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INTERVIEW

Eva Novotny: Wie diese Frau das Leben von zahlreichen Ex-Yu-Flüchtlingen veränderte!

Eva: „Ich habe durch meine Zusammenarbeit mit diesen Menschen all ihre Verzweiflung aber auch ihre Hoffnung mitbekommen, eines Tages wieder nachhause zurückkehren zu können.“ (FOTO: KOSMO)

Aber auch Ihre Hilfe und Unterstützung riss mit dem Ende des Jugoslawienkrieges nicht ab. Sie setzten sich auch weiterhin für Menschen aus Kriegsgebieten ein, die nach Österreich kamen?
Richtig, es hat nie aufgehört. Es ging weiter mit einem Kosovaren, den wir adoptierten, weil er abgeschoben hätte werden sollen. Wir nahmen ihn bei uns auf, was sich aufgrund seiner posttraumatischen Belastungsstörung und seinen damit verbundenen Angststörungen als besonders schwierig herausstellte. Erst durch eine Therapie, ging es ihm anschließend besser. Wir kauften ihm eine Wohnung und er hat inzwischen eine Familie gegründet. Bei den Flüchtlingen aus dem Jahre 2015 hätte ich gerne noch mehr getan, aber so viel wie früher bei den Bosniern, Afghanen und Afrikanern mit denen ich auch häufig wandern war und denen ich Österreich zeigte, kann ich nicht mehr machen. Ich stoße einfach langsam an meine Grenzen und es macht mich irrsinnig traurig, dass sich kein anderer findet, der jünger ist und sich ihrer annimmt.

Konnten Sie in Ihrer Arbeit mit den Geflüchteten aus den Neunzigern Unterschiede zu jenen aus Syrien, Afghanistan usw. feststellen?
Die Situation ist eine andere. Die Bosnier kamen in der Regel mit ihren Familien in Österreich an. Sie mussten auch kein Asylverfahren durchstehen. Automatisch war ihr Sicherheitsgefühl größer. Nicht so bei den Flüchtlingen, die 2015 einreisten, von denen die meisten Burschen familienlos ankamen. Ihre Sehnsucht nach ihrem Heim und vor allem ihren Müttern war und ist enorm.
Darüber hinaus verfügten die bosnischen Flüchtlinge zumindest über eine Grundschulbildung, auf der man aufbauen konnte. Das Bildungsniveau der Afghanen beispielsweise ist um einiges geringer. Viele Syrer sind außerdem sehr streng mit ihren Frauen. Sie sehen es nicht gerne, dass diese außer Haus arbeiten. Eines haben aber alle gemeinsam: Das Problem der Anfeindung hierzulande. Woran liegt es

Eva ist häufig mit ihren Schützlingen wandern gegangen und hat Ausflüge gemacht, damit sie ihre neue Heimat besser kennen lernen. (FOTO: zVg.)

Ihrer Meinung nach, dass Flüchtlinge bzw. Asylanten auf derart viel Ablehnung stoßen?
Man erwartet sich von Flüchtlingen damals wie heute, dass sie sich sofort anpassen, doch das ist schwerer als man denkt. Die älteren Bosnier beispielsweise bedankten sich nie für etwas, was bei den Österreichern alles andere als gut ankam. Auf der anderen Seite können sich Österreicher in Sachen Gastfreundschaft so einiges von den Südländern abschauen. Jede Kultur hat ihre Eigenheiten.
Das Hauptproblem ist, dass meine Landsleute den Kontakt mit Asylanten sehr oft meiden, außer sie merken, dass sie ihnen im Garten oder anderweitig nützlich sein könnten. Auf der anderen Seite fühlen sich die Flüchtlinge in weiterer Folge unerwünscht und ziehen sich zurück.

Interessanterweise sind die „neuen“ Flüchtlinge auch bei vielen aus der Balkan-Community, die selbst aus Kriegsgebieten fliehen mussten, unbeliebt. Woran könnte das Ihrer Erfahrung nach liegen?
Ich vermute, dass einige der „alten“ Flüchtlinge Angst vor den neuen haben, weil sie befürchten ihre Jobs oder ihren hart erkämpften Status in der Gesellschaft zu verlieren. Darüber hinaus sind die neuen Flüchtlinge für sie auch Fremde, denen man nicht traut.

„Alles, was ich für die Flüchtlinge bekommen habe, war Geld, das ich durch den Verkauf meiner Bilder und Keramiken eingenommen hatte.“

Wurden Sie für Ihre Arbeit jemals entlohnt bzw. geehrt?
Nein, ich habe nie einen Cent gesehen. Eigentlich war sogar das Gegenteil der Fall, da wir häufig Ausbildungen, Therapien oder Führerscheine unserer Schützlinge finanziert haben. Alles, was ich für die Flüchtlinge bekommen habe, war Geld, das ich durch den Verkauf meiner Bilder und Keramiken eingenommen hatte. Für einen Bosnier bekam ich staatliches Geld, das ich ihm, als er uns verließ, übergab.
Geehrt wurde ich von der Gemeinde in Form einer goldenen Nadel. Mir wäre eine Unterstützung bei der Arbeit lieber gewesen.

Haben Sie Ihren Einsatz jemals bereut?
Nein, all das gab mir ein Gefühl von Zufriedenheit! Ich habe einst einen Brief erhalten, in dem stand, dass kein einziger Bosnier im Land bleiben würde. Zu sehen, dass doch so viele es geschafft haben, sich in Österreich ein gutes Leben aufzubauen und ich einen Beitrag dazu leisten konnte, erfüllt mich mit Freude.