro. Diese Wohnung haben wir gleich bei unserer Übersiedlung nach Salzburg bezogen und damals kostete sie 943 Euro. Jetzt zahlen wir 1.230 Euro und erwarten schon die nächste Erhöhung. An die GIS zahlen wir jeden zweiten Monat 52 Euro, 100 Euro kosten Telefon und Internet und wir haben auch einen Kredit und eine Versicherung fürs Auto. Das heißt, mein Lohn kann die regelmäßigen Ausgaben nicht decken”, führt Danijela aus.

Der Schulbeginn der Kinder ist eine zusätzliche finanzielle Belastung für diese Familie. Jan hat noch vieles vom letzten Schuljahr, aber Tia ist Erstklässlerin, sie braucht alles neu, von der Schultasche bis zur Ausstattung.


„Vor dem Schulbeginn bekommen wir zusätzlich zur Familienbeihilfe auch eine kleine finanzielle Unterstützung vom Staat, aber das ist verschwindend wenig, wenn man weiß, wie viel Geld eine komplette Ausrüstung kostet. Die Lehrer erwarten, dass alles höchstwertig ist und dass daran nicht gespart wird: Im vergangenen Jahr haben wir für Jans Nachmittagsbetreuung 220 — 240 Euro monatlich gezahlt und jetzt kommt auch noch Tia dazu. Kleidung und Schuhe kaufen wir im Schlussverkauf, und wenn ich etwas wirklich Günstiges finde, kaufe ich für die Kinder im Voraus größere Größen”, erklärt die zweifache Mutter und fügt hinzu, dass es schwer für sie ist, wenn die Kinder sich Spielzeuge wünschen, die ihre Altersgenossen haben. Aber sie verstehen, dass ihre Eltern sich das im Moment nicht leisten können.

Für die Brlics bedeutet jede ungeplante Ausgabe eine zusätzliche Belastung ihrer schweren finanziellen Situation, und wenn ihnen das Geld vor Monatsende ausgeht, müssen sie sich etwas leihen. Wenn es ums Essen geht, achten sie sehr darauf, dass die Kinder keinen Mangel leiden.


„Viele Zutaten bringen wir aus Kroatien mit, denn meine Mutter hat einen riesigen Garten. Das Obst und Gemüse machen wir für den Winter ein und wir bekommen auch frisches und Trockenfleisch. Ich backe das Brot oft selber, wir kochen fast täglich und gehen nur sehr selten ins Restaurant. Es hilft uns sehr, Lebensmittel, Obst und Gemüse, Reinigungsmittel und Schulbedarf in Deutschland zu kaufen, weil es dort viel billiger ist als in Österreich”, betont Danijela und unterstreicht, dass ihre Sorgen in dem Moment ein Ende haben werden, in dem sich der Gesundheitszustand ihres Mannes verbessert. Tomislav fügt hinzu, dass die Situation, in der er sich befindet, vor allem wegen der Familie für ihn sehr unangenehm ist. In zwei Jahren hatte er sechs Operationen, hat aber die Hoffnung nicht aufgegeben, wieder gesund und arbeitsfähig zu werden.

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