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PROTESTE

„Eure Hände sind blutig“: Präsident Vucic massiv unter Druck

FOTO: EPA-EFE/ANDREJ CUKIC
FOTO: EPA-EFE/ANDREJ CUKIC

In den vergangenen Wochen sieht sich Serbiens Präsident Aleksandar Vučić mit erheblichen politischen Herausforderungen konfrontiert. Seit seiner Amtsübernahme im Sommer 2012 hat Vučić mehrere Protestwellen überstanden.

Doch gegenwärtig erreicht die Unzufriedenheit mit seinem autoritären Regierungsstil und der allgegenwärtigen Korruption einen neuen Höhepunkt.

Tragödie in Novi Sad entzündet Proteste

Am 1. November kam es in Novi Sad zu einem verheerenden Unglück: Der Einsturz eines neu renovierten Bahnhofvordachs kostete 15 Menschen das Leben. Die Renovierungsarbeiten waren erst wenige Monate zuvor von zwei chinesischen Firmen abgeschlossen worden. Dieses Desaster führte zu landesweiten Protesten, bei denen Regierungsgegner Plakate mit dem Slogan „Eure Hände sind blutig“ in Belgrad, Novi Sad und weiteren Städten zeigten. Um genau 11:52 Uhr hielten sie inne, um der Opfer zu gedenken.

In der Folge wurde vehement die Festnahme von Verantwortlichen gefordert. Tatsächlich wurden zwölf Personen verhaftet, darunter der kürzlich zurückgetretene Infrastrukturminister Goran Vesić. Doch trotz dieser Maßnahmen wurden die Proteste weitergeführt. Als einer der Konsequenzen trat auch Tomislav Momirović, ehemaliger Handelsminister, zurück.

Anhaltende Protestwelle und politische Spannungen

Trotz der Rücktritte und Festnahmen ebbte die Protestwelle nicht ab. Besonders Studierende nahmen aktiv teil, indem sie Universitäten in Belgrad, Novi Sad und Niš besetzten. Sie fordern unter anderem die Offenlegung der geheimen Verträge über die Bahnhofssanierungen. Es wird vermutet, dass chinesische Firmen Arbeiten an Unterauftragnehmer vergeben haben, die enge Verbindungen zur Regierung pflegen.

Präsident Vučić versucht, sich gelassen zu zeigen. Über Instagram mahnte er, die serbische Jugend solle sich nicht durch westliche Gelder gegen ihn instrumentalisieren lassen. Vučić äußerte den Verdacht, dass ausländische Geheimdienste die Proteste finanziell unterstützen. Dennoch zeigte er sich überzeugt, dass Serbien gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen und weiterhin Frieden und Stabilität bewahren wird.

Die landesweiten Unruhen haben mittlerweile auch das serbische Parlament erfasst. Vergangene Woche führte eine Schlägerei im Parlament dazu, dass 68 Tagesordnungspunkte ohne Debatte verabschiedet wurden, darunter das Budget für das kommende Jahr. Zudem kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Anhängern der Regierung, bei denen auch vermummte Schlägertrupps, die teilweise als lokale SNS-Funktionäre identifiziert wurden, involviert waren.

Die politischen Spannungen in Serbien halten an, während viele der zugrunde liegenden Fragen weiterhin ungeklärt bleiben. Die Unruhe zeigt deutlich, dass das Land vor entscheidenden Herausforderungen steht.