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GESCHICHTE

Balkan Stories: Marijka tanzt nur bei Dusko

(Foto: Balkan Stories)

Ein Gesangsabend mit Dusko und Dragan in Herceg Novi begeistert eine Gruppe Niederländerinnen. Marijka outet sich als alter Fan. Ein Kätzchen stiehlt die Show. Und alles mit Klapa zu tun. Reportage.

Marijkas Augen leuchten.

In ihrem leuchtend gelben Leinenkleid tanzt sie zu den Evergreens, die Duško und Dragan heute abend im Reha-Institut Dr Simo Milosevic in Herceg Novi singen.

„Ich tanze sonst nie“, erzählt Marijka. „Nur bei Dusko“.

Eine zweite Niederländerin gesellt sich zu Marijka.

Die Pensionistinnen wirken sehr agil.

Die anderen Mitglieder der Gruppe – Niederländerinnen in etwa im gleichen Alter – schauen zu, die eine oder andere schunkelt langsam mit.

Duško stimmt „It’s Now or Never“ an.

Die Saison geht zu Ende

Es ist Mitte September.

In ganz Herceg Novi in Montenegro sperren die Tourismusbetriebe nach und nach zu.

In meiner Pension an der Magistrale sind eine kleine Gruppe aus Beograd und ich die letzten Gäste.

Nach uns verabschiedet sich der Betreiber in die Winterpause.

Das im ganzen Mittelmeerraum bekannte Institut Dr Simo Milosevic folgt dem Trend.

Marijka und ihre Gruppe sind so ziemlich die letzten internationalen Kurgäste der Saison.

„Ich komme schon seit fast 20 Jahren hier her“, erzählt mir Marijka.

In Montenegro gefällt es ihr. Die Kurbehandlungen sind gut. Und ein bisschen Fan von Duško ist sie auch.

Der spielt auch seit Ewigkeiten für die Kurgäste im Institut auf.

Das macht er gerne, und mit vielen Stammgästen hat sich eine Freundschaft entwickelt, sagt er.

So wie bei Marijka.

Der Saal der Bar des Instituts ist saisonbedingt fast leer, und um die Uhrzeit ist es im September in Montenegro schon ziemlich dunkel.

Das drückt die Stimmung.

Das ist wahrscheinlich in allen Kuranstalten der Welt so, wenn die Saison zu Ende geht.

Für Dusko kein Problem.

Der Tenor ist sein ganzes Leben lang Sänger, mit allem, was dazugehört.

Unter anderem mit der Überzeugung, dass es jeder Gast verdient, unterhalten zu werden, und wenn es der letzte Gast wäre.

Da geht es nicht nur ums Geld, obwohl das auch eine wichtige Rolle spielt.

Duško und Dragan stimmen „Country Roads“ an.

Die Niederländerinnen bestellen Weißwein.

Nicht, dass Dusko nicht gerne Evergreens singen würde.

Lieber wäre es ihm freilich, er könnte hier ein Klapa-Konzert geben.

Der Alte Kapitän und die Tradition der Küste

Duško Sarović ist Leiter und Erster Tenor der Klapa-Gruppe Stari Kapetan in Herceg Novi – benannt nach Miroslav Stumberger, einem slowenischen Marine-Kapitän, der sich nach dem Ersten Weltkrieg am Rande von Herceg Novi niedergelassen hatte.

In seinem Haus ist ein Museum untergebracht.

Unter anderem legte er dort eine ethnographisch wertvolle Sammlung an und war eine fixe Größe im Kulturleben der Bucht von Kotor.

„Wir haben den Alten Kapitän am Sterbebett besucht“, schildert Dusko die Verbundenheit seines Chors zu Stumberger.

Klapa ist die A Capella-Gesangsrichtung an der Adriaküste.

Einen besonders großen Stellenwert hat die Musikrichtung in Kroatien. Dort ist sie auch zum UNESCO-Kulturerbe erklärt worden.

Auch in Montenegro hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine lebhafte Klapa-Szene entwickelt, inklusive internationaler Festivals.

Stari Kapetan tritt dort in der ersten Reihe auf.

Die Gruppe gibt es seit 1972.

Mit „Dolazim Boko“ hat sie so etwas wie die heimliche Hymne der Bucht von Kotor geschaffen.

Fixpunkt für Stari Kapetan bleibt Herceg Novi.

„Wir treten natürlich immer auf dem Mimoza-Festival auf“, sagt Dusko stolz.

An dem nehmen jährlich 30- bis 40.000 Menschen teil.

Fisch und Wein sind gratis.

Und hier macht Stari Kapetan auch etwas, das bei Klapa eher Seltenheitswert hat: Gelegentlich singt die Gruppe auch zu Musikbegleitung.

„Das ist aber nicht so beliebt“, erzählt Dusko.

Geboten werden Klassiker des Klapa und Neukompositionen. „Neue Lieder entstehen hier immer wieder“, sagt der Erste Tenor.

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