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ÖFFENTLICHE HETZJAGD?

Quarantäne und Regelbrecher: Bosnien und Montenegro machen Namenslisten öffentlich

(FOTO: zVg.)

Aufgrund der hohen Anzahl an Menschen, die sich nicht an die Maßnahmen oder gar behördlich angeordnete Selbstisolation halten, sahen sich die beiden Balkanländer gezwungen, drastische Schritte einzuleiten. Diverse NGOs und das EU-Monitoring warnt vor öffentlicher Hetzjagd.

Die Regierung der Republika Srpska verabschiedete am Sonntag eine Anordnung, laut welcher die Namen all jener, die die Regeln einer behördlich angeordneten Quarantäne brechen, sofort öffentlich gemacht werden. „Wir werden die Namen aller Regelbrecher der Selbstisolation veröffentlichen. Zudem werden sie in ‚Zelt-Quarantäne‘ gesteckt“, so der Premier der Republika Srpska Radovan Višković.

Heute veröffentlichte die Polizeidirektion der Föderation eine Liste all jener, gegen die nun wegen Missachtung der angeordneten Selbstisolation ermittelt wird. Im Kanton 10, dem sogenannten Livanjski kanton, wurden zusätzlich sogar die Adressen und Handynummern der Betroffenen öffentlich gemacht.

Gesetz in Arbeit – Haft für Regelbrecher
Ebenso berichteten bosnische Medien, dass in der Föderation eine Gesetzesnovelle ausgearbeitet wird, die eine Haftstrafe für Missachtung der Selbstisolation vorsieht. Laut eines ersten Vorschlages belaufe sich die Haftstrafe auf drei bis fünf Jahre. Die Regierung der Föderation gab an, dass derzeit 249 Personen die Regeln einer behördlichen Quarantäne missachtet haben.

„Ausgangssperre einzige Alternative zur Namensliste“
Ähnlich drastische Maßnahmen führte auch die montenegrinische Regierung ein. Sie ließ verlautbaren, dass in Rücksprache mit der staatlichen Datenschutzbehörde und dem Nationalen Organ für Infektionskrankheiten nun die Namensliste der Menschen in behördlicher Quarantäne veröffentlicht wird.

Sowohl die Republika Srpska als auch Montenegro betont, dass dieser Beschluss gefasst wurde, da viele der Bürger die angeordnete Selbstisolation missachteten. Die montenegrinische Regierung ging sogar so weit, dass sie eine komplette Ausgangssperre die einzige Alternative zur Veröffentlichung der Namensliste gewesen wäre.  

EU-Monitoring: „Hetzjagd und gesetzeswidrig“
Die Initiative für das Monitoring der EU-Integration Bosnien-Herzegowinas warnt vor diesen Maßnahmen und ruft die offiziellen Institutionen des Landes dazu auf, die Veröffentlichung von Namenslisten in Zukunft zu unterlassen.

„Wir warnen die Öffentlichkeit und zuständigen Organe in Bosnien-Herzegowina davor, dass die Veröffentlichung der Namen jener, die sich in Isolation befinden bzw. diese missachten, zu einer Etikettierung, Stigmatisierung und sogar zu einer Hetzjagd führen könnte“, so das EU-Monitoring in einer Aussendung.

Ebenso obliegen die Beobachtung und Kontrolle der Betroffenen einig bei den zuständigen Polizeiorganen und nicht bei allen Bürgern des Landes. „Solch eine Maßnahme hat keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr verstößt sie gegen das Datenschutzgesetz des Landes“, ist dem Schreiben der Initiative weiter zu entnehmen.