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HUNDE-ATTACKE

Der Hund ist der Spiegel seines Besitzers

Sara (29), Sekretärin

„Es gab keine Situation, in der er für die Kinder eine Gefahr dargestellt hat“, behauptet die zweifache Mutter Sara (FOTO: iStock)

„Seit fast neun Jahren haben wir unseren American Staffordshire. Mein Mann wollte unbedingt einen Hund haben und diese Rasse hat ihm einfach gefallen“, erzählte uns Sara, die angibt, dass sie keine Schwierigkeiten mit der Erziehung des Hundes hatten. Natürlich mussten sie einen Hundeführschein machen und eine Hundeschule besuchen. „Ich finde ihn für alle Rassen notwendig. damit sich die Besitzer genau informieren können, worauf sie aufpassen müssen.“ Der Hund Skout wuchs in einer Familie mit zwei Kinder auf. Uns interessierte, wie er auf die Menschen und vor allem auf die Kinder in seinem Umfeld reagiert. „Mein Hund reagiert auf andere Menschen gar nicht. Sie sind ihm egal. Er geht regungslos vorbei. Grundlos könnte er nie irgenjemanden attackieren. Der Hund war neugierig, als er die Kinder kennengelernt hat. Er hat sie geschnuppert und abgeleckt und danach hat er sie einfach ignoriert bzw. akzeptiert. Es gab keine Situation, in der er für die Kinder eine Gefahr dargestellt hat“, behauptet die zweifache Mutter und, obwohl der Hund ihren Kindern nichts antun würde, lässt sie ihn mit ihnen nie alleine. „Die Hunde sind Tiere und Tiere können unberechenbar sein. Allein deswegen nicht, aber das hat nichts mit der Rasse zu tun – ich würde meine Kinder auch nicht mit einer Katze alleine lassen.“

„Man sollte seinen Hund kennen und wissen, wie man in gefährlichen Situationen zu reagieren hat.“

Was sie als Hundehalterin von den geplanten Maßnahmen hält? „Das ganze Konzept soll auf jeden Fall überdacht werden. Ein verpflichtender Hundeführerschein sollte unbedingt für alle Hunderassen eingeführt werden. Der Mensch selbst sollte geschult werden: wie Hunde gehalten und gefüttert werden, wie man ihnen etwas beibringt usw. Man sollte seinen Hund kennen und wissen, wie man in gefährlichen Situationen zu reagieren hat“, unterstrich unsere Gesprächspartnerin und betonte, dass sie auch ihren Kindern zuerst erklärte, dass jedes Lebewesen respektvoll behandelt werden muss.

Tatjana (27), Geschäftsführerin

„Kampfhunde als solche gibt es nicht. Jeder Hund kann als Kapfhund erzogen werden. Es liegt komplett an der Erziehung.“ (FOTO: zVg.)

Seit neun Jahren hat Tatjana eine Hündin – Pittbull, Elektra. „Ursprünglich habe ich nach verschiedenen Rassen gesucht und habe mich dann entschieden, dass ich eine Kurzhaar-Rasse möchte. Dann habe ich einen Pittbull im einem Buss gesehen, der mir sehr gefallen hat. Natürlich habe ich mich dann auch über die Rasse informiert und mit Leuten gesprochen, die solche Hunde haben, um zu sehen, ob diese Rasse wirklich für mich geeignet ist“, erzählte uns Tatjana über die Anfänge mit ihrer Hündin und sagte, dass die Erziehung eines Pittbulls gar nicht so aufwändig war, wie manche glauben. „Es ist auf die Loyalität, die in dieser Rasse steckt, zurückzuführen. Es ist eine Rasse, die seinem Besitzer gefallen möchte. Das merke ich oft bei ihr daran, wie sie den Augenkontakt mit mir hält.“ Auch in Tatjanas Familie gibt es Kinder, die den Hund einfach nur lieben. „Es kam alles eigentlich sehr natürlich. Beim älteren Kind haben wir sofort bemerkt, dass er sie als Familienmitglied akzeptiert hat, weil er ständig nach ihr fragte, wenn sie nicht da war. Wir gehen viel gemeinsam spazieren. Wir brachten den Kindern bei, sie zu respektieren, wie z. B. sie beim Essen nicht zu stören etc. Sie ist ein sehr ruhiger und lieber Hund. Das tut den Kindern auch gut. Sie bringt ihnen auch etwas Verantwortung bei, weil die Kinder lernen, wie man sich mit einem Lebewesen zu verhalten hat. Wenn ich aber merke, dass ihr die Kindern zu viel werden, dann sehe ich das an ihr und gönne ihr eine Pause.

