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INTERVIEW

MACA: „Wegen mir hat noch niemand geweint!“

FOTO: zVg.

SCHAUSPIELER UND ENTERTAINER. Dragan Marinković Maca verbindet das Publikum überwiegend mit seiner Arbeit an verschiedenen Show-Projekten: Er war Moderator von Unterhaltungssendungen, hat an Reality-Shows teilgenommen und ist als Stand up Comedian aufgetreten.

Tatsächlich hat MACA an der Akademie der Bühnenkünste in Sarajevo Schauspiel studiert, und zwar in der besten Klasse. Er hatte ein Engagement im Kammertheater 55 in Sarajevo und spielte anschließend im Belgrader Atelier 212. Dieses verließ er jedoch mit der Begründung, dass ihm ein ständiges Bühnenengagement zu anstrengend und zu stressig sei und auch seine finanziellen Bedürfnisse nicht befriedigen könne. Dennoch trat er nicht ganz von der Bühne ab. Er wirkte in mehr als 50 Theaterpremieren als Schauspieler, aber auch als Regisseur mit. Neben der Bühne war er auch im Fernsehen in Filmen und Serien zu sehen. Im Film gewann er große Erfahrung bei Projekten im französischen und italienischen Sprachraum. In Frankreich drehte er zehn und in Italien vier Filme an der Seite der größten dortigen Schauspieler.

KOSMO: Was steht in Ihrem Personalausweis?
D.M. Maca: Ich bin ein halbes Jahrhundert alt, bin verheiratet und habe bisher zwei Söhne. Ich lebe meistens in Hotelzimmern, aber meine Basis ist der Arbeit wegen Belgrad, wo ich mit meiner Frau in einem schönen Stadtteil lebe. Ich brauche diese Ruhe, wenn ich nicht auf der Bühne stehe, um darüber nachzudenken, was ich falsch gemacht habe, und zu entscheiden, was mir nicht noch einmal passieren sollte.

Die Meinungen über Sie gehen stark auseinander: Die Bosniaken verehren Sie, aber einige Serben können Sie nicht einmal auf Bildern anschauen.
Wissen Sie, ich bin gebürtiger Sarajlija. Dort bin ich aufgewachsen und habe meine ersten Schritte gemacht. Ich habe den Duft dieser Stadt aufgesogen, die, wenn wir ehrlich sind, die Nummer eins in Ex-Yu war. Bei allem Respekt vor den anderen Städten: Sarajevo hatte etwas Besonderes und Unvergleichliches. Meine Mutter ist aus Sarajevo, mein Vater aus Belgrad. Darum bin ich in beiden Städten zu Hause und gehöre dorthin. Ich bin in Jugoslawien geboren und Grenzen interessieren mich nicht, genauso wenig wie der ganze Irrsinn, der passiert ist. Ich muss dieses Stück Papier herumtragen, dass pasoš, putovnica oder šara genannt wird, wie auch immer. Ich habe mir das alles, was passiert ist, nicht gewünscht und es hat mich nicht glücklich gemacht, und daher interessiert mich auch nicht sehr, was daraus geworden ist. Ich mag einfach in allen Städten unseres ehemaligen Staates Kaffee trinken, ich fühle mich überall wohl. Ich verstehe mich mit allen ausgezeichnet, denn wir sprechen dieselbe Sprache, egal, wie man sie gerade nennt, wir hören dieselben Lieder, lachen über dieselben Witze und es gibt keine Unterschiede. Nationale Vorzeichen interessieren mich nicht. Es ist klar, dass mich nicht alle lieben, kein Mensch wird von allen geliebt oder von allen gehasst, und das ist völlig in Ordnung. Wenn es um Unterschiede geht, gibt es für mich nur einen: Entweder du bist Mensch oder du bist Scheiße!

