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GESCHICHTE AUS DER DIASPORA

Slobodan Pavelkic: „Das Theater ist mein Zuhause“

(Foto: zVg.)

Über die Themen Ankunft in Österreich, Sprachenlernen, Schauspielerei und kulturelle Unterschiede haben wir mit dem Schauspieler Slobodan Pavelkic gesprochen.

Slobodan Pavelkic (45) ist Belgrader und Schauspieler mit Universitätsdiplom, der in Serbien auf der Bühne, im Film und in Fernsehserien gespielt hat. Das Schauspiel ist als Teil seiner Persönlichkeit nicht wegzudenken, man spürt es in seiner kultivierten Sprache, seiner intensiven Mimik und seinen Bewegungen. Das ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, dass er bereits vor 2004, also bevor er sein Diplom an der Akademie der Künste in Belgrad in der  Klasse von Nikita Milivojevic und Anita Mancic erworben hatte, Bühnenrollen gespielt hat.

Vor sieben Jahren setzte er die Segel und übersiedelte mit seiner Gattin Jasmina, der Tochter Senja und dem Sohn Luka in ein Land mit unbekannten Menschen, die eine unbekannte Sprache sprechen, und in dem er einen neuen Platz unter Sonne finden musste. Das war nicht leicht…

KOSMO: Hatten Sie Angst vor all dem Neuen, Unbekannten?

Slobodan Pavelkic: Ich habe mich zu diesem Schritt entschieden, um meinen Kindern eine bessere Ausgangsposition für ihre Ausbildung, ihre Karriere und überhaupt ein normales Leben zu bieten. Ich hatte keine Angst, weil ich an mich selber glaube und weil der Einsatz zu hoch war: die Zukunft meiner Kinder. An Selbstvertrauen fehlt es mir nicht und ich werde für meine Familie die Bedingungen für ein normales Leben schaffen, egal, wo ich mich auf dieser Weltkugel befinde. Mein persönliches Opfer ist dabei unwichtig.

„Ich werde für meine Familie die Bedingungen für ein normales Leben schaffen, egal, wo ich mich auf dieser Weltkugel befinde“, so Slobodan. (Foto: zVg.)

Wie haben Sie in Österreich überhaupt eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis bekommen?

Ich habe die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten. Denn meine Großmutter, d.h. die Mutter meines Vaters, ist in St. Thomas geboren, einem Ort, der heute Srbobran heißt. Als sie geboren wurde, gehörte dieser Ort zu Österreich-Ungarn, und deswegen hatte ich Anspruch auf die ungarische Staatsbürgerschaft. Ich musste allerdings auch zwei Jahre lang Ungarisch lernen, was gar nicht leicht war. Aber ich habe es einigermaßen gemeistert und die Prüfung bestanden, sodass ich mit meinen Kindern die ungarische Staatsbürgerschaft annehmen konnte. Meine Frau hat dann aufgrund einer Familienzusammenführung ihre Papiere erhalten. Ich habe sofort begonnen, Arbeit zu suchen. Meine Frau musste erst einmal Deutsch lernen.

Was war Ihr erster Job?

Während des Studiums habe ich in der Gastronomie gearbeitet, darum bin ich hier von Lokal zu Lokal gegangen, bis ich eines gefunden hatte, das gerade erst eröffnet worden war und mich anstellte. Leider wurde ich dort betrogen, denn sie haben mir keinen einzigen Monatslohn ausgezahlt. Mein zweiter Job war wieder in der Gastronomie, aber auch hier hatte ich dasselbe Pech mit der Bezahlung. Zum Glück ist das hier ein Rechtsstaat, in dem alles funktioniert. Also bin ich zur Arbeiterkammer gegangen und habe die nicht gezahlten Löhne mit ihrer Hilfe schließlich bekommen.

Das war meine erste ’Schule’ hier in Wien, aber das Lehrgeld war nicht allzu hoch, obwohl es mein Leben recht beeinträchtigt hat, denn wir waren ohne viel Geld nach Wien gekommen, mussten eine Wohnung mieten und brauchten auch sonst vieles. Die ersten sechs Monate waren sehr schwer für uns, das nächste halbe Jahr war nur noch schwer. Dann hat sich alles normalisiert und unser Leben wurde besser und entspannter. Ich habe gleich begriffen, dass dies hier ein Sozialstaat ist, der den Menschen hilft. Meine Gattin hat kostenlose Deutschkurse besucht und schnell das Niveau B2 erreicht. Alles wurde dadurch erleichtert, dass ich ein 13. und 14. Monatsgehalt erhielt, und auch, dass wir uns sicher fühlten für den Fall, dass ich meine Arbeit verloren hätte, denn die Menschen, die in Österreich arbeiten, können nicht verelenden, und das ist viel wert.

„Ich bin mit der Bühne aufgewachsen, denn mein Vater war Schauspieler und Dramatiker.“

Arbeiten Sie noch immer in der Gastronomie?

Im Moment arbeite ich in einer bekannten amerikanischen Cocktail-Bar im Zentrum von Wien. Bei Bedarf arbeite ich als Barkeeper (Haupt-Barmann) oder als Barback (Assistent des Haupt-Barmannes) und im Service als Kellner. Ich habe sehr schnell gelernt, über 200 Cocktails zu mixen. Ich mag die theaterähnliche Atmosphäre, die sich einstellt, wenn ich beginne die ersten Cocktails zuzubereiten.

Das ist wie eine Art Bühne, die ich genieße, und meine Gäste sagen mir oft auf Englisch: ’You are a real artist’ (’Sie sind ein echter Künstler. ’). So bin ich immer und überall zumindest ein bisschen Schauspieler. Ich bin mit der Bühne aufgewachsen, denn mein Vater war Schauspieler und Dramatiker. Die Bühne ist mein Zuhause, daher fühle ich mich jetzt in gewisser Weise obdachlos, denn der Umzug nach Wien hat mich aus meinem natürlichen Lebensraum gerissen.

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