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REPORTAGE

Vindobona: Entdecke das römische Wien (FOTOS + Interaktive Karte)

Wien - damals und heute (FOTO: iStock, FOTO: Stadtarchäologie Wien/Martin Mosser)

Während wir an Wochenenden durch den ersten Bezirk spazieren und prächtige kaiserliche Architektur bewundern, wissen wir gar nicht, dass sich die Reste eines römischen Militärlagers genau unter unseren Füssen befinden. Mit der Expertise der Stadtarchäologie Wien ziehen wir den Vorhang des heutigen Stadtbildes auf und präsentieren euch die verborgene römische Stadt — Vindobona.

Vindobona war Teil der römischen Provinz Pannonien, deren regionales Verwaltungszentrum Carnuntum (im heutigen Bezirk Bruck an der Leitha) war. Es war ein Militärlager mit einer angegliederten Lagervorstadt (Canabae) und einer Zivilsiedlung. Die Donau markierte die Grenze des Römischen Reiches und Vindobona war Teil des pannonischen Verteidigungsnetzwerks, das die Lager Carnuntum, Brigetio und Aquincum umfasste. Zum Standort einer eigenen Legion sollte Vindobona schließlich unter Kaiser Trajan (98-117 n. Chr.) im Zuge der Verstärkung des Limes werden. Die für die standardisierten römischen Lager typische symmetrische Anordnung des Militärlagers ist im Wiener Straßenplan zum Teil noch erkennbar: Graben, Naglergasse, Tiefer Graben, Salzgries, Rabensteig, Rotenturmstraße.

„Öffentlich zu besichtigen sind die Ausgrabungen am Michaelerplatz, die Reste der römischen Tribunenhäuser des Legionslagers sind im Römermuseum am Hohen Markt (Aussenstelle des Wien Museums) im Untergeschoss zu sehen. Weitere wichtige Ausgrabungen für die Forschung waren 1982/83 am Wildpretmarkt, 1995-1998 am Judenplatz, 2007-2009 Am Hof, eine Reihe von Grabungen am Rennweg seit den 1990er Jahren (römische Zivilsiedlung) sowie die Grabungen in der Steinergasse in Hernals 2012 und 2017 (römische Legionsziegelei)”, verrät uns Dr. Martin Mosser, Archäologe der Stadtarchäologie Wien.

RENNWEG – In römischer Zeit war dieses Gebiet Zentrum der Zivilsiedlung.

Die schräge Lagergrenze entlang der heutigen Straße Salzgries wurde wahrscheinlich durch eine gewaltige Überschwemmung der Donau im 3. oder 4. Jahrhundert verursacht, die einen erheblichen Teil des Lagers erodierte. Der Name „Graben” kommt vom Verteidigungsgraben der ersten mittelalterlichen Stadt, der wiederum auf den römischen Lagergraben zurückgeht. Es wird vermutet, dass zumindest Teile der Mauern noch im Mittelalter standen.

Frühe Hinweise auf Vindobona stammen von dem Geographen Ptolemäus aus seiner Geographica und dem Historiker Aurelius Victor, dessen Bericht zu Folge Kaiser M. A. am 17. März 180 möglicherweise in Vindobona starb, während er sich auf einem Feldzug gegen germanische Stämme befand. Heute gibt es in der Nähe des Hohen Marktes in Wien eine Marc-Aurelstraße.

Vindobona: Legionslager und Lagervorstadt (canabae legionis), ca. Ende 1. bis 5. Jhd. (FOTO: Stadtarchäologie Wien/Martin Mosser)

„Seit der Renaissance (15./16. Jh.) gibt es Berichte über römische Funde in Wien. Systematisch erforscht wird das römische Wien (Vindobona) aber erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als vor allem in der Wiener Innenstadt ein ungeheurer Bauboom einsetzte. Federführend war damals der Archäologe und Numismatiker Friedrich Kenner, Direktor der kaiserlichen Münz- und Antikensammlung (heute Kunsthistorisches Museum), der auch die Lage des Legionslagers und der Zivilsiedlung erforschte. Als Archäologe auf den Baustellen war damals Josef Nowalski de Lilia tätig. Ab 1901 wurde ein eigener Gemeinderatsausschuss zur Förderung der archäologischen Forschung eingesetzt und ab 1903 das erste Römermuseum, das „Museum Vindobonense“ im 4. Bezirk in der Rainergasse eröffnet”, so Dr. Mosser.

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