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INTERRELIGIÖSER DIALOG

Moschee: Was sich wirklich hinter ihren Türen verbirgt

Moschee
Moschee (FOTO: iStockphoto)

In sozialen Medien und in den Stammlokalen bezeichnet man Moscheen immer öfter als Orte, wo Hass gepredigt, Terror gezüchtet und Parallelgesellschaften betrieben werden. Doch stimmt das? Eine kleine bosnische Moschee in Ottakring bemüht sich seit Jahren ein anderes Bild zu zeichnen.

Es ist still in der „Džemat Bosna“-Moschee in der Hippgasse in Wien Ottakring. Ein kleiner Gang führt direkt zu dem Gebetsraum, in dem ein dicker, grüner Teppich verlegt ist. Imam Mersad Muratovic kniet vor dem Mihrab, die Gebetsnische, die in Richtung Mekka zeigt. Er trägt eine schwarze Robe, wie sie typisch für Imame ist. Eine Ahmedija, (ein weißer Hut, auch typisch für Imame) ziert seinen Kopf und ein schütterer dunkler Bart sein Gesicht. Er lacht müde, als er auf das Thema Parallelgesellschaft angesprochen wird. Es ist so, als könnte er das Wort nicht mehr lesen oder hören. Er blickt kurz nach unten und überlegt wie er antworten soll. „Was ist eine Moschee?“, fragt er rhetorisch. Es brauche zuerst eine Antwort auf diese Frage, bevor er auf das angesprochene Thema der Parallelgesellschaften eingehen kann.

Und damit hat er nicht so unrecht. Es war nämlich erst in Juni, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz, sein Vize Heinz-Christian Strache, Innenminister Herbert Kickl und Kulturminister Gernot Blümel, eine Pressekonferenz abgehalten hatten, in der sie über die Schließung von Moscheen und den Kampf gegen den „politischen Islam“ gesprochen hatten. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Regierung nur Scheinpolitik mittels Ablenkungsmanöver betrieben hatte. Denn die Schließungen hatten eher administrative Gründe und könnten von der Islamischen Glaubensgemeinschaft selbst ausgelöst worden sein, doch das war dann schon egal.

In den Kommentaren unter den Meldungen, in den sozialen Medien, wo diese Nachrichten rasch verbreitet wurden, konnte man besorgniserregende Sätze lesen, die die Schließung aller Moscheen forderten, Muslime pauschal als hasserfüllte Islamisten abstempelten und ihnen Parallelgesellschaftsbetreibung vorwarfen. Das Wort Moschee wurde vermehrt zu einem Synonym für Negatives. Das ist keine neue Erscheinung. Seit Jahren sträubt sich ein Teil Gesellschaft wenn es diese sieben Buchstaben liest. Vor allem dann, wenn eine neue Moschee irgendwo gebaut werden soll. Daher zurück zu Muratovics Frage: Was ist denn eine Moschee?

Imam Mersad Muratović
„Ich predige gegen den Hass. Hass hat im Islam keinen Platz. Den kleinen und den Großen predige ich Respekt, Toleranz und Offenheit, und das seit Jahren“, erzählt uns Mersad Muratović, der Imam der Moschee „Džemat Bosna“ im 16. Bezirk. (FOTO: Diva Shukoor)

Eine džamija, das bosnische Wort für Moschee, ist ein Ort wo Muslime ihre Gebete verrichten können. Doch sie hat auch weitere Funktionen. Man trifft sich in der Moschee mit Freunden und Bekannten, plaudert, bespricht Probleme. Wie in einem Verein. „Sie ist aber auch ein Ort der Erziehung“, sagt der Imam. Kinder lernen dort über den Islam und auch gutes Benehmen gegenüber den Eltern und der Gesellschaft, erklärt Muratovic. Auch für Erwachsene gibt es Lektionen. „Ich predige oft darüber wie man schlechte Eigenschaften wie Geiz, Neid oder das Lügen bekämpft“, sagt Muratovic. Und Hass? Der Imam lacht wieder müde. „Ich predige gegen den Hass. Hass hat im Islam keinen Platz“, so der Imam. „Den kleinen und den Großen predige ich Respekt, Toleranz und Offenheit, und das seit Jahren“, legt er nach. Bei ihm bleibt es aber nicht nur bei Worten.

Die kleine Moschee setzt sich bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2005 für den interreligiösen Dialog ein. „Wir haben eine sehr gute Kooperation mit unserer Nachbar-Kirche. Wir besuchen uns gegenseitig und nehmen an den Veranstaltungen und Feste der jeweiligen religiösen Gemeinde teil“, so Muratovic. Der Verein nimmt aber auch an anderen Aktivitäten teil. Voriges Jahr haben sie zum Beispiel gemeinsam mit anderen religiösen Vereinen ein interreligiöses Fest in Wien Ottakring veranstaltet, wo sich Besucher über die verschiedenen Religionen erkundigen konnten. Auch heuer waren sie aktiv. Einen Tag nach der oben erwähnten Pressekonferenz und den Diskussionen über Parallelgesellschaften hatte die Moschee zum größten Open Air Iftar geladen. Iftar ist das arabische Wort für das Fastenbrechen, also die erste Mahlzeit die fastende Muslime im islamischen Monat Ramadan nach dem Sonnenuntergang zu sich nehmen.

Für die Veranstaltung reservierte der Moscheeverband einen Teil der Hasnerstraße, um dort Tische und Sitzbänke aufstellen zu können. Diese kamen von der Pfarre „Maria Namen“, die sich gegenüber der Moschee befindet. An dem Abendessen konnte teilnehmen wer wollte. „Mitten drin, statt parallel“, sagt Muratovic. Der Verein hatte alle Nachbarn eingeladen – natürlich auch die Pfarre. Heuer konnten sie an dem Iftar nicht teilnehmen, da sie andere Termine wahrnehmen mussten, doch beim vorjährigen Open Air Iftar waren sie Ehrengäste. Es kamen über 1.500 Personen. Unter den Gästen befand sich auch Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ). Er konnte sich mit einer Vielzahl an christlichen Gästen aus der Nachbarschaft, darunter einige Lehrer, austauschen.

EIN ORT, ACHT RELIGIONEN:
2015 wurden in der Seestadt symbolisch acht Fahnen von Religionsgemeinschaften aufgehängt. Es war der erste Schritt des geplanten Campus der Religionen. Das Projekt wurde von der Erzdiözese initiiert und hat den friedlichen Zweck die Religionen zusammenzuführen. Derzeit ist die Frage der Finanzierung noch offen.

MUSLIM JEWISH CONFERENCE:
2009 hat der Wiener Ilja Sichrovsky die Muslim Jewish Conference gegründet. Das ist eine Plattform für den Austausch zwischen junge Juden und Muslimen. Heuer findet die 9. Konferenz vom 12. bis zum 16. Dezember in Paris statt. Mindestens ein Mal im Jahr finden im kleineren Rahmen Treffen in Wien statt.

„Sie sagten zu mir, dass es mehr solcher öffentlichen Veranstaltungen braucht“, so Baghajati. Solche Events würden helfen Freundschaften zu fördern, Kontakte zwischen Nachbarn herzustellen und den Zusammenhalt zu stärken. Dessen sind sich auch Muratovic und seine Moschee bewusst. Sie sind aktives Mitglied des Religionsforums Ottakring. Mit den anderen Mitgliedern trifft sich Muratovic einmal im Monat. Ende September (Nach dem Redaktionsschluss, Anm.d.Red) trafen sie sich, um gemeinsame Veranstaltungen für 2019 zu planen.

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