Start Aktuelle Ausgabe
INTERVIEW

Draško Stanivuković – ein Hauch von Jugend in Bosnien-Herzegowina

Stanivuković: „Es ist mir gelungen, die Politik zu vereinfachen und in den Rahmen des Realen und Rationalen zurückzubringen, sie auf den einzelnen Menschen abzustimmen.“ (FOTO: A. Čavić)

Wie reagieren die Bürger auf Ihre politischen Entscheidungen?
Die Wahlen sind die besten Richter, dort reagieren die Bürger am besten. In den letzten paar Wahlzyklen habe ich nur Bestwerte erzielt, vor allem in Anbetracht meines Alters. Wir haben einige 22 Jahre alte Rekorde gebrochen. Heute sagt mir meine Intuition, aber auch die öffentliche Meinung, die wir beobachten, dass sich die Unterstützung seit den Wahlen verdreifacht hat und dass diese Veränderungen unaufhaltsam sind. 2022 werden sie zu Veränderungen in der ganzen Republika Srpska führen.

Haben Sie die Drohungen von Herrn Dodik eingeschüchtert, die er geäußert hat, als er begriff, dass er Banja Luka verloren hat?
Diese Art von Angst habe ich nicht und das ist etwas, was meinen politischen Weg kennzeichnet. So habe ich auch alle Hindernis auf dem Weg überwunden. Wer droht, der fürchtet sich eigentlich nur. Aber wenn jemand seiner Stadt und ihren Bürgern so droht, bedeutet das, dass dieser jemand keinerlei politisches Verantwortungsgefühl hat. Seine Drohungen sind wie ein Bumerang genau auf diese Politik zurückgefallen, die in Banja Luka verloren hat. Ich glaube an die vollkommene Kraft und dass wir trotz aller Behinderungen passende Lösungen für alles finden werden, was vor uns liegt. Der beste Beweis ist die Novelle, die sie vorgeschlagen haben und mit der sie die Immobiliensteuer senken wollten. Das ist völlig sinnlos, das sollte dem Budget mehr als vier Millionen KM entziehen. Mir gelten auch die Drohungen, von denen es zuerst hieß, das sei Zufall, aber am Ende sehen wir, dass das ihr strategischer Plan ist, der für alle gilt, die anders denken. Also entweder bist du auf unserer Seite oder du solltest gar nicht existieren.

Hat er einige der Drohungen in der Vergangenheit wahrgemacht?
Das sieht man besten anhand der oben erwähnten Novelle. Jahrelang war die Immobiliensteuer als solche Bestandteil der städtischen Einnahmen und wurde, seitdem sie erlassen wurde, nie verändert. Und auf einmal, als ein neuer Bürgermeister ins Amt kommt, muss das plötzlich geändert werden. Sie kennen auch die Initiative, die die Abgeordneten an den Verband der Städte und Gemeinden gerichtet haben und hinter der sich die Idee verbirgt: „Was, wenn der Stadtrat auf einer Seite und der Bürgermeister auf der anderen steht?“. Das sollte den Bürgermeister entmachten. Diese Schritte sind jedoch der Beweis, dass sie in eine bestimmte Richtung gehen und dass es ihr Ziel ist, sich die Macht zu erschleichen und die Beute durch Bildung einer Koalition zu teilen. Aber dem werde ich niemals zustimmen, gegen solche Dinge kämpfen wir. Und wenn Sie dem nicht zustimmen, sind Sie sich bewusst, dass sie in Richtung einer kompletten Blockade gehen und Banja Luka auf diese Weise die Mittel entziehen.

