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INTERVIEW

RAF Camora: „Ich bin und bleibe ein Westwiener!“

„Ich sag‘ den Jugendlichen – macht wie ihr denkt! Am Ende des Tages sind es eure Eltern, die euch erziehen. Ich bin nicht euer Vater“, so Raf. (FOTO: Farido Davis)

Raf & der Balkan

Dass der Westwiener eine ganz besondere Beziehung zur Balkan-Community hegt, ist allseits bekannt. Wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass er seine Jugend im 15. Wiener Gemeindebezirk verbrachte.

„Im Bezirk alles Mafiapolitik, ein Sandžaklija regiert, was für Van der Bellen?“
(Andere Liga, Anthrazit)

Aber nicht nur in seinen Texten stellt er die enorme Verbundenheit zu seiner vorwiegend balkanisch geprägten Anhängerschaft unter Beweis, sondern zählt auch etliche Jugos zu seinen engsten Freunden. Zudem nutzt der Balkan-Sympathisant gerne Städte in Kroatien, Bosnien oder Serbien als Drehorte. So diente die wunderschöne Küste Kroatiens als Kulisse für den Spot zu „Ohne mein Team„. Videoproduzent Shaho Casado tobte sich außerdem mit Raf und der „Ekipa“ für den Dreh zu „Mörder“ auf den Hochhäusern Zenicas aus, und der Clip zum Song „Nema bolje“ (Es gibt keine Bessere), den Raf im Winter 2017 gemeinsam mit den Sarajevoern Jala Brat und Buba Corelli aufnahm, fand in Belgrad statt.

Einer der wichtigsten Fädenzieher des Deutschrap entpuppt sich als Fan
von Osman Hadžić und Stoja.

Gestern waren die Bratos zu Besuch in Wien @jalabrat & @bubacorelli Bomben Jungs !

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Entweder – Oder (grün = Rafs Favorit)
Tichy oder Garda
Audi oder Alfa
High Heels oder Sneaker
Austria oder Rapid
Party oder Netflix & Chill
Shabba oder Šaban Šaulić

Balkan-Kollaborationen, wie jene mit den beiden bosnischen Künstlern sollen aber neben dem Megahit „Qa bone“ (Was geht), den Raf kurz danach mit dem kosovarischen Rapper Azet aufgenommen hatte, keine Ausnahmen bleiben.

Rasta ist richtig baba!
– RAF Camora

LESEN SIE AUCH: Ohne Musikvideo: Über eine halbe Million Klicks für Raf Camoras „Maserati“ – in nur 24 Stunden!

Der Wiener Rapper Raf Camora ist längst nicht mehr aufzuhalten. Das bewies er nun einmal mehr mit seinem neuesten Erfolgstrack – Maserati – der derzeit alle Youtube-und Spotify-Charts auf den Kopf stellt.

 

So ist ein Projekt mit dem albanischen Künstler Noizy in der „Mache“, wie uns Camora während unseres Gesprächs exklusiv verrät. Genaueres sei allerdings noch nicht spruchreif. „Rasta ist aber auch richtig ‚baba'“, outet sich der Rapper als Fan.

Die Frage, ob bzw. welche Balkan-Künstler der Produzent privat hört, konnten wir uns natürlich nicht verkneifen. „Dadurch, dass ich in Fünfhaus zum Großteil mit Bosniern aufgewachsen bin, kenne ich mich ziemlich gut mit der Musik der Region aus“, antwortet er, und packt direkt im Anschluss eine überraschende Info auf den Tisch. Einer der wichtigsten Fädenzieher des Deutschrap entpuppt sich nämlich während unseres Gesprächs als Fan des bosnischen Sängers Osman Hadžić, und des serbischen Stimmwunders Stoja.

Raf & die Frauen

Aber auch die Balkan-Frauen lassen den Künstler nicht kalt. In seinem Song „Andere Liga“ verlieh er seiner Bewunderung für all jene „Balkan-Chicas“ Ausdruck, die er noch aus seiner Vergangenheit kennt. Und in Raphael Raguccis Leben gab es einige, wie er uns im Interview auch kurz und bündig bestätigt…

„Unsere Frau’n sind die schönsten der Welt, wer ist Eva Mendes?“
(Vienna, Anthrazit)

Andere Liga ging nicht nur an alle Balkanfrauen – In erster Linie handelt der Song von all jenen Mädels, die wir aus unserer Jugend kannten, und das waren nun mal zum größten Teil Mädchen vom Balkan. Sie hatten bzw. haben einen unverkennbaren Stil. Zum einen können sie tough und sportlich sein, und zum anderen vor Eleganz nur so strotzen. So sehr, dass du sie von Fünfhaus direkt in das schickste 5-Sterne-Restaurant ausführen kannst. Diese Wandelbarkeit habe ich schon damals gefeiert“, stellt der Westwiener klar.

