In Belgrad, der Hauptstadt Serbiens, haben am Sonntag tausende Menschen demonstriert, nachdem ein tragisches Unglück an einem Bahnhof in Novi Sad verheerende Folgen hatte.
Am Freitag stürzte ein Betonvordach ein, wobei 14 Menschen ums Leben kamen, darunter ein sechsjähriges Mädchen. Drei weitere Personen, zwischen 18 und 24 Jahren alt, wurden schwer verletzt und mussten Amputationen unterzogen werden. Im Norden Serbiens fanden Beerdigungen für die Opfer statt, an denen Tausende teilnahmen.
Proteste in Belgrad
Vor den Ministerien für Bauwesen und Infrastruktur in Belgrad hinterließen die Demonstrierenden rote Handabdrücke. Polizeikräfte bildeten eine Absperrung, während Rufe nach Rücktritten von ranghohen Regierungsvertretern ertönten, darunter Premierminister Milos Vucevic. Transparente mit der Aufschrift „Korruption tötet“ waren in der Menge zu sehen, die der Polizei vorwarf, „Mörder zu schützen“.
Kritik an der Regierung
Der Bahnhof in Novi Sad war in den vergangenen Jahren zweimal renoviert worden. Kritiker der populistischen serbischen Regierung machen Korruption und mangelhafte Transparenz für das Unglück verantwortlich. Obwohl offizielle Stellen erklärten, dass der abgestürzte Abschnitt nicht zu den Renovierungsmaßnahmen gehörte, wurde keine konkrete Ursache für den Einsturz benannt. Diese Bauarbeiten waren Teil eines umfangreicheren Projekts mit chinesischen Baufirmen.
Nikola Ristic, ein oppositioneller Aktivist, rief die Bevölkerung auf: „Hinterlassen Sie überall, wo Sie können, blutige Hände, damit sie wissen, dass ihre Hände blutig sind. In jeder Stadt in Serbien, überall, wo Sie können“, sagte der oppositionelle politische Aktivist Nikola Ristic. Ähnlich äußerte sich die liberale Politikerin Biljana Stojkovic: „Die Bürger haben nichts mehr zu verlieren, das wird ihnen zunehmend bewusst“. Sie sprach auch die Proteste an: „Das ist Trauer gepaart mit Wut, Verzweiflung, die sich in Zorn verwandelt.“
Untersuchung läuft
Die serbische Regierung hat eine umfassende Untersuchung angekündigt. Laut Staatsanwaltschaft wurden bereits über zwei Dutzend Personen befragt. Dennoch gibt es Zweifel an einer gerechten Aufklärung, da Populisten die Kontrolle über das Justiz- und Polizeisystem des Landes haben. Die modernisierte Eisenbahnstation von Novi Sad, ursprünglich 1964 erbaut, war vor zwei Jahren von Präsident Aleksandar Vucic und dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán eingeweiht worden, im Rahmen eines Projekts für eine schnelle Zugverbindung zwischen Belgrad und Budapest.
Inmitten der Trauer um die Opfer bleibt die serbische Öffentlichkeit erschüttert über das, was viele als vermeidbare Tragödie ansehen. In den kommenden Wochen steht die Regierung unter Druck, den Forderungen nach Gerechtigkeit nachzukommen und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zu veröffentlichen.
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