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Gesellschaft

Weihnachten wird zur Kalenderdebatte: Recht auf das Recht

(FOTO: iStock/Vanit Janthra/Miljan Živković)
(FOTO: iStock/Vanit Janthra/Miljan Živković)

Seit Jahren verfolge ich in der Gesellschaft zur Weihnachtszeit dieselben Dialoge. 

„Wir feiern am 24. Dezember“ und „Wir feiern aber am 6. Jänner“. Ich mache mir Gedanken um dieses Wir und die Anderen-Gefüge. Denn es liegt etwas Ausgrenzendes in diesen Aussagen. Eine Spaltung, die von einem alten Konkurrenzdenken ausgeht, das ganz klar vermittelt „Na na, wir haben Recht, an diesem und diesem Tag feiert man Weihnachten“. Ein Tabu Thema, dass immer noch so viel Konfliktpotential besitzt. Etwas, das sehr oft mit viel Hochmut und Arroganz ausgesprochen wird. Dieses etwas, dass anscheinend einem Volk, einer Tradition, einer Kultur angehören soll. Kann dieses Fest jemandem allein gehören? 

Macht

Wissenschaftler und die „christliche“ Kirche setzten das Datum von Christi Geburt auf den 24. Dezember oder 6. Jänner an, je nach Kalender (julianischer und gregorianischer). Wie viel Macht ein Kalender hat, um Völker derselben Religion dermaßen zu spalten, das sieht man vor allem am Beispiel der katholischen und orthodoxen Kirche. Einige orthodoxe Glaubensrichtungen feiern bereits zusammen mit den Katholiken und Evangelisten Weihnachten am 24. Dezember. Worum geht es dann bei der Debatte um das „alte Recht“ auf ein Datum? Die gängigen Argumente sind: der katholische Kalender ist zeitgemäßer, weltweit festgelegt und wird deshalb als richtig gewertet, die Orthodoxie meint, dass ihr Kalender viel älter ist, folglich mehr Recht besitzt.

Die Zeitrechnung hat sich durch geschichtliche Ereignisse verändert, so auch der Kalender. Stichwort weströmische und oströmische Kirche, und die endgültige Trennung 1054 n.Chr. Doch Weihnachten geht auf ein und dieselbe Periode zurück. Ich sage bewusst Periode, da Weihnachten nicht nur ein Tag ist. Es ist nicht bloß eine geweihte Nacht, die Christen weltweit feiern, sondern es ist mehr noch ein Ereignis, dem man gedenkt. Ein Neuanfang der etwas verändert hat. 

Aber, was bedeutet Weihnachten heute für uns alle? In unserer Zeit wird dieses Fest an dem wir die „Liebe“ feiern, verkörpert in Jesus, deformiert durch die US geprägte Version Santa Claus, der durch die Schornsteine „hineinfliegt“ und großzügig Geschenke verteilt. Warum er genau an diesem Tag hereinschneit? Na er ist halt´ nett und macht das jedes Jahr, kurzum keiner weiß wie er das seinem Kind genau erklären soll. Das Christkind wird ohnehin in seltenen Fällen nur mehr am Rande erwähnt. Die ganze Film- und Musikindustrie, der Handel, unser ganzes System ist ausgerichtet auf Lametta, Punsch, Lebkuchen und den Wham Song, der jedes Jahr trällert. Es sind wunderbare Zusätze, um das größte Fest in der menschlichen Geschichte zu feiern, doch wird der tatsächliche Inhalt dadurch nicht völlig in den Hintergrund gedrängt? Und auf all das drauf´ das Geplänkel um das Datum.

Das Recht auf das Recht

Denn vielen geht es in der Kalenderdebatte um das Recht auf das Recht. Und um einen toxischen Stolz, der auf dieses Recht pocht, vermischt mit politischen Gesinnungen, und einem hochmütigen Gesichtsausdruck „Wir haben Recht, man feiert an diesem und diesem Tag, Punkt, aus und Basta.“ So als würde es um zwei grundverschiedene Glaubensvorstellungen gehen, oder um einen Tag der jemandem gehört. So als wäre der Erlöser in die Welt gekommen um sich rechthaberisch auf ein Datum oder einen Kalender zu versteifen. Will man mit diesem Tag, an dem wir ihm gedenken (der Liebe) nicht eine Botschaft in die Welt hinaussenden, etwas verinnerlichen?  

Es geht nicht um Rechte und Macht. Wenigstens zu Weihnachten geht es mal nicht um Macht, Politik und Profit obwohl es von Machtstrukturen völlig uminterpretiert wurde. Weihnachten soll. Es soll endlich Frieden zwischen uns bringen, oder uns zumindest daran erinnern, um diesen ewigen Hass auszutreiben. Der Glaube ist eine persönliche Entscheidung und nicht jedermanns Ding, doch darf man sich getrost fragen Was feiert man da eigentlich? Geht es um eine persönliche geistige Errungenschaft, die man dann durch ein gewähltes Datum legitimiert? Geht es um irgendeinen Jungen der „wahrscheinlich“ irgendwann gelebt hat und der – so will es der Zufall – jetzt halt gepriesen wird? Geht es um fettiges Essen, sinnentleertes Feiern und unzählige teure Geschenke von Santa Claus?

Es geht nicht um Politik, ein Volk, ein Datum, den 24. oder 6., um Institutionsvorgaben, Lebkuchen und Christkindlmärkte (don’t get me wrong!) oder einen Streit von Konfessionen. Auch nicht um einen einzigen Tag, den man wieder vergisst wenn man den Weihnachtsbaum und die Lametta wegwirft. Es geht nicht um ein Kalenderrecht. 

Es geht um einen „einzigen“ den wir feiern, der uns vereinen und nicht spalten wollte. Es geht um Veränderung, um ein Fest, das etwas bei uns bewirken soll. Verständnis zum Beispiel. Man könnte den Anspruch „privilegierter“ wegwerfen und einfach feiern. Man könnte den Tunnelblick verlassen und den Horizont öffnen. Man könnte sich zusammentun und sagen Feiern wir zusammen, denn man feiert ja aus selbem Anlass. Einen gemeinsamen Nenner zu finden bei der Festlegung eines Datums hat schon mal nicht funktioniert, wie wäre es dann mit Respekt? Meine Oma hat schon immer gesagt 

„Am 6. und 7. Jänner wasch´ keine Wäsche, und entspann´ dich an diesem Tag, unsere Nachbarn feiern Weihnachten“. Ja, ich relaxe also auch am 6. und 7. Jänner mit meinen Freunden, rühre nichts im Haushalt an und freu mich meines Lebens. Meine orthodoxen Freunde feiern im Gegenzug mit mir am 24. und 25. Dezember. Warum? Na weil Weihnachten ist. Man feiert jemanden, der uns allen Licht gebracht hat, und nicht eine gesetzliche Festlegung oder nationalistische Gesinnung. 

Man feiert denjenigen, der uns ein und dasselbe auf allen möglichen Wegen versucht hat zu vermitteln: Liebe, Glaube und Hoffnung. Mehr brauchen wir nicht. Vertragen, verzeihen und vergessen. Um ein gutes Miteinander zu leben. Nachsichtigkeit und Liebe. 

Liebe, Respekt und ein Füreinander, das bedeutet Weihnachten. 

In diesem Sinne frohe Weihnachten, völlig wurscht‘ an welchem Tag ihr dies feiert.