10 Millionen Views auf ANDERE LIGA!! Fünfhaus ist Fame langsam?

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„…Drum besser sag nix“
(Sag nix, Anthrazit RR)

Ob unter all diesen Frauen bereits die Richtige dabei war, interessiert aber vor allem seine weiblichen Fans brennend. Doch darauf bekamen wir keine Antwort. Dinge, wie diese behält er lieber für sich. Was uns der 33-Jährige aber verrät, ist, dass er in ein paar Jahren unbedingt eine Familie gründen möchte.

Raf und die Verbundenheit zu Fünfhaus & Wien

Der Weltenbummler hat schon alle möglichen Teile der Erde gesehen, verbrachte unter anderem viel Zeit in Jamaika und Tokio, und spricht neben seinen beiden Muttersprachen Französisch und Deutsch, auch Italienisch und Englisch. Doch trotz allem fühlt er sich zur Kultur „der Republik Fünfhaus“ – wie er sagt – mit all ihren Balkan-Einflüssen am verbundensten.

„Meine Stadt ist das Kostbarste, Fünfhaus war nie auf einer Postkarte.
Meine Brüder, sie seh’n sich null ähnlich
Balkan, Afrikaner, Osmane, alle aus Vienna“
(Vienna, Anthrazit)

Keine zwei Wochen hält es Camora aus, ohne zumindest kurz die Johnstraße oder einen anderen Teil von Fünfhaus gesehen zu haben. In erster Linie haben seine regelmäßigen Besuche aber familiäre Gründe. „Ich muss meine Familie, meine Freunde, meine Stadt sehen. Ich vermisse Wien jeden Tag“, gibt uns der Künstler preis.

„…Siegesparade im Cabriolet…“
(Primo, Anthrazit)

„Als der Erfolg noch ausblieb, habe ich es eher gemieden, nach Wien zu kommen, weil es mich daran erinnert hat, dass ich nach wie vor nicht das erreicht habe, was ich mir vorgenommen hatte. Doch inzwischen ist es eine ständige Siegesparade. Überall erkennen mich die Leute, und hören meine Musik in Autos…in Clubs. Das ist für mich die größte Auszeichnung“, erzählt Raf stolz.

Raf & Ekipa
Der Rapper fühlt sich zur Kultur „der Republik Fünfhaus“ – wie er sagt – mit all ihren Balkan-Einflüssen am verbundensten. (FOTO: zVg.)

„Fünfhaus, ich trenn‘ dich von Wien – Ich bin Separatist“
(Verkauft, Anthrazit RR)

Dass der Westwiener seine Wurzeln niemals vergessen würde, bewies er unter anderem dadurch, dass er sich mitten im 15. Bezirk eine Wohnung gekauft hat, und sich bald mit einem Haus mit Blick über die Hauptstadt einen langgehegten Traum erfüllen möchte: „Ich will Wien sehen – ununterbrochen! Aus diesem Grund plane ich auch in etwa fünf Jahren wieder hierher zu ziehen.“ Da er aber in Fünfhaus keine Häuser finden wird, die ihm diesen Panoramablick ermöglichen, wird er höchstwahrscheinlich auf den 16. oder 13. Bezirk ausweichen müssen. Zentrum seines Schaffens ist und bleibt aber Berlin, wo er sich mal eben ein Studio für eine halbe Mille gebaut hat.

Geh mir weg mit dei’m Ferrari Bau ein Studio für das selbe Geld ?#ANTHRA-STUDIO

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Kurz und knapp
Warum folgst du auf Instagram niemandem?
Bonez hat irgendwann alle gelöscht, die ich abonniert hatte.
Ich fand dann dieses 0-Folgen-Prinzip irgendwie cool, und ich muss sagen,
es erspart einem sehr viel Stress. Ich kann es nur empfehlen!

Stimmt es, dass du einen großen Teil deines Vermögens durch Bitcoins gemacht hast?
Richtiger Quatsch! Ich habe zwar ein paar, aber mein Vermögen basiert ausschließlich
auf meiner Musik und der Investition in Immobilien.

Hast du Lampenfieber vor deinen Shows – Was hilft dir bei der Bekämpfung?
Ja sehr! Leider der Alkohol!

Es gibt zudem einige Orte, die der Star bei fast jedem Wien-Besuch abklappert. Zum einen die Bellevuewiese am Kahlenberg, zum anderen Restaurants, wie Galaxie und Kent auf der Märzstraße, aber auch die Shisha-Lounge Essouira seines Kumpels Farido im 17. sind fixe Spots, die der Künstler in seiner Heimatstadt niemals auslässt.

Shisha im Essouira!

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Aber vor allem Fünfhaus sei aufgeblüht seitdem er Wien vor elf Jahren verlassen hatte: „Früher überließ man diesen Bezirk sich selbst. Der 15. war ein richtiger Randbezirk – fast schon abgeschottet von der Außenwelt. Mittlerweile geht dieser Stadtteil richtig auf – mit all seinen Restaurants und Cafés.“

„Ich vermisse Wien jeden Tag!“
RAF Camora

Kein Moralapostel
Dass der Westwiener eine turbulente Jugend auf den Straßen Wiens durchlebte, ist allseits bekannt. Drogen waren damals zudem ein fixer Bestandteil im Leben des schon früh erkennbaren Musiktalents. Allerdings gelang es ihm noch rechtzeitig die Kurve zu kratzen!

