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Rasanter Anstieg

Antibiotika-Alarm: Ab 2050 sollen 1,91 Mio. jährlich sterben

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FOTO: iStock/Jacob Wackerhausen

Dramatische Prognosen zur Antibiotikaresistenz: Der zunehmende Einsatz von Antibiotika hat weltweit zu einem alarmierenden Anstieg antimikrobieller Resistenzen geführt. Eine neue Studie zeigt: Bereits über eine Million Menschen sterben jährlich an resistenten Infektionen – Tendenz steigend. Besonders betroffen sind Kinder und ältere Menschen.

Übermäßiger Antibiotikaeinsatz und seine Folgen

Ein Hauptgrund für die zunehmenden Resistenzen ist der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin. Jede Anwendung kann zur Vermehrung resistenter Bakterien führen, da diese einen Überlebensvorteil besitzen. „Die künftige Entwicklung abschätzen zu können, ist entscheidend für lebensrettende gegensteuernde Maßnahmen“, erklärt Mohsen Naghavi von der University of Washington, einer der Hauptautoren der Studie. Das Forschungsteam um Christopher Murray nutzte über 520 Millionen Datensätze, um die Entwicklung der Resistenzen von 1990 bis 2021 zu analysieren und daraus eine Prognose für die kommenden Jahre abzuleiten.

Komplexes Problem mit differenzierten Auswirkungen

Die Modellrechnungen der Forscher zeigen auch eine mögliche positive Entwicklung: Durch eine verbesserte Behandlung schwerer Infektionen und einen besseren Zugang zu Antibiotika könnten zwischen 2025 und 2050 etwa 92 Millionen Todesfälle vermieden werden.

Allerdings bleibt die Auswertung kompliziert: Beispielsweise treten bei der Behandlung von Krebserkrankungen oft Komplikationen durch multiresistente Bakterien auf, doch die Todesursache wird meist dem Krebs zugeschrieben. Die Studienautoren berücksichtigten daher Krankenhaus-Entlassungsdaten, Daten zu Todesursachen, Resistenzprofile einzelner Arzneimittel sowie Umfragen zum Antibiotikagebrauch, um ein umfassendes Bild der Resistenzen zu zeichnen.

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FOTO: iStock/Gorodenkoff

Bereits über 1 Million Tote jährlich

Von 1990 bis 2021 starben jährlich weltweit über eine Million Menschen aufgrund antimikrobieller Resistenzen – von 1,06 Millionen im Jahr 1990 stieg die Zahl auf 1,14 Millionen im Jahr 2021. Doch das Bevölkerungswachstum relativiert die Entwicklung: Die Todesrate pro 100.000 Menschen sank von 19,8 auf 14,5.

Die Details zeigen jedoch deutliche Unterschiede nach Altersgruppen. Während die resistenzbedingten Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren um 50 Prozent gesenkt werden konnten, stiegen sie bei Personen ab 70 Jahren um 80 Prozent an. Laut den Forschern ist dieser Anstieg bei Älteren auf die geringere Wirksamkeit oder Verträglichkeit von Impfstoffen und Medikamenten sowie mehr Grunderkrankungen zurückzuführen.

Auch der reiche Westen ist betroffen

Da die Gruppe der über 64-Jährigen in den nächsten Jahren am stärksten wachsen wird, könnte die Zahl der resistenzbedingten Todesfälle bis 2050 auf 1,91 Millionen jährlich steigen. An Todesfällen, bei denen multiresistente Keime eine Rolle spielen könnten, wird eine Zunahme von 4,71 Millionen auf 8,22 Millionen prognostiziert. „Um dies zu verhindern, brauchen wir dringend neue Strategien, um das Risiko schwerer Infektionen zu senken, durch Impfstoffe, neue Medikamente, verbesserte Gesundheitsversorgung und einen besseren Zugang zu bestehenden Antibiotika“, betont Stein Emil Vollset vom Norwegian Institute of Public Health.

Die Antibiotikaresistenz betrifft nicht nur Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Auch wohlhabende Länder wie die USA und Kanada zeigen deutlich steigende Zahlen resistenzbedingter Todesfälle. Am stärksten betroffen waren zwischen 1990 und 2021 auch tropisches Lateinamerika, Westafrika sowie Süd- und Südostasien.

Für die Zukunft werden die höchsten Steigerungsraten in Südasien (inklusive Indien), Lateinamerika und der Karibik erwartet. Samuel Kariuki vom Kenya Medical Research Institute, der nicht an der Studie beteiligt war, unterstreicht: „Diese Daten sollten Investitionen und zielgerichtete Maßnahmen zur Bewältigung der wachsenden Herausforderung der antimikrobiellen Resistenzen in allen Regionen vorantreiben.“