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INTERVIEW

Eva Novotny: Wie diese Frau das Leben von zahlreichen Ex-Yu-Flüchtlingen veränderte!

Eva Novotny (FOTO: KOSMO)

Eva Novotny verschrieb einen Großteil ihres Lebens der Flüchtlingshilfe. Im Alleingang verhalf die Österreicherin gut zwei Dutzend geflüchteten Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien zu einem besseren Leben.

Bereits seit 1999 ist die einstige Lehrerin der Bildnerischen Erziehung nun schon im Ruhestand, doch ließ sie keinen Tag verstreichen, an dem sie sich nicht für Hilfsbedürftige einsetzte. Wir trafen diesen selbstlosen Gutmenschen zum Interview.

KOSMO: Wie kam es dazu, dass Sie begannen sich für Flüchtlinge einzusetzen?
Eva Novotny: 1992 hörten wir im Radio regelmäßig was im damaligen Jugoslawien los war. Eines Tages kamen zwei Busse mit 60 Flüchtlingen in unserem Ort an, von denen die meisten aus Kozluk, einem bosnischen Dorf bei Zvornik stammten. Ein Großteil von ihnen reiste ohne Kleidung oder Schuhe an – eben so, wie sie abtransportiert wurden. Man quartierte sie anschließend in einem Kloster in der Nähe ein. Da die Schwestern maßlos überfordert waren, entschloss ich mich, meine Hilfe anzubieten.

Aus welchem Grund haben Sie diesen Entschluss gefasst?
Von klein auf wurde mir beigebracht, meinem Nächsten zu helfen und diese Flüchtlinge waren in diesem Fall meine Nächsten, da sie in meinen Ort kamen und auf Hilfe angewiesen waren.

„Wir verständigten uns ausschließlich übers Zeichnen und Vorzeigen, da weder sie mich noch ich sie verstand.“

Wie gestaltete sich ihre Unterstützung?
Ich holte mir tagsüber immer zehn bis 15 Jugendliche, mit denen ich gemeinsam bastelte. Wir verständigten uns ausschließlich übers Zeichnen und Vorzeigen, da weder sie mich noch ich sie verstand. Darüber hinaus erledigte ich viele bürokratische Wege für meine Schützlinge, wie zum Beispiel jene zur Fremdenpolizei, ich suchte Schulplätze bzw. Berufe und Lehrstellen für sie und lernte Deutsch mit ihnen. Abgesehen davon rief ich in meiner Schule ein Projekt gegen Fremdenfeindlichkeit ins Leben als ich mitbekommen habe, wie schlecht manche der Flüchtlinge behandelt wurden. Die Abneigung anderer Schüler ihnen gegenüber war in der Tat besorgniserregend. Samir, einer meiner Schützlinge, schrieb mir in einem Brief, dass keiner seiner Klassenkammeraden mit ihm sprechen wollte. Einer meiner österreichischen Schüler hingegen, weigerte sich sogar, sich auf einen Stuhl zu setzen, auf dem zuvor ein Junge aus dem damaligen Jugoslawien saß und zwar mit den Worten „Auf den Sessel, auf dem der Stinkate gesessen ist, da setz‘ ich mich nicht drauf“.

Eva: „Samir, einer meiner Schützlinge, schrieb mir in einem Brief, dass keiner seiner Klassenkammeraden mit ihm sprechen wollte.“ (FOTO: zVg.)

Welche Flüchtlingsgeschichte nahm sie bisher am meisten mit?
Es gab eine Zeit während des Krieges, als den Geflüchteten versucht wurde einzureden, dass sie sich im Ausland nicht zur Ruhe setzen dürften und stattdessen zurückkommen müssten, um ihr Land zu verteidigen. Trotz unserer Versuche jeden einzelnen zum Bleiben zu überreden, entschied sich ein junger Bursche zurückzukehren und an der Front zu dienen. Er fiel wenige Tage später! Es war erschütternd… Ich habe durch meine Zusammenarbeit mit diesen Menschen all ihre Verzweiflung aber auch ihre Hoffnung mitbekommen, eines Tages wieder nachhause zurückkehren zu können. Keiner dachte, dass sie bleiben würden. Deswegen haben sich viele auch in der ersten Schulstufe nicht angestrengt.

„Es gab eine Zeit während des Krieges, als den Geflüchteten versucht wurde einzureden, dass sie sich im Ausland nicht zur Ruhe setzen dürften und stattdessen zurückkommen müssten, um ihr Land zu verteidigen.“

Welchen ihrer Schützlinge gelang es schließlich doch sich dank ihrer Hilfe gut einzuleben und hierzulande etwas aus sich zu machen?
Ein Junge namens Samir wohnte ein halbes Jahr bei meiner Familie und mir. In der Schule hatte er es schwer, doch inzwischen ist er Hauptschullehrer und Direktorstellvertreter. Ein weiteres Beispiel ist Anel, der ein wahres Firmenimperium über drei Landesgrenzen gegründet hat. In der Schule sagte man ihm aber auch, dass er den Lernstoff nicht schaffen würde. Sie sind es auch, die nach meiner Philosophie nun auch anderen helfen. Ich sage immer, dass man mir für meine Hilfe nicht dankbar sein muss, man soll das an andere weitergeben, was man bekommen hat. In diesem Sinne kümmert sich Samir um Menschen mit Behinderung und Anel entsandte 2015 etliche Hilfsgüter an die bedürftigen Flüchtlinge aus Syrien, die in Österreich ankamen.

Evas Schützlinge Samir (rechts) und Anel (links) sind echte Erfolgsbeispiele?. „Ich sage immer, dass man mir für meine Hilfe nicht dankbar sein muss, man soll das an andere weitergeben, was man bekommen hat“, so Eva. (FOTO: zVg.)

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