Wirtschaftliche Talfahrt mit überraschender Kehrseite: Während Rezessionen Arbeitsplätze kosten und Unternehmen in die Knie zwingen, bergen sie auch Chancen für Innovation und Erneuerung.
Zölle, Gegenzölle und internationale Handelsstreitigkeiten – die Sorge vor einer globalen wirtschaftlichen Talfahrt gewinnt wieder an Boden. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Rezession“? Neben den offensichtlichen Nachteilen könnte sie durchaus auch positive Aspekte mit sich bringen, wie eine Analyse der Deutschen Welle aufzeigt.
Eine Rezession liegt definitionsgemäß vor, wenn die Wirtschaftsleistung schrumpft. Diese wird üblicherweise am Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen – jener Kennzahl, die den Gesamtwert aller produzierten Waren und Dienstleistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums widerspiegelt. Um das Phänomen Rezession besser zu verstehen, lohnt ein Blick auf die wiederkehrenden Konjunkturzyklen.
Die wirtschaftliche Entwicklung folgt einem sich wiederholenden Muster aus Auf- und Abschwüngen. Diese periodischen Phasen beginnen mit einem wirtschaftlichen Aufschwung (Expansion), gefolgt von einer Hochkonjunktur (Boom), einem Abschwung (Rezession) und schließlich einem wirtschaftlichen Tiefpunkt (Depression), bevor der Kreislauf von Neuem beginnt. Die Dauer dieser Zyklen variiert erheblich – von drei Jahren bis hin zu sechs Jahrzehnten.
In der Aufschwungphase erlebt die Wirtschaft ein Wachstum. Produktion und Beschäftigung nehmen zu, während die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Sowohl Unternehmen als auch Verbraucher blicken optimistisch in die Zukunft, was zu höheren Investitionen und gesteigertem Konsum führt. Diese erhöhte Nachfrage kurbelt wiederum die Produktion an und schafft neue Arbeitsplätze. Zudem gedeihen in dieser Phase Innovationen, neue Technologien setzen sich durch und frische Märkte entstehen.
Irgendwann erreicht die Wirtschaft ihren Höhepunkt. Die Unternehmen arbeiten an ihrer Kapazitätsgrenze und müssen für weiteres Wachstum in neue Anlagen investieren. Diese Investitionen treiben die Preise nach oben und heizen die Inflation an – typische Anzeichen einer „Überhitzung“. Die Zentralbank kann nun gegensteuern, indem sie den Leitzins anhebt, um die Wirtschaft abzukühlen. Gleichzeitig steigen die Löhne aufgrund der hohen Nachfrage nach Arbeitskräften.
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Die Kombination aus höheren Löhnen und Zinsen belastet jedoch die Unternehmen und schränkt deren Investitionsspielraum ein.
Wirtschaftlicher Abschwung
Im wirtschaftlichen Abschwung verlangsamt sich das Wachstum oder wird sogar negativ. Die Verbraucher können sich die gestiegenen Preise nicht mehr leisten, was zu einem Konsumrückgang führt. Investitionen werden zurückgefahren, Lagerbestände wachsen an und Unternehmen gehen in die Insolvenz. Die Arbeitslosigkeit steigt wieder. Das schwindende Verbrauchervertrauen verstärkt die wirtschaftliche Abwärtsspirale zusätzlich.
Am Tiefpunkt angelangt, erreicht die Wirtschaft den Boden des Konjunkturzyklus. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, während die Produktion auf niedrigem Niveau verharrt. Dies führt zu sinkenden Preisen und Zinssätzen, was wiederum Investitionen und Konsum anregen und der Wirtschaft allmählich neuen Schwung verleihen kann.
Von einer „technischen Rezession“ spricht man offiziell, wenn das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen im Vergleich zum Vorquartal sinkt. Die Rezession stellt somit eine der vier Phasen dar, die eine Volkswirtschaft im Konjunkturzyklus durchläuft.
Obwohl Rezessionen Teil des natürlichen Wirtschaftskreislaufs sind, können sie auch durch externe Schockmomente ausgelöst werden – etwa durch Kriege, Pandemien oder die Einführung hoher Zölle durch wichtige Handelspartner.
Manchmal beginnt die Krise in einem einzelnen Wirtschaftssektor, belastet jedoch schnell andere Bereiche und im schlimmsten Fall die gesamte Weltwirtschaft. Ein anschauliches Beispiel liefert das Platzen der Immobilienblase 2007, als die Probleme im Immobiliensektor auf Banken weltweit übergriffen und schließlich die globale Finanzkrise auslösten.
Positive Effekte
Fachleute unterscheiden zwischen technischer und wirtschaftlicher Rezession. Während erstere nach zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit sinkendem BIP eintritt, spricht man von einer wirtschaftlichen Rezession, wenn das BIP über einen längeren Zeitraum rückläufig ist.
Um einen Absturz in die Rezession zu verhindern oder die Dauer der Abschwungphase zu verkürzen, greifen Regierungen häufig zu Konjunkturprogrammen. Sie investieren etwa in Infrastruktur oder Bildung, was neue Aufträge für Unternehmen generiert und zusätzliche Nachfrage schafft. Auch Steuersenkungen können die finanzielle Belastung der Bürger verringern.
Auf den ersten Blick erscheint eine Rezession unerwünscht. Dennoch kann sie auch positive Entwicklungen anstoßen. Unternehmen werden gezwungen, ihre Strukturen auf Effizienz zu prüfen, Geschäftsmodelle zu überdenken und überflüssige Strukturen abzubauen – kurz: längst überfällige Reformen durchzuführen.
Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts vertrat der Ökonom Joseph Schumpeter die Ansicht, dass in Rezessionen veraltete, wenig innovative Produkte und Dienstleistungen vom Markt verschwinden, wodurch qualitativ hochwertigere und innovativere Angebote Marktanteile gewinnen können.
Wenn externe Schocks eine Rezession auslösen, kann dies zudem Innovationen fördern.
Die Corona-Pandemie beispielsweise führte zur Entwicklung neuartiger Impfstoffe auf Basis völlig neuer Verfahren.
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