Maca: „Es ist normal, dass mich nicht alle lieben. Kein Mensch wird von allen geliebt oder von allen gehasst.“

Kritiker sagen, dass die Vorstellungen, die in privaten Produktionen entstehen, eigentlich das Ende des ernsthaften Theaters sind…
Theaterkritiker haben keine Ahnung vom Leben! Erstens kann er mich nicht kritisieren. Wer ist er, mich zu kritisieren?! Was ist er von Beruf? Theaterkritiker! Soll er sich doch selber kritisieren! Film-, Theater- und Kunstkritiker – das ist ein Haufen unbefriedigter Persönlichkeiten, die einen unbeschreiblichen Drang haben, die Arbeit anderer Leute zu besudeln. Wissen Sie, bei uns herrscht diese soziokommunistische Art, der noch heute viele nachweinen, was ich gar nicht glauben kann. Aber ich sehe das auch bei meiner Mutter und so weiter. Es ist dieses – du lebst aus dem Budget und spielst den Künstler. Du gehörst zu irgendeiner Sekte, zu einem Clan, und schon fühlst du dich als Gelehrter. All diese Kritiker rühmen den Broadway, aber dort wird eine Vorstellung gespielt und verkauft. Menschen, die an privaten Produktionen arbeiten, verdienen Respekt. Zu den Premieren der hochgeschätzten Vorstellungen kommen nicht einmal ihre Mütter, aber die Kritiker heben sie in den Himmel. Darum sollte man nicht herumspielen und die Arbeit anderer Leute kritisieren! Jeder sollte seine Arbeit machen, so gut er sie versteht, und der beste Lackmustest, um das Resultat zu beurteilen, ist ein voller Saal.

Wie beurteilen Sie die Schauspielkunst mit all Ihrer Erfahrung heute?
Ich glaube, dass es für jeden Schauspieler gut ist, möglichst viele Kilometer auf der Bühne zurückzulegen, einen Raum zu haben, wo er sich „die Beine brechen kann“, aber eine spätere Hyperproduktion ist nicht gut. Man muss sich eine gute Serie, eine gute Rolle in einem Film oder im Theater aussuchen. So mache ich es auch, wenn ich Regie führe, spiele oder was auch immer, ich suche mir einen guten Text aus und genieße es, denn das Wichtigste ist, dass man kreativ zufrieden ist. Finanziell kannst du nie zufrieden sein, denn niemandes Arbeit kann adäquat bezahlt werden. Eine Stunde reiner körperlicher Arbeit auf der Bühne, der Schweiß und die Emotionen, die da freiwerden, sind schwer zu bewerten. Wenn ich kreativ zufrieden bin, bin ich ganz erfüllt, und das spürt das Publikum, schätzt es, reagiert super und ist am Ende der Vorstellung zufrieden.

Wie sind Sie privat, schauspielern Sie da auch?
Ich habe im realen Leben mehrere ernsthafte Rollen, aber keine schauspielerischen. Privat bin ich ein Mensch, der alle seine Rechnungen zahlt und sich in der Vaterrolle gut zurechtfindet, und ich habe auch die Rolle als Sohn und als Ehemann. Das sind die Lebensaufgaben, die Ernsthaftigkeit erfordern. Ich bin ein Mensch, der seine Pflichten erfüllt und einen Kodex hat; das ist ein Wort, das heute fast vergessen ist. Wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht, müssen alle von sich selbst ausgehen, denn dann geht es allen am besten. Was mir nicht gefällt, das wird sicher auch niemand anderem gefallen, unabhängig davon, welche Charakterzüge bei ihm dominant sind. Es gibt gewisse Postulate und Überzeugungen im Leben von uns allen, aber es ist sehr wichtig, dass wir an die Menschen um uns herum denken, damit wir dasselbe von ihnen empfangen.

DAS REALE LEBEN hat Dragan mehr ernsthafte Rollen zugeteilt.

Wenn Sie Bilanz ziehen, was ist Ihnen wichtig?
Nie hat jemand meinetwegen geweint, niemals habe ich jemanden absichtlich verletzt oder in eine schlechte Situation gebracht. Obwohl mein Leben sehr turbulent ist, habe ich nie jemandem Schmerzen, Leiden oder Erniedrigung zugefügt. Ich habe viele Situationen durchlebt, manchmal freiwillig, manchmal auch nicht. Der Mensch lernt sein Leben lang und stirbt doch dumm. Einige Dinge konnte ich viel besser spielen, einige anderes, aber ich weiß, dass ich nie jemand von den Menschen, die mir wichtig sind und die mich lieben, verletzt habe.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.