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AUSSCHLIESSLICHKEIT

Veganismus: Lebensphilosophie und Gesundheit

Dr. Marija Stojanović,
Ernährungswissenschaftlerin
KOSMO: Ist Veganismus gut und für wen?
Dr. Marija Stojanović:
Neue Studien haben keinen Vorteil des Veganismus gegenüber dem Vegetarismus gezeigt. Für den Vegetarismus, und so auch für den Veganismus, wurde nachgewiesen, dass er einen positiven Einfluss auf die Gesundheit Erwachsener haben kann, denn insgesamt nimmt man weniger tierische Fette zu sich und vermindert dadurch das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen. Bei beiden Formen der Ernährung ist eine positive Wirkung auf den Erhalt der Gesundheit nur unter der Bedingung möglich, dass sie gut geplant wird und dass alle Bestandteile ersetzt werden, die bei dieser Ernährungsform problematisch sein können. Eine große Gefahr kann sich ergeben, wenn Menschen nicht hinreichend über alle Substanzen informiert sind, die zum Erhalt der Gesundheit nötig sind, und einen unverhältnismäßig großen Anteil an Kohlehydraten zu sich nehmen, was langfristig zu Erkrankungen wie Fettleber und Diabetes führt.

Die Ernährungswissenschaftlerin: „Die vegane Ernährungsform wird für Kinder, Schwangere und Stillende nicht empfohlen.“ (FOTO: zVg.)

Das heißt, diese Art der Ernährung kann für die Gesundheit erwachsener Personen förderlich sein, wenn sie die Proteine und die essentiellen Aminosäuren aus pflanzlichen Quellen ersetzen und genügend Kalzium für die Knochen und zur Verhinderung von Osteoporose, Eisen, Zink, Vitamin B12 und Omega 3-Fettsäuren zu sich nehmen. Vor dem Übergang zu dieser Art der Ernährung sollte man sich auf jeden Fall von einem Ernährungsberater einweisen lassen, der aufgrund des aktuellen Blutbilds und einer Bioimpedanzanalyse des Körpers (BIA) Empfehlungen dazu abgibt, auf welche Nahrungsbestandteile man besonders achten muss und aus welchen Quellen man sie erhalten kann.

Für wen ist der Veganismus besonders schädlich?

Die Österreichische und auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen eine vegane Ernährung nicht für Kinder im Wachstum und in der Entwicklung und auch nicht für Schwangere und Stillende. Eine Alternative wäre für diese Zeit der Vegetarismus, der Milch und Milchprodukte sowie Eier und nach Möglichkeit auch Fisch erlaubt.

Welche Substanzen muss man unbedingt zu sich nehmen und in welcher Form?
Beim Übergang zum Veganismus sollte man unbedingt den Vitamin B12-Status überprüfen lassen. Erfahrungen zeigen, dass nach einer gewissen Zeit ein Mangel entsteht, den man ausgleichen muss. Darüber hinaus sollte man darauf achten, hinreichende Mengen an Proteinen und essentiellen Aminosäuren zu sich zu nehmen. Proteine aus pflanzlicher Quelle (Bohnen, Linsen, Erbsen, Soja und Vollkorngetreide) haben keinen so hohen Wirkungsgrad wie die tierischen, daher muss man sie miteinander kombinieren, um den Organismus mit allen essentiellen Aminosäuren zu versorgen, die für das Wachstum und die Regeneration der Zellen notwendig sind. Bei älteren Menschen kommt es zu einem Verlust an Muskelmasse, in diesem Fall muss man besonders auf die Proteinzufuhr achten. Besonders wichtig ist die Kombination von Getreide mit der Zufuhr von Vitamin C, denn diese begünstigt die Absorption des Eisens. Darüber hinaus ist auch Kalzium wichtig für die Prävention von Osteoporose und den Erhalt der Knochengesundheit.

„Den meisten veganen Eltern ist das Recht ihrer Kinder auf Vielfalt und auf ihre eigene Entscheidung bewusst.“
Dr. Ksenija Komadina

Dieses kann durch hinreichende Mengen grünen Gemüses, Mandeln, Sesam, Tahin und Soja sowie das Trinken von kalziumhaltigem Mineralwasser ersetzt werden. Das heißt, wenn jemand zu Anämie und Eisenmangel neigt oder Anzeichen von Osteoporose hat, ist ein Übergang zum Veganismus nicht empfehlenswert, und wenn er sich dennoch zu diesem Schritt entschließt, muss das unter der Aufsicht eines Arztes oder Ernährungsberaters erfolgen. Man muss auch auf eine hinreichende Zufuhr von Omega 3-Fettsäuren achten, die in Rapsöl, Leinöl und Avocado enthalten sind.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass die vegane Ernährungsform tatsächlich Vorteile für die Gesundheit haben kann, aber man muss einen fachkundigen Ernährungsberater hinzuziehen, denn andernfalls können bei unsachgemäßer Durchführung durch den Mangel an gewissen Substanzen Störungen entstehen.

