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Viren: Das sind die größten Seuchen des 20. und 21. Jahrhunderts

Die größten Seuchen des 20. und 21. Jahrhunderts (FOTO: iStock)

Infektionskrankheiten sind ebenso alt wie die Menschheit selbst. Je mobiler die Menschen wurden und je mehr Kriege sie führten, desto stärker wurden sie übertragen und verbreitet. Malaria, Tuberkulose und Masern sind einige der ersten Infektionen, die mehr als eine Million Menschen befielen. Mit Beginn der Globalisierung und dem Wachstum der Weltbevölkerung kam es zum Auftreten der ersten weltweiten Pandemien. Das waren die weltweiten Pandemien im 20. und 21. Jahrhundert.

Von der Pest über die Schweinegrippe bis zum Coronavirus
COVID-19 ist ein Virus, das derzeit die ganze Welt betrifft. Wenn man in der Geschichte der Menschheit zurückblickt, könnte man meinen, dass die menschliche Rasse genug Erfahrung hat, um solch ein Virus zu bekämpfen. Aber leider ist das nicht ganz so. Jedes Virus bringt sowohl für die Wissenschaft wie auch für die einzelnen Menschen eine Menge Herausforderungen mit sich. Viren können sich ebenso wie Menschen anpassen, was dazu führt, dass bestimmte Medikamente und Impfstoffe mit der Zeit ihre Wirkung verlieren. Mit anderen Worten, sie haben nicht mehr dieselbe Wirksamkeit im Kampf gegen Viren, denn die Mikroorganismen haben sich inzwischen an sie angepasst. Darum setzt sich der Kampf gegen das Virus wie ein einziger Teufelskreis immer weiter fort. Im März dieses Jahres, und zwar genau am 13. März, wurde das Coronavirus zur Pandemie erklärt. Warum Pandemie und nicht Epidemie?

Viren haben die Fähigkeit, sich anzupassen, was dazu führt, dass die vorhandenen Medikamente und Impfstoffe ihre Wirkung verlieren.

Zwischen diesen beiden Begriffen muss genau unterschieden werden. Der Begriff Epidemie bezeichnet die unkontrollierte Ausbreitung einer Infektion bzw. einer Krankheit innerhalb eines bestimmten Zeitraums und Gebietes. Mit anderen Worten, Epidemie bezieht sich auf eine infektiöse oder Viruserkrankung, die eine größere Anzahl von Menschen in einer bestimmten geographischen Region betrifft. Zum Beispiel konnte man den Ausbruch der Schweinegrippe in den USA als Epidemie bezeichnen, solange die Infektionen allein auf die Vereinigten Staaten beschränkt blieben. Eine Epidemie wird erklärt, wenn mehr Fälle auftreten, als normalerweise aufgrund einer Infektion oder Erkrankung zu erwarten sind. Wie eine Epidemie bezieht sich auch eine Pandemie auf eine infektiöse oder Viruserkrankung, nur dass diese sich weltweit ausbreitet. Es gibt dabei auch einen Unterschied zwischen ansteckenden Krankheiten und solchen, die nicht weitergeben werden können. Krebs ist zum Beispiel jedes Jahr für ausgesprochen viele Todesfälle verantwortlich und tritt weltweit auf, er kann jedoch nicht als Pandemie gelten, da er nicht ansteckend ist.

Die Spanische Grippe

Die Spanische Grippe war eine der tödlichsten Pandemien in der Geschichte der Menschheit. (FOTO: U.S. Army photographer)

Die Spanische Grippe war eine der tödlichsten Pandemien in der Geschichte der Menschheit. Sie trat gegen Ende des Ersten Weltkriegs auf (Januar 1918 – Dezember 1920) und breite sich in drei Wellen über die ganze Welt aus. Sie war die erste von zwei Pandemien, die durch das Influenzavirus A H1N1 ausgelöst wurde. Schätzungen zufolge war ein Drittel der Weltbevölkerung damals infiziert und zeigte ein klinisches Krankheitsbild (ca. 500 Mio. Menschen) und 50 Mio. Menschen starben. Damit forderte die Spanische Grippe fünfmal mehr Menschenleben als der Erste Weltkrieg. Man nimmt an, dass diese Epidemie, die durch das von Vögeln übertragene Virus H1N1 ausgelöst wurde, zuerst in China ausbrach und dann von chinesischen Arbeitern weitergegeben wurde, die über Kanada nach Europa kamen. Aber noch heute ist die erste geographische Station des pandemischen Virus unbekannt und es herrscht die Meinung vor, dass die Krankheit „spanisch“ genannt wurde, weil Spanien nicht am Krieg beteiligt war und die dortige Presse im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen eine strenge Zensur herrschte, von Beginn an offen über darüber schrieb.