„Wenn der Mensch nicht so weit ist, eine für seinen Hund stressige Situation zu erkennen, und ihn aus dieser rauszubringen, dann sollte er keinen Hund besitzen. Menschen müssen verantwortungsvoll mit ihren Hunden umgehen!“

Kampfhunde als solche gibt es nicht. Jeder Hund kann als Kapfhund erzogen werden. Es liegt komplett an der Erziehung. Schade, dass diese Hunde den Ruf haben, weil sie wirklich ganz ruhig und lieb sind. Die Liste empfinde ich als eine Frechheit. Sie ist genau in dem Jahr rausgekommen, als ich meinen Hund bekommen habe und über Nacht wird mein Hund diskriminiert und als gefährlich abgestemmpelt. Wenn eine Liste existieren muss, dann bitte für alle Rassen! Mit der jetzigen Liste spaltet man die Hundehalter noch mehr und Herrchen von Rassen, nehmen sich mehr heraus als andere und provozieren sogar gefährliche Situationen. Ein Beispiel – ich spazierte mit meinem Hund und hielt sie an der Leine. Plötzlich kam ein Hund ohne Leine, der nicht auf der Liste steht, und attackierte meinen Hund. Wenn dem anderen Hund etwas passiert wäre, wäre mein Hund schuld, nur weil er auf der Liste steht, obwohl er nicht der Angreifer war. Ich finde den Vorschlag für eine generelle Maulkorbpflich an öffentlichen Plätzen, wo Beißvorfälle vorkommen können, sinnvoll. Weil, die Situationen in welchen es viele Menschen gibt, können schnell unangenehm für einen Hund werden. Und es ist einfach die Sprache der Hunde, mit ihren Maulen zu kommunizieren. Und wenn der Mensch nicht so weit ist, eine für seinen Hund stressige Situation zu erkennen, und ihn aus dieser rauszubringen, dann sollte er keinen Hund besitzen. Menschen müssen verantwortungsvoll mit ihren Hunden umgehen!

Thomas (22), Hundeführer bei der ÖBB

„Wenn ich jetzt ein Kind mit einem Auto der Marke Škoda überfahren würde, dann würden nicht sofort alle Škoda-Autos zur Nachüberprüfung gehen. Ich hätte die Schuld. Genauso ist es mit Hunden. Zu Übergriffen kommt es nur wegen uns Menschen“

Seit fünf Jahren arbeitet Thomas mit Hunden, erst bei einer Sicherheitsfirma und danach bei der ÖBB. Seine langjährige Erfahrung mit diesen Tieren hat ihn zu einem echten Hunde-Profi gemacht. Als Hundekenner veröffentlichte er ein Video zu den Beißvorfällen in Wien und äußerte sich zu diesem Thema. Das Video ging in wenigen Stunden in den sozialen Medien viral und stieß auf eine große Unterstützung von Seiten vieler Hundebesitzer. Thomas´ Video zeigt eine Kindergartengruppe bzw.  Volksschulklasse, die einen Ausflug mitten in der freien Hundeauslaufzone macht. „Dass nach solchen Beißvorfällen in Wien, eine Kindergruppe Drachen in der Hundeauslaufzone steigen lassen, finde ich extrem interessant. Das nächste Mal soll ich vielleicht auch mit meinem Mastiff Diabolo auf den Kinderspielplatz gehen?“ Als er die Lehrerin gefragt hat, warum sie die Kinder in die Hundeauslaufzone spielen lässt, antwortete sie, dass sie die Kinder nicht im Schulgebäude einsperren möchte und, dass sie die Kinder im Auge behalte. Da Thomas an diesem Ort, wo viele Kinder rumlaufen und schreien, kein Risiko im Kauf nehmen möchte, musste er sich mit seinem Hund von der Kindergruppe entfernen. Als verantwortlicher Hundehalter, hält er seinen Hund an die Leine, solange Kinder in der Nähe sind. Aber, wieso muss er, als Hundehalter in der Hundeauslaufzone weggehen, weil die Kinder dort spielen?

„Wenn wir Menschen uns mehr um unsere Vierbeiner kümmern würden  und nicht egoistisch durch die Welt laufen würden und auf andere Personen und Hundehalter Rücksicht nehmen würden, dann würden wir alle viel besser auch ohne Maulkörbe leben können.“

„Zu Übergriffen kommt es nur wegen uns Menschen! Wir schalten unseren Hirn nicht ein, wir lassen Hunde frei herumlaufen, obwohl sie nicht trainiert sind usw. Keiner schaut auf seine Mitmenschen oder auf andere Hundehalter. Was passieren müsste, damit es zu seltenen Übergriffen kommt, ist, die Menschen zu schulen und nicht die Tiere mit Maulkörben zu quälen. Jeder potenzielle Hundehalter, sollte einen Test machen, damit überprüft wird, ob er für den Hund geeignet ist, d.h. ob er körperlich und geistig in der Lage ist, mit dem Hund umzugehen.“ Seiner Meinung nach gibt es keine Kampfhunde: „Es gibt nur Rassen, die schwieriger erziehbar als die anderen sind! Die Einteilung in Listenhunde ist ein kompletter Schwachsinn! Warum manche Rassen dort stehen und manche nicht (die z. B. unter Mastiff fallen), ist unklar. Ich kann einen Retriever oder Schäferhund genauso scharf machen, wie einen Rotweiler und ihre Bisse hätten genauso schwere Folgen. Wenn ich jetzt ein Kind mit einem Auto der Marke Škoda überfahren würde, dann würden nicht sofort alle Škoda-Autos zur Nachüberprüfung gehen. Umso mehr unverantwortliche Hundebesitzer es gibt, umso mehr Verbote wird es geben. Daher mein Tipp an Hundehalter: Setzt euch ein bisschen mehr mit euren Vierbeiner auseinander und lernt sie mehr kennen. Ich bin der Meinung, dass, wenn wir Menschen uns mehr um unsere Vierbeiner kümmern würden  und nicht egoistisch durch die Welt laufen würden und auf andere Personen und Hundehalter Rücksicht nehmen würden, dann würden wir alle viel besser auch ohne Maulkörbe leben können.