In unserem Interview spricht Smajo Pasalic, Geschäftsführer der MIGRA, über die Herausforderungen im sozialen Wohnbau – von knappen Grundstücken bis hin zu steigenden Baukosten – und darüber, wie enge Partnerschaften mit der Stadt Wien helfen, bezahlbares Wohnen in der Stadt zu sichern.
Herr Pasalic, die MIGRA hat zahlreiche Projekte im Bereich des sozialen Wohnbaus in Wien realisiert. Was sind aktuell die größten Herausforderungen bei der Schaffung von leistbarem Wohnraum?
Smajo Pasalic: Eine der größten Herausforderungen besteht darin, leistbaren Wohnraum zu schaffen, der auch langfristig bezahlbar bleibt. Wir sprechen oft von „leistbarem Wohnraum“, aber es geht darum, dass Menschen nach der Zahlung von Miete und Nebenkosten noch genug zum Leben haben. Gerade in Zeiten von Inflation und globalen Krisen wird es immer schwieriger, die Kosten stabil zu halten. Wir setzen uns jedoch dafür ein, dass Wohnen erschwinglich bleibt, indem wir die Baukosten so niedrig wie möglich halten und die erzielten Vorteile an unsere Mieter weitergeben.
Welche Unterstützung erhalten Sie in diesen herausfordernden Zeiten von der Stadt Wien oder anderen öffentlichen Stellen, um dieses Ziel weiterhin realisieren zu können?
Smajo Pasalic: Die größten Hürden sind derzeit die steigenden Baukosten und die Verknappung von leistbaren Grundstücken. Ohne Grundstücke können wir schlichtweg nicht bauen, und die Flächen in Wien sind stark begrenzt. Das führt zu höheren Preisen. Dennoch gibt es von der Stadt Wien Unterstützung in Form von Grundstücken, die sie im Rahmen von Wettbewerben an Bauträger vergibt. Das macht es möglich, kostengünstigen Wohnraum zu schaffen.
Welche Unterstützung erhalten Sie konkret von der Stadt Wien oder anderen Stellen?
Smajo Pasalic: Die Stadt Wien ist unser wichtigster Partner. Sie stellt Grundstücke zu erschwinglichen Konditionen zur Verfügung, die wir dann an unsere Mieter weitergeben. Solche Wettbewerbe, die über den Wohnfonds Wien organisiert werden, sind eine wesentliche Hilfe. Außerdem gibt es städtebauliche Vorgaben, die sicherstellen, dass ein Großteil des Wohnraums gefördert ist. Diese Maßnahmen machen Wien zu einem Vorbild in Europa, wenn es um leistbaren Wohnraum geht.
„Wir brauchen kreative Lösungen, um trotz der steigenden Baukosten bezahlbare Wohnungen zu schaffen.“
Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Wie bewerten Sie die langfristigen Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Wohnqualität und den Klimaschutz?
Smajo Pasalic: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, auch im Wohnbau. Wir setzen auf klimaaktive Bauweisen, zum Beispiel durch die Begrünung von Fassaden und den Einsatz von Erdwärme. Unser Ziel ist es, die Gebäude so zu gestalten, dass sie zur Abkühlung der Stadt beitragen, ohne auf schädliche Klimaanlagen angewiesen zu sein. Wir nutzen Erdwärme sowohl zur Kühlung im Sommer als auch zur Heizung im Winter. Diese Technologien sind inzwischen Stand der Technik und helfen uns, den Wohnbau zukunftsfähig zu gestalten.
Unser Ziel ist es, leistbaren Wohnraum zu schaffen, der gleichzeitig umweltfreundlich ist. Das ist oft ein Balanceakt, denn nachhaltiges Bauen kann kostspielig sein. Hier ist die Unterstützung der Stadt Wien entscheidend, um diesen Spagat zu schaffen.
Das Projekt „Rote Emma“ in der Attemsgasse ist nach einer Erdäpfelsorte benannt. Was war der Grund für diese Namenswahl?
Smajo Pasalic: Der Name „Rote Emma“ stammt von einer Erdäpfelsorte, die früher auf dem Grundstück angebaut wurde. Wir wollten einen Bezug zur Geschichte des Ortes schaffen. Es gibt keinen politischen Hintergrund, sondern es geht darum, die lokale Geschichte in den Projektnamen einzubinden und den Bewohnern zu vermitteln, was diesen Ort ausmacht. Projekte wie „Rote Emma“ sind ein gutes Beispiel: Hier kombinieren wir Holzbauweise mit leistbarem Wohnen, was zeigt, dass Umweltschutz und Bezahlbarkeit Hand in Hand gehen können.
Ein Großteil Ihrer Projekte, wie das Nordbahnhof-Quartier, zielt auf eine soziale Durchmischung ab. Wie wichtig ist dieses Konzept für den Wiener Wohnbau?
Smajo Pasalic: Sehr wichtig. Wien ist eine wachsende Stadt, und wir müssen sicherstellen, dass alle Bevölkerungsgruppen gut zusammenleben können, egal ob jemand aus einem anderen Bezirk, Bundesland oder aus dem Ausland zuzieht. Wir arbeiten in unseren Projekten eng mit sozialen Einrichtungen zusammen, um sicherzustellen, dass auch benachteiligte Gruppen angemessenen Wohnraum finden. Das ist der Schlüssel zu einer funktionierenden Gesellschaft.
Wie sehen Sie die Zukunft des Wohnbaus in Wien angesichts der immer knapper werdenden Flächen und steigenden Baukosten?
Smajo Pasalic: Die Schaffung von leistbarem Wohnraum wird in Zukunft noch wichtiger werden. Es ist jetzt schon ein zentrales Thema, aber die finanziellen Mittel vieler Menschen sind begrenzt, und Wohnen muss für alle leistbar bleiben. Wir brauchen kreative Lösungen, um trotz der steigenden Baukosten bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Das können wir nur in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Wien erreichen. Ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden 100 Jahren in Wien weiterhin erfolgreich leistbaren Wohnraum schaffen werden, weil wir auf dem richtigen Weg sind.
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