Dr. Ksenija Komadina, Kinderärztin
Die Gründe für die Wahl einer veganen Ernährungsform sind unterschiedlich, meistens liegen sie in der Ethik und einer edlen Einstellung zu anderen Lebewesen, aber auch in mangelndem Vertrauen in die Qualität der am Markt verfügbaren Lebensmittel tierischer Herkunft. Ich will das Recht auf die eigene Entscheidung nicht in Frage stellen, aber es ist wichtig auf die Anforderungen und Gefahren dieser für den Menschen nicht vollkommen natürlichen Ernährungsweise hinzuweisen, die oft aufgrund von Unkenntnis statt dem gewünschten Nutzen eher Krankheit und Unzufriedenheit hervorbringt. Denn bei unzureichend informierten Anhängern dieser Ernährung tritt häufig ein Mangel an Vitamin B12 und B2, Selen, Vitamin D, Zink, Kalzium und einigen Proteinen auf, und ein großes Problem ist auch ein falsches Verhältnis an Omega 3- zu Omega 6-Fettsäuren zulasten der Omega 3-Fettsäuren, an denen z.B. Fischprodukte sehr reich sind.

Omega 6-Fettsäuren sind vielfach in Getreidesorten enthalten, zu denen Veganer oft Zuflucht nehmen, und ihre Dominanz gegenüber den Omega 3-Fettsäuren führt zur Störung des pH-Wertes, begünstigt Gewichtszunahme und degenerative Prozesse und hat auch einen negativen Einfluss auf die Stimmung. Ein Mangel an Vitamin B12 und Eisen ist ein häufiger Befund bei Depressionspatienten, und ein Mangel an D3-Vitaminen und Zink verhindern eine adäquate Immunreaktion. Es stellt sich die Frage, ob Eltern das Recht haben, einem Kind in der Zeit seines intensiven Wachstums und seiner Entwicklung eine solche, ohne Nahrungsergänzungsmittel potentiell verheerende Ernährung aufzuzwingen.

Darüber hinaus ist es ein Grundpostulat der Allergieprävention, die immer wichtiger wird, Säuglinge und Kleinkinder einer möglichst vielfältigen Ernährung und möglichst vielen Lebensmittelantigenen auszusetzen. Den meisten veganen Eltern ist das Recht des Kindes auf Vielfalt bewusst und sie gewähren dem Kind daher eine herkömmliche Ernährung. Einige tun das nicht und gefährden so die Gesundheit ihres Kindes und nur wenige führen die vegane Ernährung konsequent unter angemessener und abgestimmter Zufuhr der nötigen Nahrungsergänzungsmittel durch. Die Antwort auf die geforderte Balance liegt vielleicht in einer hohen Lebensqualität der für die menschliche Ernährung bestimmten Tiere und dem Konsum von Lebensmitteln tierischer Herkunft in den nötigen Mengen mit Dankbarkeit und Respekt gegenüber der Natur.

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Veganer in der Welt des Sports

Die folgenden fünf Beispiele von Spitzensportlern zeigen, dass für das Betreiben von Spitzensport Lebensmittel tierischer Herkunft nicht unverzichtbar sind.

Lewis Hamilton, Formel 1-Fahrer

Die Weltmeister der Formal 1 befürwortet schon seit Jahren eine vegane Ernährung, denn sie verbessert seine athletische Leistung.

Carl Lewis, bester Leichtathlet des XX. Jahrhunderts

Carl hat nicht immer vegan gelebt, aber seit er zu dieser Art der Ernährung übergegangen ist, verzeichnete er unwahrscheinliche Erfolge.

Venus Williams, Tennisspielerin

 

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Being on that ready set. #elevenbyvenus

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Die bekannte Tennisspielerin war lange auf einer streng veganen Ernährung, nahm aber kürzlich wieder Kartoffeln in ihren Speiseplan auf.

Scott Jurek, Ultramarathonläufer

 

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Not far from this ridge in Great Smoky Mountains National Park is where I ran into a fellow hiker who said “What’s the rush?!?” Averaging hardly more than 3.5 miles an hour, I think a handful of folks both on and off the trail incorrectly assumed I was sprinting down the Appalachian Trail, oblivious to my surroundings with the mentality of being in a race. Is there a speed limit on the trails for bipedal locomotion? We all have different goals each time we head to the woods. Sometimes I like to explore my limits and other times I like to spend long, slow hours backpacking with Jenny or examining rocks with Raven. As they say on the AT, “hike your own hike” and I like to add, “blaze your trail.” #goNORTHwithScott #SJAT15 #46daysNORTH #appalachiantrail ? @luis_escobar

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Der Mann, der in 46 Tagen über 3.000 km absolvierte, erklärt seinen sportlichen Erfolg mit einer ausgewogenen veganen Ernährung.

Patrik Baboumian, veganer Strongman

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