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Auswirkungen

Zoran Djindjic: Symbol einer verpassten Chance für Serbien und die EU-Integration

(FOTO: EPA/STR FILER)
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Die Ermordung des serbischen Premierministers Zoran Djindjic im Jahr 2003 markierte einen entscheidenden Wendepunkt für Serbiens Entwicklung. Wir diskutieren die Auswirkungen von Djindjics Tod auf das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Gefüge Serbiens sowie seinen europäischen Weg.

Die Ermordung des serbischen Premierministers Zoran Djindjic im März 2003 markierte einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte Serbiens und seinen Weg zur Europäischen Union. Djindjic, der als Symbol für Serbiens verpasste Chancen gilt, wurde Opfer eines gezielten Attentats, das tiefe Spuren im politischen und gesellschaftlichen Gefüge des Landes hinterließ.

Nach Jugoslawienkriegen

Zoran Djindjic, der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident Serbiens nach den Jugoslawienkriegen, wurde für sein Engagement für ein neues, demokratisches und europäisches Serbien verehrt. Sein Tod löste einen Schock im Land aus und ließ viele Bürgerinnen und Bürger um die Zukunft ihrer Nation bangen. Er war maßgeblich am Sturz von Slobodan Milosevic beteiligt und stand für einen Aufbruch, der mit seinem gewaltsamen Tod bedroht schien.

Probleme im serbischen Staatsapparat

Nach Djindjics Tod waren die fortbestehenden Probleme im Staatsapparat und die ungelöste Bewältigung der Vergangenheit wichtige Themen. Dieser „tiefe Staat“, bestehend aus Verbindungen zwischen Sicherheitsapparat und organisierter Kriminalität, blieb eine Herausforderung für die demokratische Entwicklung Serbiens. Die fehlende Säuberung der Geheimdienste und die Hinterlassenschaften der Milosevic-Ära bildeten eine schwere Bürde für die politische Stabilität des Landes.

Märtyrer

Die Ermordung Djindjics wurde von Medienkampagnen aus geistlichen und nationalistischen Kreisen begleitet. Trotzdem vereinte sein Tod das Land in Trauer und Wut. Die Beerdigung des Ministerpräsidenten wurde von Hunderttausenden besucht, die Djindjic als Märtyrer und Symbol für eine verpasste Chance betrachteten.

(FOTO: EPA PHOTO EPA/SASA STANKOVIC/tp)
(FOTO: EPA PHOTO EPA/SASA STANKOVIC/tp)

Nach Djindjics Tod übernahm Zoran Zivkovic die Regierungsgeschäfte und leitete die Polizeiaktion zur Ergreifung der Mörder. Doch die politische Landschaft Serbiens blieb turbulent. Boris Tadic, der bei den Präsidentschaftswahlen 2004 siegte, führte nicht konsequent die Reformideen seines Vorgängers fort. Seine Präsidentschaft war geprägt von einem Spannungszustand gegenüber der EU und einer verpassten Chance, das Land radikal zu modernisieren.

Populismus und Korruptionsbekämpfung

Mit dem Aufstieg von Tomislav Nikolic und seiner Fortschrittspartei im Jahr 2012 änderte sich das politische Klima erneut. Nikolic gab sich EU-nah und setzte auf Populismus und Korruptionsbekämpfung. Trotzdem blieb die Frage nach der Bewältigung der Vergangenheit und der Demokratisierung Serbiens weiterhin offen.

Gegenwart Serbiens

Heute, mehr als zwei Jahrzehnte nach Djindjics Tod, ist Serbien aufgrund des Ukrainekrieges wieder ein wenig vom Weg zum Eintritt in Europäische Union abgekommen. Sanktionen gegen Russland und die Annäherung an die EU gehen diesertage nicht Hand in Hand. So steht Serbiens aktueller Präsident Aleksandar Vucic zwischen zwei Lagern: Putin als langjähriger Verbündeter und die EU als Anlaufpunkt zur Modernisierung. Die Entscheidung ist noch lange nicht gefallen und lässt sich auch nicht absehen.

Und derweil bleibt nur die Erinnerung an Djindjic als Symbol einer verpassten Chance, eines Serbiens, das auf seinem Weg zur EU und zur Lösung der Kosovo-Frage weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert ist.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.