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Zukunftskonzept

Doppelt so grün für doppelt so viele Menschen: Stadtplan 2035 steht

Planungsstadträtin Ulli Sima, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Stadtplanungssprecherin Selma Arapovic präsentieren den neuen Stadtentwicklungsplan 2035.
Stadtentwicklungsplan 2035. FOTO: Stadt Wien/Christian Fürthner

Wachstum ohne Flächenfraß: Wien setzt mit seinem neuen Stadtentwicklungsplan klare Grenzen. Die Metropole will für 2,2 Millionen Menschen lebenswert bleiben – ohne zusätzliche Baugebiete.

Der Wiener Gemeinderat hat am Mittwoch mit Mehrheitsbeschluss den Stadtentwicklungsplan 2035 verabschiedet. Das Konzept verfolgt das Ziel, die Lebensqualität in der Bundeshauptstadt zu steigern, ohne dabei zusätzliche Flächen zu erschließen. Die zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) unterstrich bei der Präsentation die Bedeutung des Plans für kommende Generationen: Wien setze damit ein deutliches Signal für eine klimaresistente und lebenswerte Metropole. Konkret definiert das Dokument unveränderbare Siedlungsgrenzen durch geschützte Grünflächen und legt die Entwicklung von öffentlichen Verkehrsachsen sowie Radwegverbindungen fest.

Die demografische Entwicklung Wiens ist beachtlich: In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten wuchs die Bevölkerung um etwa 300.000 Personen, bis 2035 rechnen die Prognosen mit insgesamt 2,2 Millionen Einwohnern. Bemerkenswert ist, dass der Plan keine zusätzlichen Stadtentwicklungsgebiete vorsieht. Stattdessen konzentriert sich die Stadtplanung auf bereits bestehende Entwicklungszonen wie die Seestadt Aspern, das Areal des Nordwestbahnhofs oder Rothneusiedl. Die Klubobfrau der Neos im Gemeinderat, Selma Arapovic, betonte, dass der Plan die Bundeshauptstadt für die zentralen Herausforderungen der Gegenwart wappne und den nachfolgenden Generationen sowohl Sicherheit als auch Lebensqualität garantiere.

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Grünflächen-Offensive

Ein Schwerpunkt des Konzepts liegt auf der Ausweitung von Grünflächen durch sogenannte „Beserlparks XL“ (erweiterte Kleinstparks) und Wiener Gartenstraßen – entsiegelte und begrünte Erholungsbereiche inmitten asphaltierter Flächen. Diese Zonen sollen besonders in Stadtteilen mit Hitzeinseln und mangelndem Schatten zur Abkühlung und Erholung beitragen. Die Strategie zielt darauf ab, den aktuellen Grünflächenanteil von über 50 Prozent nicht nur zu bewahren, sondern durch neue Begrünungsinitiativen zu erweitern. Stadträtin Sima erläuterte, dass die grüne Infrastruktur gezielt in jenen Grätzeln (Wiener Ausdruck für Stadtviertel) ausgebaut werde, wo der Bedarf am dringendsten sei.

Im Bereich Mobilität sieht der Plan Verbesserungen durch neue öffentliche Verkehrsachsen, ein lückenloses Radwegenetz und eindeutige Regelungen für Sharing-Angebote vor, um umweltfreundliche Fortbewegung zu fördern. Besonderes Augenmerk liegt auf der qualitativ hochwertigen Anbindung bestehender und künftiger Stadtentwicklungsgebiete. Der Plan umfasst zudem neue Richtlinien zur Parkraumbewirtschaftung und zur Umnutzung vorhandener Gebäude. Die Stadtplaner folgen dabei dem Grundsatz „Bauen im Bestand statt am Stadtrand“.

Soziale Infrastruktur

Neben Wohnraum und Verkehr rückt der Plan auch die soziale Infrastruktur in den Mittelpunkt: Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung, kulturelle Zentren und Nahversorgung sollen parallel zur Wohnraumentwicklung geplant werden. Neue urbane Zentren mit Einzelhandel, Gastronomie und sozialen Einrichtungen sollen zur Belebung der Stadtteile beitragen. Eine Innovation stellen die erstmals eingeführten Orientierungswerte dar – konkrete Kennzahlen, die den Bedarf an Einrichtungen pro Einwohner definieren und Versorgungslücken identifizieren.

Der Stadtentwicklungsplan berücksichtigt ebenso die Energiewende: Er schafft die Voraussetzungen für die Nutzung von Geothermie durch Erdsonden und den Ausbau der Wärmewende-Infrastruktur. Neue Logistikkonzepte mit Paketabholstationen und designierten Ladezonen sollen den innerstädtischen Verkehr entlasten. Die Kooperation mit den umliegenden Gemeinden in wirtschaftlichen Belangen wird intensiviert, während der großflächige Einzelhandel künftig stärker reguliert werden soll.

Mit diesen Maßnahmen strebt Wien an, nicht nur klimaresistent, sondern auch wirtschaftlich stabil zu bleiben.

Internationale Vorbilder und Immobilienmarkt

Wien ist nicht die einzige europäische Metropole, die auf Wachstum ohne Flächenerweiterung setzt. Auch Kopenhagen und Paris verfolgen ähnliche Strategien, indem sie Nachverdichtung fördern und zusätzliche Grünräume innerhalb bestehender Siedlungsstrukturen schaffen. Diese Städte haben erkannt, dass unbegrenztes Wachstum in die Fläche weder ökologisch nachhaltig noch wirtschaftlich sinnvoll ist.

Für den Wiener Immobilienmarkt bedeutet der neue Stadtentwicklungsplan bereits jetzt spürbare Veränderungen: Die Nachfrage nach Wohnraum in gut erschlossenen Lagen steigt kontinuierlich. Durch den Fokus auf Umnutzung und Verdichtung bestehender Flächen zeichnet sich eine Tendenz zu steigenden Preisen in den innerstädtischen Bezirken ab. Gleichzeitig eröffnen die Entwicklungsgebiete wie die Seestadt Aspern neue Wohnmöglichkeiten, die durch hochwertige Verkehrsanbindungen und großzügige Grünflächen attraktiver werden sollen.