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KOMMENTAR

Kolinda ist Geschichte: „Ein Sieg der Normalität“

(FOTO: Facebook-Screenshot/Zoran Milanovic, en.kremlin.ru)

In Kroatien ticken die politischen Uhrzeiger seit gestern wieder anders.

Der dortige Rechtspopulismus hat bei den Präsidentschaftswahlen eine schwere, aber auch eine mehr als verdiente Watsche bekommen: Die amtierende Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović scheiterte bei ihrer Wiederwahl gegen den linken Gegenkandidaten Zoran Milanović, dessen Sieg möglicherweise auch langfristige Auswirkungen auf die kommenden Parlamentswahlen haben könnte. Es ist zwar einerseits die Niederlage von Grabar-Kitarovic als amtierende Präsidentin, aber es ist auch ganz klar eine Rote Karte für die regierende HDZ und ihre erweiterte Klique, die beim umstrittenen Zagreber Bürgermeister Milan Bandić anfängt und beim in Bosnien-Herzegowina „untergetauchten“ Fußball-Mafiaboss Zdravko Mamić endet.

Pathethische Theatralik
Dabei waren sich die herrschenden Rechten so siegessicher: Kolinda wurde in ihrer Kampagne als Mutter der Nation inszeniert, die – begleitet von Folklore- und Tamburica-Gruppen – durch das Land ziehen und den sicheren Sieg heimholen sollte. Doch, ihre Auftritte wurden zum Desaster und endeten meist in einer pathetisch-theatralischen Kriegsrhetorik, der wir den schmutzigsten Wahlkampf aller Zeiten in Kroatien zu verdanken haben.

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Es war zweifellos auch der Wahlkampf der geschmacklosen Übertreibungen: „Nur Kolinda könne die Einheit der kroatischen Armee und Katholischen Kirche garantieren“, hieß es aus ihrem Team. In einer viel kritisierten Rede behauptete sie, „dass sie im Ausland bereits Deals abgeschlossen hat, mit denen junge Leute in Kroatien bald 8.000 Euro pro Monat verdienen werden“. In der Heimat der jugendlichen Massenabwanderung, in dem ein Durchschnittsgehalt 800 Euro pro Monat beträgt, klingen diese Geschichten wie Storys aus Disney-Land, aber sicherlich nicht wie realistische Wahlkampfversprechen. Für viele ist „Mama Kolinda“ damit zu weit gegangen und ihre Auftritte begannen immer mehr Menschen eher an Home-Shopping-TV-Märchen als an seriöse, staatstragende Politik zu erinnern.

Es war zweifellos auch der Wahlkampf der geschmacklosen Übertreibungen: „Nur Kolinda könne die Einheit der kroatischen Armee und Katholischen Kirche garantieren“

Trump-artige Auftritte
Das Wahlergebnis, welches das linke Lager Kroatiens wieder zurück auf die große Bühne holt, ist auch eine Strafe für den provokanten Wahlkampfstil von Grabar-Kitarović. Diesen beschrieben viele auch als „Trump-artig“. Ihre Spin-Doktoren wollten den Sozialdemokraten Milanović als „anti-kroatisch-eingestellten Kommunisten“ und „Verräter“ darstellen. Erfolglos, wie sich zeigte. Diese Schüsse gingen meistens nach hinten los: Nach dem TV-Duell griff ein Berater Kolindas Milanović im Gang des Fernsehsenders sogar verbal an, was wohl eher der selbsternannten Mutter der Nation als ihrem Gegenkandidaten schadete. Ähnliches passierte auch gestern beim Wahllokal, als ein Mann begann, verbal auf Milanović loszugehen und ihn als Kommunisten zu beschimpfen.

Sieg der Normalität
„Die Kriege sind vorbei“, „Normal“ und „Präsident aller Bürger“ waren klare Ansagen in den Slogans von Milanović. Die Kriegsrhetorik von Kolindas Wahlkampfteam wurde hingegen durch die von Milanović in den Slogans betonte „Normalität“ besiegt.

Sogar der letzte „Patrioten-Joker“, die nationalistische Angstmache vor dem Kommunismus, konnte das Blatt nicht mehr wenden. Selbst die Erwähnung von Fußballstar Luka Modric, den sie als ihr „liebes Söhnchen“ bezeichnete, brachte ihr keine Pluspunkte mehr. Vorbei ist die WM 2018 und vorbei ist auch die Zeit der Rhetorik, die vielleicht im Kroatien der neunziger Jahre noch Massen bewegen konnte. Vorbei ist die Zeit von Kolinda Grabar-Kitarović – und das ist gut so.

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