Süßes Geschäft mit bitterem Beigeschmack: Fast die Hälfte des EU-Honigs ist gestreckt oder manipuliert. Besonders China fällt mit verdächtigen Proben auf.
Honig ist eines der am häufigsten gefälschten Lebensmittel in Europa. Fast die Hälfte des in die EU importierten Honigs war im vergangenen Jahr nicht rein, sondern mit Zuckersirup gestreckt oder wies eine mangelhafte pflanzliche Vielfalt auf. Eine aktuelle britische Untersuchung zeigt ein noch alarmierenderes Bild: 90 Prozent des im Handel erhältlichen Honigs fielen durch die Qualitätskontrollen. In Lettland erfüllten nur sechs von 20 Supermarkt-Honigproben die EU-Standards.
Zwischen 2021 und 2022 wurden 46 Prozent des in der EU getesteten Honigs als „potenziell verändert“ eingestuft – ein dramatischer Anstieg gegenüber 14 Prozent im Zeitraum 2015-2017. Besonders auffällig: 74 Prozent dieser verdächtigen Proben stammten aus China.
Besonders kritisch werden Produkte aus China und der Türkei beobachtet. Die Türkei, mit einer Jahresproduktion von 115.000 Tonnen nach China der zweitgrößte Honiglieferant weltweit, kämpft trotz eines Jahresumsatzes von etwa 270 Millionen Euro mit massiven Fälschungsproblemen. Bei einer einzigen Razzia in Ankara im September 2024 beschlagnahmten Behörden 8.150 Tonnen Glukose, Fruktose und Zucker sowie 100.000 gefälschte Etiketten verschiedener Honigmarken.
DNA-Analyse als Lösung
Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) setzt bei der Bekämpfung von Lebensmittelfälschungen auf modernste DNA-Analysen. Ein spezialisiertes Labor in Tirol untersucht monatlich rund 100 Honigproben. Diese innovative Methode ermöglicht es, den Honig mit den von Bienen bestäubten Pflanzen zu verknüpfen.
Heimische Imker bieten mittlerweile QR-Codes an, mit denen Konsumenten die Herkunft ihrer Produkte nachverfolgen können. Die Supermarktkette SPAR hat sogar Honig vorübergehend aus dem Sortiment genommen, bis entsprechende Analysen abgeschlossen sind.
Österreich nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein – als einziges EU-Land mit einem staatlich unterstützten DNA-Analyseprogramm. Deutschland und andere Mitgliedsstaaten verlassen sich weiterhin auf herkömmliche Methoden wie chemische Analysen und Pollentests.
Auf EU-Ebene wird eine einheitliche Richtlinie zur Herkunftsbestimmung von Honig erwartet, die 2026 in Kraft treten soll. Eine bereits im Vorjahr verabschiedete Regelung schreibt vor, dass Honigetiketten ab Mitte 2026 präzise Herkunftsangaben enthalten müssen – die bisher übliche Kennzeichnung „Mischung aus europäischem und nicht-europäischem Honig“ wird dann nicht mehr ausreichen.
Brüssel hat zudem eine Expertengruppe mit einem Mandat bis 2028 eingesetzt, um die Methoden zur Erkennung von Honigmanipulationen zu vereinheitlichen.
Wirtschaftliche Folgen
Die Fälschungsproblematik trifft nicht nur Verbraucher, sondern bedroht auch die Existenz heimischer Imker, die mit den deutlich niedrigeren Preisen von Importprodukten kaum konkurrieren können.
Die EU ist nach China der zweitgrößte Honigproduzent weltweit, aber gleichzeitig nach den USA auch der zweitgrößte Importeur. Der Großteil des in der EU verkauften Honigs stammt aus der Ukraine, China und Argentinien.
Das österreichische Unternehmen Sinsoma hat sich auf die DNA-Analyse von Honig spezialisiert. „Honig ist voller DNA-Spuren und Informationen aus der Umgebung, in der Bienen Nektar sammeln. Jeder Honig besitzt ein einzigartiges DNA-Profil“, erklärt Corina Wallinger, Verkaufsleiterin des Unternehmens.
Sie betont, wie wichtig es sei, dass die Technologie ständig weiterentwickelt wird – genau wie die Methoden der Fälscher. Wenn eine Honigprobe keine breite Palette von DNA-Spuren aufweist oder beispielsweise einen hohen Anteil an Reis- oder Mais-DNA enthält – Pflanzen, die Bienen normalerweise nicht anfliegen – deutet dies auf eine Fälschung hin.
Wallinger gründete das Labor 2018 mit Kollegen und beschäftigt heute etwa 15 Mitarbeiter in Völs bei Innsbruck. Imker zahlen 94 Euro für einen grundlegenden DNA-Test – etwa halb so viel wie für herkömmliche Pollentests. Zusätzlich erhalten sie einen QR-Code, mit dem Verbraucher nachvollziehen können, welche Pflanzen die Bienen bestäubt haben.
Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass die DNA-Methode nur bestimmte Arten von Betrug aufdecken kann und für zuverlässige Ergebnisse umfassendere Analysen nötig sind.
Die wirtschaftliche Motivation hinter den Fälschungen liegt auf der Hand: Während eine importierte Honigeinheit in der EU durchschnittlich 2,32 Euro pro Kilogramm kostet (Stand 2021), ist Zuckersirup aus Reis für etwa 0,40-0,60 Euro pro Kilo erhältlich.
Für Verbraucher ist gefälschter Honig kaum von echtem zu unterscheiden. Die einzige Möglichkeit, ein authentisches Produkt zu erhalten, besteht darin, einen vertrauenswürdigen Produzenten oder Lieferanten zu finden.
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