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INTERVIEW

„Wir setzen Maßnahmen und halten nicht nur Sonntagsreden“

(FOTO: PID/Alexandra Kromus)

Wir trafen den Wiener Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport Peter Hacker zum Interview und sprachen über die laufenden Sondierungsgespräche, die Wien-Wahlen kommendes Jahr, sowie heiß diskutierte Themen im Wiener Gesundheitswesen.

KOSMO: Kürzlich sagten sie, dass es keine Gangbetten mehr in Wiener Krankenhäusern gebe. Kurz darauf erschienen aktuelle Fotos von ebensolchen in den Medien. Wie soll es diesbezüglich nun weitergehen? Wie möchten Sie die Betten aus den Gängen endgültig verbannen?
Peter Hacker: Das Gangbettenmanagement in den Häusern des Krankenanstaltenverbunds wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert. Es gibt daher kein Gangbett, indem ein Patient, eine Patientin die Nacht verbringen muss. Selbstverständlich kann es sein, dass PatientInnen kurzfristig nach einer Aufnahme in der Früh, oder wenn sie Untersuchungen oder Behandlungen warten, am Gang in einem Bett liegen. Der Gang ist immerhin Teil des Spitals. Übernachten am Gang gibt es aber nicht mehr. Dafür sind die Direktoren der einzelnen Häuser verantwortlich und dafür gibt es auch ein permanentes Monitoring und sämtliche Durchgriffsrechte der Verantwortlichen. Von mir gibt diese unmissverständliche Zielvorgabe – keine Gangbetten mehr. Wenn jemand bewusst vor einer Ambulanz PatientInnen fotografiert, werden wir es wohl nie verhindern können; dass ist ärgerlich, aber auch nicht mehr.

Sie gaben zu, dass es Personalmangel im AKH gibt. Die Ärztekammer ist der Meinung, dass dies an politischen Fehlentscheidungen liegt. Wie ist Ihre Sicht der Dinge diesbezüglich?
Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das auch in anderen Berufen, nicht nur im Gesundheitsbereich, spürbar ist. In der Neonatologie und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist dieser Mangel auch nie ein Geheimnis gewesen. Die Führung des AKH hat in der Neonatologie lange bevor dieses Thema überhaupt publik wurde, bereits Lösungsvorschläge gemeinsam mit der ärztlichen Leitung erarbeitet, um diesen Mangel entgegenzutreten. Diese Vorschläge werden jetzt umgesetzt.
Grundsätzlich ist der Fachkräftemangel in Österreich im allgemeinen wie auch der Mangel im Gesundheits- und Pflegebereich im besonderen keine Frage von Rechthaben und keine Frage, wer schreit am lautesten, sondern es ist eine Frage, die wir nur gemeinsam lösen können. Sonderbarerweise ist aber das Miteinander derzeit keine Stärke des Gesundheitswesens.

Der Ball für eine Regierungsbildung liegt eindeutig bei der ÖVP. Diese spricht bekanntlich sehr „angeregt“ mit den Grünen.

Das Wiener Programm für Frauengesundheit feiert heuer 20 Jahre. Was hat sich seither verändert und warum gilt es international als Vorzeigemodell?
Mädchen und Frauen durchleben in den verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Lebensrealitäten – die Themenpalette reicht von Verhütung, Schwangerschaft und Geburt über Essstörungen und Brustgesundheit bis hin zu psychischer Gesundheit und Opferschutz. Mit dem Programm für Frauengesundheit hat die Stadt bereits vor 20 Jahren eine innovative, schlagkräftige und nachhaltige Strategie etabliert, mit der wir diese breite Themenpalette abbilden willen. In den letzten 20 Jahren ist viel geschehen – das Programm für Frauengesundheit hat international viel Beachtung gefunden und ist fixer Bestandteil des Wiener Gesundheitswesens geworden. Die Frage, wer über den weiblichen Körper bestimmt, wird allerdings auch in Zukunft nichts an Aktualität einbüßen.
Für mich steht die Antwort auf diese Frage außer Zweifel, das sind die Frauen selbst und niemand sonst.

Zu ihrem Ressort gehört auch der Sport. Kürzlich wurde über die Errichtung eines Fußball-Nationalstadions in Wien spekuliert. Gibt es schon konkrete Pläne bzw. wie wahrscheinlich ist dieses Unterfangen wirklich?
Ich bin nicht aus Prinzip gegen einen Neubau oder eine Weiterentwicklung des Stadions. Wir können aber nicht mehrere hundert Millionen Euro an Steuergeld ausgeben, nur um vielleicht wieder einmal ein Europacup-Finale in Wien zu haben. Wir haben keine Bundesliga-Mannschaft, die dieses Stadion auch nur annähernd füllt und sowohl Rapid als auch die Austria haben ihre Stadien erst kürzlich erneuert. Das Happel-Stadion wird multifunktionell genutzt – 2019 sind nur 8 Prozent aller BesucherInnen bei Fußballspielen verzeichnet worden. Mehr als 90 Prozent sind wegen anderer Veranstaltungen ins Stadion gekommen. Die Weiterentwicklung des Happel-Stadions muss daher auf Basis einer breiten Nutzung passieren. Dem verwehre ich mich nicht. Aber zuerst müssen konkrete Vorschläge auf den Tisch, was man will, und wie man das finanzieren will.

Übernachten am Gang gibt es aber nicht mehr. Dafür sind die Direktoren der einzelnen Häuser verantwortlich und dafür gibt es auch ein permanentes Monitoring.

Können Sie sich Türkis-Rot im Bund vorstellen, oder sehen Sie Ihre Partei eher in der Opposition?
Die Gespräche zwischen den Parteien laufen derzeit, der Ball für eine Regierungsbildung liegt eindeutig bei der ÖVP. Diese spricht bekanntlich sehr „angeregt“ mit den Grünen.

Glauben Sie, dass sich das Ergebnis der Nationalratswahl auch auf die Wien Wahl 2020 auswirken wird?
Nein. Die Menschen in Wien können genau zwischen Bund und Land unterscheiden. Bei der Wienwahl geht es um Wiener Themen und was ist für die Menschen in dieser Stadt am besten. Ich bin überzeugt, dass die Sozialdemokratie wieder eine große Zustimmung erhalten wird, weil wir aktiv für den sozialen Zusammenhalt und Wohlstand der Stadt Maßnahmen setzen und nicht nur Sonntagsreden halten.