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Dauerproblem

EU-Zeitchaos: Warum wir trotz Ablehnung die Uhren umstellen müssen!

Zeitumstellung
FOTO: iStock

Trotz massiver Ablehnung in der Bevölkerung und einem EU-Vorstoß zur Abschaffung bleibt der halbjährliche Zeitwechsel bestehen. Am Wochenende drehen sich die Zeiger wieder zurück.

Die Zeitumstellung bleibt trotz breiter Ablehnung bestehen. Seit 1980 werden in Österreich zweimal jährlich die Uhren umgestellt, obwohl die EU-Kommission eine Abschaffung anstrebte. Am kommenden Wochenende werden die Zeiger wieder eine Stunde zurückgedreht, wodurch der Sonntag 25 Stunden umfasst.

Historischer Hintergrund

Seit 1996 gilt eine EU-weit harmonisierte Regelung, nach der Österreich von Ende März bis Ende Oktober die Sommerzeit anwendet.

Bei der anstehenden Umstellung werden die Uhren nachts um drei Uhr um eine Stunde zurückgestellt. Dies verlängert die Nacht um 60 Minuten und ermöglicht längeren Schlaf. Morgens wird es entsprechend früher hell, während die Dunkelheit abends früher einsetzt.

Eine praktische Gedächtnisstütze vergleicht die Zeitumstellung mit dem Umgang mit Gartenmöbeln: Im Sommer stellt man sie nach draußen – wie auch die Uhr vorgestellt wird. Im Winter holt man sie zurück ins Haus – analog zum Zurückstellen der Uhr.

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Technische Umsetzung

Für Situationen, in denen während der Zeitumstellung eine präzise Unterscheidung der doppelten Stunde erforderlich ist, haben Experten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig eine Lösung entwickelt: Die erste Stunde wird als 2A, die zweite als 2B bezeichnet. Die PTB trägt als deutsche Zeitbehörde die Verantwortung für die exakte Verbreitung der gesetzlichen Zeit in Deutschland.

„Unsere Experten überprüfen regelmäßig vor Ort, ob die bevorstehende Umstellung korrekt programmiert ist”, erklärte PTB-Arbeitsgruppenleiter Dirk Piester. Die Behörde sorgt dafür, dass über den Langwellensender „DCF77″ in Mainflingen bei Frankfurt am Main Funkuhren, Bahnhofsuhren und zahlreiche industrielle Zeitmesser mit der gesetzlichen Zeit synchronisiert werden.

Gesundheitliche Folgen

Gegner der Zeitumstellung argumentieren, dass der halbjährliche Wechsel den Biorhythmus von Menschen und Nutztieren empfindlich stört – vergleichbar mit einem Mini-Jetlag.

Die Betroffenen klagen überwiegend über Müdigkeit (75 Prozent) und Schlafprobleme (65 Prozent). Vier von zehn berichten von Konzentrationsschwierigkeiten, ein Drittel fühlt sich gereizt. Zudem leiden 16 Prozent unter depressiven Verstimmungen. Fast jeder Fünfte gab an, aufgrund der Zeitumstellung bereits zu spät zur Arbeit erschienen zu sein.

Politische Situation

Umfragen belegen seit Jahren die Unbeliebtheit der Zeitumstellung in vielen europäischen Ländern. Erst kürzlich kündigte Spanien an, die Praxis abzuschaffen. Die EU-Kommission startete 2018 eine europaweite Online-Befragung. Von den rund 4,6 Millionen Teilnehmern sprachen sich 84 Prozent für eine Abschaffung aus.

Die Kommission schlug daraufhin vor, die Zeitumstellung in Europa zu beenden und den Mitgliedstaaten die Entscheidung zu überlassen, ob sie dauerhaft die Winter- oder Sommerzeit einführen möchten. Das Europaparlament befürwortete eine Abschaffung bis 2021 – allerdings ohne praktische Konsequenzen. Im Kreis der EU-Staaten konnte bislang keine einheitliche Position erzielt werden.

Beobachter befürchten, dass Europa bei unkoordinierter Abschaffung zu einem Flickenteppich verschiedener Zeitzonen zwischen Griechenland und Portugal zurückkehren könnte – mit neuen Hindernissen für Wirtschaft, Verkehr und grenzüberschreitenden Alltag.

Meinungsbild

Wissenschaftler betonen, dass die Zeitumstellung entgegen ursprünglicher Annahmen nicht zur Energieeinsparung beiträgt: Zwar wird im Sommer weniger Strom für Beleuchtung verbraucht, jedoch wird im Frühjahr und Herbst morgens verstärkt geheizt.

Als Alternative käme eine permanente Winterzeit in Frage, die über Jahrzehnte die Normalzeit in Österreich war. Die deutliche Mehrheit der Österreicher bevorzugt laut Umfragen jedoch eine dauerhafte Sommerzeit, die abends für längeres Tageslicht sorgen würde. Viele Befürworter sehen darin Vorteile für Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Eine permanente Sommerzeit hätte allerdings zur Folge, dass es im Winter teilweise erst gegen neun Uhr morgens hell würde.

Schüler müssten die ersten Unterrichtsstunden im Dunkeln absolvieren, was nach Einschätzung einiger Mediziner das Risiko für Depressionen erhöhen könnte.