„Ideen und einen Glauben zu haben, einem Volk anzugehören, das ist kein Nationalismus. Das ist Patriotismus und Heimatliebe.“

Wie sehr erschweren Ihnen Dodik & co Ihre Arbeit?
Der Stadtrat ist sehr wichtig und muss ein hochwertiger Filter für bestimmte Entscheidungen sein, die gesäubert, aber keinesfalls aufgehalten werden müssen. Heute ist das ein ziemlich geschlossener Filter. Wenn sie über Regulierungspläne reden wollen, die wegen der Investoren, die in unsere Stadt kommen wollen, geändert werden müssen, über den An- und Verkauf von Land oder den Tausch von Grundstücken, spielt der Stadtrat in dem Prozess eine Schlüsselrolle und alles ist von ihm abhängig. Hier sehe ich bereits die ersten Schritte zur Blockierung meiner Arbeit, aber wir müssen abwarten und sehen, was in Zukunft passiert.

Einige Strukturen in der Föderation von B-H haben Sie einen serbischen Nationalisten genannt. Sind Sie wirklich ein Nationalist?
Ideen und einen Glauben zu haben, einem Volk anzugehören, das ist kein Nationalismus. Das ist Patriotismus und Heimatliebe. Die Verteidigung der Farben und der Flagge, der Schrift des eigenen Volkes, das sollte man nicht als radikal betrachten, wie einige es gerne darstellen wollen. Ich weiß, dass mich eine Liebe zum Menschen auszeichnet. Die Nominierung von Milada Šukalo zur stellvertretenden Bürgermeisterin, meine Unterstützung als Bürgermeister für Merhamet, die Caritas, den Kolo der Serbischen Schwestern und andere Vereinigungen zeigt, wie ich denke. Aber es ist ein Problem, wenn Sie sagen, dass Sie die kyrillische Schrift bewahren wollen, oder als ich gesagt habe, dass Banja Luka wieder auch kyrillisch sein wird. Banja Luka soll wirklich ein Ort sein, an dem sich jeder wohlfühlen kann, und daher fühle ich mich als Patriot.

Könnten Sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister von Sarajevo vorstellen?
Natürlich. Ich glaube, dass der Bürgermeister von Sarajevo vor allem Mensch ist und dass eine Zusammenarbeit nötig ist. Banja Luka hat eine Kooperation mit vielen Städten, auch außerhalb Europas. Wenn Banja Luka das kann, dann sehe ich keinen Grund, warum nicht auch innerhalb unseres Staates eine Zusammenarbeit möglich sein sollte.

„Ich glaube, dass der Bürgermeister von Sarajevo vor allem Mensch ist und dass eine Zusammenarbeit nötig ist.“

Was sind Ihre politischen Ambitionen, sehen Sie sich an der Spitze der Republika Srpska?
Jemand, der keinen Ehrgeiz hat, kann mit Sicherheit nicht solche Resultate erzielen. Aber meine Ambition gilt einem höheren Ziel und Ideal, nämlich meiner Stadt und ihren Bürgern zu dienen, und das muss nicht unbedingt im Rahmen einer hohen Position geschehen. Der Vorteil der Position ist, dass Sie einige Dinge schneller und einfacher erreichen können. Solange ich lebe, sehe ich mich in verschiedenen Formen, so, wie das Volk es will, und das heißt, ich erhalte die Gelegenheit, dem Volk, seinen Zielen und Idealen zu dienen. Dies ist erst der Beginn der Umsetzung unserer Idee, heute geschieht das in der Position des Bürgermeisters, und in einer Situation, in der ich viel Verantwortung für breitere Veränderungen übernommen habe, habe ich kein Recht zu sagen, dass ich gewisse Dinge nicht will. Als die Wahlvorbereitungen begannen, haben Umfragen gezeigt, dass ich zu den wenigen Politikern gehörte, die in Banja Luka gewinnen konnten, und dann habe ich aufgrund meiner Verantwortung keine Entscheidungsfreiheit mehr. Und so werde ich meine Verantwortung auch für zukünftige Herausforderungen wahrnehmen. Das heißt, meine Ambition ist es, mich mein Leben lang verschiedenen Formen dieser Aufgabe zu widmen, in denen ich für meine Ideale eintreten und den Menschen helfen kann. Die Funktion und die Position sind Dinge, die sich mit der Zeit ändern.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.