Wer an dieser Stelle aber erwartet, dass der Rapper nun als Moralapostel auftritt, der wartet vergebens. „Ich sag‘ den Jugendlichen – macht wie ihr denkt! Am Ende des Tages sind es eure Eltern, die euch erziehen. Ich bin nicht euer Vater“, stellt der Musiker unmissverständlich klar.

„Kokain in der Kabine zu zweit, Der Tod hat die Todespapiere verteilt“
(Ohne mein Team, Palmen aus Plastik)

Nun könnte man behaupten, es sei ihm nicht wichtig, eine gewisse Vorbildfunktion zu erfüllen…dazu hat unser Gesprächspartner aber eine ganz bestimmte Meinung: „Das Ding ist, in meinen Augen mache ich es richtig, gehe regelmäßig zum Training usw. Wenn sich meine Fans an mir orientieren, dann werden sie schon mal mit Sicherheit nicht abstürzen. Dennoch werde ich niemandem vorschreiben, wie er zu leben hat. Ich persönlich kann mit den meisten Drogen nichts anfangen. Es ist wie Bonez schon sagte – ich liebe Essen, Zwischenmenschlichkeit, Schlaf – all das kann ich beispielsweise auf Koks nicht ausleben“, klärt uns der Rapper auf.

„Werd‘ geliebt von meiner Stadt, mir ist die Welt egal.“
(Maserati)

Immer wieder werden wir während des Interviews von aufgeregten Fans unterbrochen, die den Rapper erkennen. Geduldig geht er allen Foto-Anfragen nach, und setzt unser Interview anschließend konzentriert fort. Wir fragen uns, ob ihm dieser Hype um ihn als Person manchmal zu viel wird…

Raf und Fan
„Wien soll bleiben wie es ist, und die Leute sollen wissen, dass sie etwas Besonders sind“, so Raf. (FOTO: AMH Photography by Albin Melez)

„Die Sache ist die – wenn ich mich jetzt darüber beschweren würde, dann wäre ich ganz schön undankbar! Schließlich habe ich hart dafür gearbeitet, und es auch darauf angelegt, aber dennoch muss ich jetzt auf Verschiedenes achten. Mit meiner Schwester würde ich mich zum Beispiel nicht überall blicken lassen, weil ich einfach nicht will, dass jeder weiß, wer sie ist. Oder auch wenn ich nach Hause gehe, muss ich vorsichtig sein, damit nicht bald jeder meinen genauen Wohnort kennt“, erklärt er uns im Interview. In Deutschland dagegen läuft dies schon etwas ruhiger ab. „In Berlin könnte George Clooney an dir vorbei laufen – es würde die meisten nicht jucken“, so Raf scherzend.

„Hab‘ alles erreicht, sogar mehr als ich wollte, drum danke für alles!“
(In meiner Wolke, Anthrazit)

Wie sehr er seine Fans und ihre Treue aber schätzt, bewies der Gold- und Platin-Rapper neben seinem Gratis-Release „Anthrazit RR“, mit einem zweiten Dankeschön! Am 16. Februar 2018 spielte er seinen Homecoming-Gig in der Wiener Marx Halle. Die Tickets für dieses Spektakel waren nach 15 Minuten vergriffen! 7.000 Fans feierten Camora – und Raf feierte sie!

Heftig !!!!!! #Wien !

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Kurz und knapp
Du wirkst unumstößlich – Gibt es dennoch etwas, das dir Angst macht?
Hört sich vielleicht an, wie eine Floskel, aber ich habe nur Angst vor Gott, und vertraue stark auf das Schicksal.
Meine Spinnenphobie macht mir aber auch zu schaffen (lacht).

Wer oder was beruhigt dich in deinem stressigen Alltag?
Zu 100 Prozent meine Schwester, Freunde, aber auch das Gebet.

Du tust so viel für Wien – was kann Wien für dich tun?
Wien soll sich nicht anpassen, sich nicht an Amerika orientieren!
Wien soll bleiben wie es ist, und die Leute sollen wissen, dass sie etwas Besonders sind.
Egal, wem ich bisher meine Stadt und die Menschen hier gezeigt habe –
alle waren sich einig, dass hier top Leute mit viel Humor,
einer krassen Art zu reden und einem ganz speziellen Style herumlaufen.

Und hiermit endet eine Hommage an den einstigen Jungen aus Fünfhaus, der niemals vergessen hat, wo er herkam, und dessen Status im deutschsprachigen Rapgame inzwischen unumstritten ist.

Raf, Österreich zollt dir auf diesem Wege den längst fälligen Tribut. Wien steht hinter dir – vereint oder auch nicht…deine Stadt ist und bleibt stolz!