Die erste Welle der pandemischen Spanischen Grippe begann im Frühjahr 1918. Darauf folgten zwei weitere Wellen, die die meisten Menschenleben forderten. Die zweite Welle begann im Herbst 1918 und die dritte im Winter 1919. Über die Zahl der an Spanischer Grippe Erkrankten in Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien gibt es kaum Daten und der Grund dafür sind die komplexen Umstände des Krieges und der Bildung eines neuen Staates gerade zu der Zeit, als die Erkrankung dort wütete. Allerdings ist fast sicher, dass die Krankheit auch dort ebenso wie in den anderen europäischen Ländern große Opfer forderte. Vor Beginn der Spanischen Grippe, d.h. seit 1890, war man der Meinung, dass die Influenza durch das Haemophilus influenzae (den Pfeiffer-Bazillus) ausgelöst würde. Der deutsche Bakteriologe Richard Pfeiffer entdeckte diesen Bazillus während der Influenza-Pandemie von 1889 – 1890. Während der Spanischen Grippe kamen jedoch Zweifel daran auf, dass der Pfeiffer-Bazillus tatsächlich der ätiologische Verursacher der Influenza war.

Chronisten vermerkten in dieser Zeit, dass es für dieses Virus charakteristisch war, dass die Menschen an einem Abend erkrankten und am folgenden Morgen bereits starben. Das Virus war so todbringend, da das Immunsystem der Menschen infolge der Unterernährung während der Kriegsjahre geschwächt war. Darüber hinaus wurde das Penizillin erst 1928 erfunden, sodass es 1918 noch kein Medikament gab, mit dem Bakterieninfektionen, die zu einer Lungenentzündung mit tödlichem Ausgang führten, in einem geschwächten Organismus aufgehalten werden konnten. Nach Einschätzung des amerikanischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) war die Spanische Grippe tödlich und äußerte sich in der schnellen und weitreichenden Schädigung der Lunge. Im Unterschied zu anderen Krankheiten fielen dieser Grippe nicht nur Kinder und Ältere zum Opfer, sondern auch die Bevölkerungsgruppe zwischen 20 und 40 Jahren. Forscher bemühen sich seit 2005, eine Kopie des Virus herzustellen, das die Spanische Grippe auslöste, um seine Pathogenität und seine Fähigkeit zu untersuchen, Krankheiten hervorzurufen. Forschungen eines Teams um Terrence Tumpey vom CDC haben gezeigt, dass das Virus von 1918 ein „einzigartig todbringendes Produkt der Natur, der Evolution und des Kontakts von Menschen und Tieren war“.

Die Asiatische Grippe
Fast vierzig Jahre später, genauer gesagt 1957, trat die Asiatische Grippe (Influenza A, Untertyp H2N2) auf. Die Pandemie nahm ihren Ausgang in China und verbreitete sich über Singapur bis in die USA. Im Zeitraum zwischen 1956 und 1958 forderte diese verhängnisvolle Pandemie fast zwei Millionen Menschenleben, bis ein Impfstoff gefunden wurde, der diese Epidemie beendete.

Die Asiatische Grippe: Diese verhängnisvolle Pandemie forderte fast zwei Millionen Menschenleben. Sie wurde durch die Entwicklung eines Impfstoffs aufgehalten.

Die Hongkong-Grippe
Nur elf Jahre später (1968) trat die Hongkong-Grippe auf, die eine Influenza A des Untertyps H3N2 war. Die Pandemie stammte aus Hongkong und man nimmt an, dass sie aus einer Verbindung eines Vogelvirus und der Influenza entstand. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden über 500.000 Menschen infiziert. Diese Pandemie forderte ca. eine Million Menschenleben und allein in Deutschland starben ca. 30.000 Menschen. Man nimmt an, dass die Asiatische Grippe von 1957 den Ausbruch der Hongkong-Grippe durch einen Prozess begünstigte, der „Antigendrift“ genannt wird und bei dem winzige Modifikationen am Gen der Virusgruppe auftreten, was, vereinfacht gesagt, zu einer Reaktion des Immunsystem des Menschen führt. Durch diese Veränderung ist erklärbar, warum Menschen mehrfach an einer Grippe erkranken können.

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