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Hygienegeschichte

Was nutzten Menschen vor Toilettenpapier-Erfindung?

(FOTO: iStock/ Jay_Zynism)

Einst war die Hygiene nach dem Toilettengang eine Herausforderung, die mit einem schier unendlichen Arsenal an Materialien bewältigt wurde. Die Menschheit hat im Laufe der Jahrhunderte verschiedenste Methoden entwickelt, um die Anforderungen der Intimhygiene zu erfüllen. Die Bandbreite der verwendeten Materialien reicht von Blättern und Gras über Maiskolben und Fruchtschalen bis hin zu Steinen, Sand und Schnee. Doch auch Spitze, Wolle und Rosenwasser kamen bei den Wohlhabenden zum Einsatz, die sich feinere Alternativen wünschten.

Die alten Römer kannten weder Privatsphäre noch angemessene Hygiene in ihren öffentlichen Freilufttoiletten, den sogenannten „Latrinen“. Die damalige Methode der Gesäßreinigung wäre heute unvorstellbar: Alle Benutzer eines öffentlichen WC’s bedienten sich desselben kleinen Schwamms, der an einem langen Stab, dem „Tersorium“, befestigt war. Nach Gebrauch wurde dieser Schwamm in einen Behälter mit Salzwasser oder Essig zurückgelegt und die Intimzone mit Rosenwasser erfrischt. Diese Methode barg jedoch nicht nur hygienische Probleme, sondern auch die Gefahr von Explosionen aufgrund angesammeltem Schwefelwasserstoff und Methan.

Die Seidenstraße hingegen hinterließ in Asien Spuren von alten Hygieneartikeln: Archäologen entdeckten im Nordwesten Chinas Bambusstäbchen aus der Han-Dynastie, die zur persönlichen Reinigung dienten. Das eine Ende dieser etwa 2.000 Jahre alten Funde war mit Stoff umwickelt.

Erst im 6. Jahrhundert begann in China die Verwendung des ersten Toilettenpapiers. Der chinesische Kaiser befahl 1391 die Herstellung von duftenden Papierblättern in den Maßen 60 x 90 Zentimeter für sich und seine Familie. Die alten Griechen hingegen setzten auf rauere Alternativen wie Steine, die „Pessoi“, und Keramikscherben, die „Ostraka“. Als Symbol der Verachtung beschrifteten sie manchmal abgebrochene Keramikstücke mit den Namen ihrer Feinde, um so das Gesäß abzuwischen.

Maiskolben und alte Zeitungen waren ebenfalls sehr beliebt. Die Briten in den kolonialen Amerika fanden Maiskolben als geeignetes Material, da sie reichlich vorhanden und von passender Textur waren. Diese Methode wurde auch in anderen Maisanbaugebieten angewandt und wird vermutlich heute noch verwendet. Alte Zeitungen hingegen boten neben ihrer Funktion als Toilettenpapier auch eine gewisse Unterhaltung, da man währenddessen Passagen aus alten Nachrichten lesen konnte.

Im 18. und 19. Jahrhundert begannen Zeitungen und Kataloge in den USA zu zirkulieren und dienten nach dem Lesen als Toilettenpapier. Die Hersteller waren sich dessen bewusst und ließen oftmals Löcher in den Ecken der Seiten, damit sie in der Toilette aufgehängt und abgerissen werden konnten.

Luxus in Sachen Gesäßpflege bot das „medizinische Papier“ des amerikanischen Erfinders Joseph Gayetty, das aus Hanf und Aloe Vera hergestellt wurde. Seit 1857 inspirierte seine angenehmere Alternative zu Zeitungen und Maiskolben viele dazu, eigene Versionen zu entwickeln. Diese Tradition hat sich bis heute fortgesetzt, wobei Unternehmen um die Herstellung des weichsten und angenehmsten Toilettenpapiers konkurrieren.

Interessante Fakten über Toilettenpapier:

  • Das erste Toilettenpapier in einer Rolle wurde 1891 in Amerika patentiert. Es wurde von Seth Wheeler erfunden.
  • Der durchschnittliche Mensch gibt acht bis neun Toilettenpapierblätter für einen Toilettengang aus, aber wenn er sich damit die Nase putzt, Make-up entfernt, Spiegel reinigt usw., sind es 57 pro Tag.
  • Ein durchschnittlicher Mensch verbraucht pro Jahr hundert Rollen, das sind etwa 20.000 Streifen.
  • Um einen Menschen ein Leben lang mit ausreichend Toilettenpapier zu versorgen, müssen 384 Bäume gefällt werden.
  • Weltweit werden täglich mehr als 83 Millionen Rollen produziert.
  • Die Technologie ist so weit fortgeschritten, dass einige Unternehmen spezielle Maschinen einsetzen, um gebrauchtes Fotokopierpapier in Toilettenpapier für ihre Mitarbeiter umzuwandeln.

Trotz der Weiterentwicklung in der Papierproduktion verwenden heute noch mehr als 70 Prozent der Menschen weltweit überhaupt kein Toilettenpapier. Dies entspricht mehr als fünf Milliarden Menschen, die aus finanziellen oder Verfügbarkeitsgründen weiterhin auf Materialien wie Blätter, Gras, Farn, Maiskolben, Fruchtschalen, Muscheln, Steine, Sand und Schnee zurückgreifen – ganz wie ihre Vorfahren.