Die Kontrolle über die syrische Hauptstadt Damaskus liegt nun in den Händen der Rebellen, was das Ende der jahrzehntelangen Herrschaft von Baschar al-Assad markiert. Gemäß den Aussagen der Rebellen soll der Umbruch friedlich gestaltet werden.
Jahrelanger Bürgerkrieg
Der Bürgerkrieg in Syrien, der 2011 mit Protesten begann, eskalierte erneut nach der Offensive der islamistischen Allianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) am 27. November. In kurzer Zeit übernahmen die Rebellen viele Städte im Nordwesten, darunter Aleppo und Hama, oft nahezu ohne Widerstand. Strategisch wichtige Städte wie Homs fielen an die Aufständischen, die auch die Kontrolle über Damaskus erlangten. Augenzeugen berichteten von feiernden Anwohnern in den Straßen.
HISTORIC: Hafez al-Assad statue toppled in Jaramana, just kilometers from Damascus. pic.twitter.com/P1zqNsetDW
— Clash Report (@clashreport) December 7, 2024
Damascus is Celebrating victory. That Time is not Far when we will see Victory of Palestne. INSHA'ALLAH🇵🇸#Damascus pic.twitter.com/lotSSyk0mx
— Ayśe Eman (@BCAaSP) December 8, 2024
Christmas came early for Damascus.
— Ragıp Soylu (@ragipsoylu) December 8, 2024
Syrian Christians are celebrating Assad’s fall under a Christmas tree
pic.twitter.com/35nYsV2hQv
Die Rebellen-Allianz verkündete „das Ende dieser dunklen Ära“ der Unterdrückung. „Der Tyrann Baschar al-Assad ist geflohen“, teilten sie in sozialen Medien mit. „Wir verkünden, dass die Hauptstadt Damaskus (von ihm) befreit wurde.“
Häftlinge freigelassen
„Dies ist der Moment, auf den die Vertriebenen und die Häftlinge lang gewartet haben, der Moment der Heimkehr und der Moment von Freiheit nach Jahrzehnten der Unterdrückung und des Leids.“ Gerichtet an die Millionen, vom Bürgerkrieg geflüchteten, erklärten die Kämpfer: „An die Vertriebenen weltweit, ein freies Syrien erwartet euch.“ Videos befreiter Häftlinge verbreiteten sich schnell in den sozialen Netzwerken.
The moment #HTS break the prison and release the female and children prisoners in #Damascus
— Zeitung (@Himat75) December 8, 2024
The prisoners can’t believe that they are free and #Syria is liberated
pic.twitter.com/K1xsfoZuRI
Prisoners are running after released by #HTS and allies in #Damascus . The person say he was in prison for 10 years . #Syrian know the joy of liberation
— Zeitung (@Himat75) December 8, 2024
pic.twitter.com/NdkDrBLFBd
Wo befindet sich Assad?
Die Lage bleibt unklar. Berichten zufolge soll Assad mit einem Flugzeug aus Damaskus geflohen sein. Laut der Nachrichtenagentur Reuters gehen zwei syrische Quellen davon aus, dass Assad möglicherweise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Flightradar-Daten zeigen angeblich, dass das Flugzeug plötzlich die Richtung geändert habe und dann von der Karte verschwand.
Zwei hochrangige Armeeoffiziere und eine syrische Menschenrechtsorganisation berichten, dass Assad ein Flugzeug bestiegen und ein unbekanntes Ziel angesteuert habe. Gemäß Informationen der „Bild“ könnte er am Samstagabend mit einem Privatjet nach Abu Dhabi geflogen sein. Ein Bericht von „Bloomberg“ spekuliert hingegen, dass Assad sich im Iran befinden könnte. Auch eine Flucht nach Russland wird als Möglichkeit in Betracht gezogen.
Ende des Regimes
Das Assad-Regime war nach 13 Jahren Krieg sowohl wirtschaftlich als auch militärisch stark geschwächt. Die schnelle Eroberung der Großstädte Aleppo und Hama durch die Rebellen zeigte erstmals deutlich, wie verwundbar Assad tatsächlich war. Die syrische Armee leistete insgesamt nur noch geringen Widerstand. In der Nacht zum Sonntag informierte das Militär die Regierungstruppen selbst, dass die Herrschaft Assads beendet sei.
Bereits zuvor berichteten verschiedene Medien, dass syrische Soldaten in großer Zahl das Land verlassen. Der katarische Nachrichtensender Al-Dschasira zitierte einen Sprecher der irakischen Regierung, demzufolge bereits 2000 syrische Soldaten mit voller Ausrüstung in den Irak übergetreten sind.
Wie geht es jetzt weiter?
Der frühere Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali erklärte seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Rebellen und rief die Bevölkerung auf, die öffentliche Ordnung zu wahren. Die Kurden im Nordosten Syriens begrüßen die Absetzung von Assad als Chance für Demokratie und Gerechtigkeit, erklärte Maslum Abdi von den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF).
Die Kurdenmilizen im Nordosten Syriens sehen in Assads Flucht eine Chance für einen politischen Neubeginn. „Diese Veränderung bietet eine Gelegenheit, ein neues Syrien aufzubauen auf der Grundlage von Demokratie und Gerechtigkeit“, erklärte Maslum Abdi (57), der Kommandeur der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Dadurch könnten „die Rechte aller Syrer gewährleistet“ werden.
Ex-IS-Kämpfer als Rebellenanführer
Der islamistische Rebellenführer Abu Mohammed al-Dschulani (42) erklärte, das Rebellenbündnis strebe eine friedliche Machtübernahme an. Öffentliche Einrichtungen in Damaskus würden „bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht des früheren Ministerpräsidenten“ bleiben, schrieb Al-Dschulani in den sozialen Medien. Militärischen Kräften sei es streng untersagt, sich diesen Einrichtungen zu nähern oder Schüsse abzugeben.
In einem Interview mit der „New York Times“ betonte Al-Dschulani, sein vorrangiges Ziel sei die „Befreiung Syriens von diesem unterdrückerischen Regime“. Während amerikanische Beamte sich in der Öffentlichkeit zurückhaltend gegenüber der Rebellenorganisation HTS äußern, berichtet die „New York Times“ von internen Stimmen innerhalb der US-Regierung, die die pragmatischeren Ansätze der Gruppe für glaubwürdig halten.
Unruhe im Nahen Osten
Die israelische Armee verlegte Kräfte in die Pufferzone auf den Golanhöhen, betonte jedoch, sich nicht in Syriens innere Angelegenheiten einzumischen. Der Iran, ein langjähriger Verbündeter Assads, hat mit dem Abzug von Militärpersonal begonnen, was das Ungleichgewicht der regionalen politischen Kräfte weiter beeinflussen könnte.
Was bedeutet das für die syrischen Flüchtlinge?
Mit Blick auf die große Zahl von Flüchtlingen weltweit rufen die Rebellen zur Rückkehr in ein freies Syrien auf. In der Türkei allein leben über drei Millionen Syrer, und in Städten wie Istanbul wurde die Nachricht mit Feuerwerk gefeiert.
Celebrations in the city of #Istanbul, Turkey, regarding the Syrian revolutionaries’ victories pic.twitter.com/CVIhyxaTub
— Vlogging NW Syria (@timtams83) December 7, 2024
Die internationale Gemeinschaft verfolgt die Entwicklungen aufmerksam, da der Konflikt in Syrien zu umfangreichen Fluchtbewegungen und internationalen Spannungen geführt hat. Mehr als 14 Millionen Menschen wurden vertrieben, über 300.000 Zivilisten kamen ums Leben.
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